Annie Whipple
BELLE
Grayson begann zögerlich zu sprechen. „Nun ... Ich sollte wahrscheinlich … Ich schätze, ich fange mit meinen Augen an.”
Ich nickte als Zeichen, dass er fortfahren soll.
„Meine Augen werden schwarz, wenn ich die Kontrolle verliere. Und das hat normalerweise etwas mit dir zu tun.”
„Mit mir? Wie meinst du das?”
Er leckte sich über die Lippen.
„Normalerweise kann ich mich gut kontrollieren. Eigentlich habe ich seit Jahren nicht mehr die Kontrolle verloren. Nicht seit der Pubertät. Aber seit du in mein Leben getreten bist, haben sich die Dinge verändert. Du verursachst in mir die stärksten Emotionen.”
„Was meinst du damit?”, fragte ich.
„Das ist normalerweise bedingt durch eine von zwei Emotionen. Eine davon ist Wut. Wie zum Beispiel, als ich im Flugzeug herausgefunden habe, dass dieser Mann dich belästigt hat—”
„Er hat mich nicht belästigt”, unterbrach ich ihn. „Er hat nur—”
Graysons Hände ergriffen meine Hüfte fest.
„Belle, sag kein Wort mehr. Du willst dich nicht mit mir über dieses Thema streiten. Den Beschützerinstinkt und die Besitzgier, die ich für dich empfinde, sind überwältigend.”
Ich zog mich in mich selbst zurück, weil ich seine Worte nicht mochte.
„Was ist die andere Emotion?”, flüsterte ich.
Er presste seine Finger auf seine Schläfen und massierte sie für einen Moment, dann sah er mich gequält an.
„Das ist, wenn … Naja, das passiert, wenn ich … Wenn ich—”
„Es passiert, wenn er erregt wird. Wenn er geil wird. Wenn er seinen Schwanz in deine—”
„Kyle, das ist genug!”, unterbrach ihn Graysons dröhnende Stimme.
Kyle war jetzt am unteren Ende der Treppe und grinste uns beide breit an. Er zuckte mit den Schultern.
„Ich versuche nur, es leichter für dich zu machen, Alpha.”
Grayson knurrte, als ich schnell versuchte, aus seinem Schoß zu klettern, um so viel Distanz wie möglich zwischen uns zu bringen.
„Stimmt das?”, fragte ich, als der Tisch uns voneinander trennte.
„Deine Augen werden schwarz, wenn du wütend bist oder wenn—”
„Ja, wenn ich mich zu dir hingezogen fühle. Ich wünschte, Kyle hätte schönere Worte dafür gefunden, aber er hat die Wahrheit gesagt.”
Ich schüttelte den Kopf. „Ich verstehe, warum deine Augen schwarz werden … Aber … Wie ist das überhaupt möglich? Das ist verrückt!”
Grayson stand auf und verschränkte die Arme vor der Brust. Er sagte kein Wort. Ich glaube, er mochte es nicht, verrückt genannt zu werden.
Ich atmete zitternd aus. „Warum bin ich hier? Was willst du von mir?”
Er ließ seine Schultern hängen, während er mich beobachtete. „Belle”, hauchte er. „Ich wünschte, ich könnte dir deine Angst nehmen.”
„Du bist der Grund meiner Angst”, fauchte ich, nicht komplett überzeugt von meinen eigenen Worten.
In seinen Augen zeigte sich Schmerz und dann kam ein tiefes Grollen aus seiner Brust.
Ich trat noch einen Schritt zurück. „Kann ich bitte nach Hause gehen? Lässt du mich gehen?”
„Nein.” Seine Stimme klang scharf und ließ keinen Raum für Widerworte. „Ich lasse dich nicht gehen. Du gehörst mir.”
„Was bedeutet das?”, fragte ich und fühlte mich so langsam extrem frustriert.
„Ich gehöre dir nicht! Ich gehöre nur mir selbst!”
Ich beobachtete, wie sich seine Augen langsam verdunkelten. Ich wusste, dass es diesmal nicht aufgrund von Lust passierte. Das war unmöglich.
Und wenn das, was er mir gesagt hatte, die Wahrheit war, dann wurden seine Augen schwarz, weil er … wütend war.
„Deine Augen …”, sagte ich.
„Du hast ihn verärgert”, sagte Kyle und kam auf uns zu. „Er mag es nicht, wenn du sagst, du gehörst ihm nicht.”
„Aber ich gehöre ihm nicht!”, schrie ich starrsinnig.
Graysons Brust hob und senkte sich stark, während sein kompletter Körper zitterte.
Ich trat noch einen Schritt zurück und mein Rücken stieß gegen die Kücheninsel.
„Luna, sag kein Wort mehr”, sagte Kyle. „Sein Wolf ist extrem aufgebracht.”
„Sein Wolf?”
Grayson stieß noch ein Knurren aus.
Kyle blickte zu Grayson und nickte. „Das ist etwas, das er dir gerne selbst erklären würde, Luna.”
Ich schüttelte den Kopf.
„Was will er mir erklären? Ich verstehe es nicht! Und hör auf, mich ‘Luna’ zu nennen! Ich heiße Belle!”
Grayson kochte vor Wut und bewegte seinen Kopf hin und her, als hätte er einen Knick im Hals.
Kyle drehte sich zu mir. Ich muss total entsetzt ausgesehen haben, denn sein Gesichtsausdruck wurde weicher, als würde er versuchen, mich nicht komplett zum Ausflippen zu bringen.
„Du solltest ihn berühren. Du musst ihn beruhigen”, sagte er.
„Das mache ich nicht! Ich fasse diesen Verrückten nicht an!”
Ich hörte ein Schnappen und meine Augen schossen zu Grayson.
Sein Gesicht verzog sich zu einem schmerzerfüllten Ausdruck, als sein ganzer Körper sich verkrampfte.
Er beugte sich vornüber, seine Schultern sprangen aufwärts, während sein Brustkorb brach und sich auf der anderen Seite seines Körpers gegen seine Haut drückte.
Dunkles Fell wuchs ihm an den Armen und auf dem Hals und er schrie vor Schmerz auf.
Ich schrie, als er sich auf den Boden kauerte, und sah zu, wie sich sein ganzer Körper verzog und in etwas anderes verwandelte.
Der Anblick, der sich mir bot, wurde noch grauenhafter und furchterregender, als Grayson einen weiteren Schmerzensschrei ausstieß, der sich in ein lautes Knurren verwandelte.
In meinem schockierten und angsterfüllten Zustand suchte ich panisch die Küche nach einem Ausweg ab, stellte aber fest, dass Graysons Körper sowohl die Eingangstür als auch das Fenster zur Feuerleiter blockierte.
Ich rannte zu Kyle und packte ihn an den Schultern.
„Kyle, wir müssen hier raus! Bitte, wir müssen weglaufen!”
Kyle schüttelte den Kopf. „Du kannst mich nicht anfassen, Luna”, sagte er, als er meine Hände von sich wegstieß.
„Der Alpha wird nicht glücklich sein, wenn er sieht, dass du mich berührst.”
Okay, er ist offiziell ein hoffnungsloser Fall.
Ich blickte zurück auf das, was einmal Grayson war, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie sich seine Nase verlängerte und schwarz färbte.
Er war jetzt auf allen Vieren, seine Ohren aufgestellt wie die eines Hundes, und sein Mund schnappte aufwärts in Richtung seiner jetzt spitzen Nase.
Seine Kleider lagen in Fetzen um ihn verstreut – sein ganzer Körper war auf das Doppelte seiner normalen Größe angewachsen.
Einen Moment lang schien die Zeit stillzustehen.
Kyle und ich wagten es nicht, uns zu berühren oder auch nur einen Mucks zu machen. Ich hielt den Atem an, mein Herz schlug so stark, dass ich es in meiner Brust spüren konnte. Und dann bewegte sich das Ding, das einmal Grayson war.
Es sah mich an und ich keuchte.
Er war ein riesiger Wolf.
Grayson hatte sich in einen Wolf verwandelt.