Die Millennium Wölfe - Buchumschlag

Die Millennium Wölfe

Sapir Englard

Die Gleichgestellten 🌶️

AIDEN

Ich stecke schon zu tief drinnen. Jetzt gibt es kein Zurück mehr, nicht, dass es das vorher für mich gegeben hätte.

Sienna hielt mich an der kurzen Leine. Wie einen Schoßhund. Aber hasste sie mich oder war sie womöglich in mich verliebt?

Ich hatte keine Ahnung. Wenn sie mich am Ende abweisen würde …

Fuck!

Mit den Krallen fegte ich über meinen Schreibtisch und warf dabei Stapel von Dokumenten und alte Sporttrophäen mit lautem Krachen auf den Boden.

Josh zuckte zusammen, als ich Hunderte Einladungen zum Winterball im ganzen Raum verteilte, wobei einige bis zum Deckenventilator flogen und dort in Einzelteile zerrissen wurden.

„Diese Frau“, schnaubte ich. „Ich kriege sie nicht aus dem Kopf. Sie hält alle meine Gedanken gefangen und treibt mich in den Wahnsinn.“

„Das ist sicher nur die Hitze“, sagte Josh abgelenkt, während er versuchte, bei den Einladungen zu retten, was noch zu retten war.

Verfluchte Hitze. Sie schien unendlich. Ich zog Sienna zwar ständig mit ihrem Kontrollverlust auf, aber in Wahrheit konnte ich mich kaum beherrschen. Wenn ich bei ihr war, schien alles verschwommen und ich konnte nicht klar denken.

Aber dass es mir nun so ging, wenn sie nicht mal in der Nähe war? Ich wollte mir die Augen auskratzen.

„Wie zum Teufel gehst du damit um?“, fragte ich Josh und lief in meinem Büro auf und ab. „Lenkt Jocelyn dich nicht von deinen Verantwortungen ab? Wanderte sie nicht auch wie ein Parasit in dein Gehirn und bringt dich dazu, irgendetwas in Stücke reißen zu müssen?“

„Ähm –“ Josh räumte schnell ein Familienporträt aus meiner Reichweite.

Dann hielt er kurz inne und dachte über meine Frage nach. „Um ehrlich zu sein, nicht wirklich“, sagte er ein wenig verwirrt. „Also Jocelyn ist wunderbar, aber ich muss zugeben, das, was du beschreibst, habe ich noch nie empfunden.“

„Du Glückspilz“, knurrte ich. „Das hier ist Folter.“

Mein Handy vibrierte und ich zog es vorsichtig aus der Hosentasche. Ich wusste genau, wer das war.

SiennaHey Aiden
SiennaHab deine Nachricht erhalten.
SiennaHoffe, du hast einen guten Arbeitstag.
SiennaKlingt, als wäre ganz schön viel los.
SiennaVielleicht kann ich etwas für deine Entspannung tun.
Sienna😉

Sofort flammte die Hitze wieder in mir auf und ich warf mein Handy gegen die Wand, wo es krachend zersplitterte.

„Josh, ich habe keinen Zugang mehr zu meinem Terminkalender“, sagte ich ohne einen Funken Ironie. „Was steht heute noch an?“

„Nur der Rudel-Lunch“, antwortete Josh. „Soll ich den absagen?“

„Auf keinen Fall, das ist genau, was ich brauche. Einen Raum voller Testosteron. Keine Frauen, besonders nicht Sienna.“

SIENNA

Als ich aufwachte, war ich allein, aber Aidens Geruch hing noch in der Luft. Er hatte mir am Kühlschrank eine Nachricht hinterlassen.

Darauf stand, dass er seinen Pflichten als Alpha nachkommen müsse und den ganzen Tag im Rudelhaus sein würde und vermutlich nicht mal zum Abendessen nach Hause kommen könnte.

Aus irgendeinem blöden Grund musste ich grinsen, während ich mich anzog. Als ich in den Spiegel sah und meine Haare in einen Pferdeschwanz band, sah ich mein Mal in einem anderen Licht. Zum ersten Mal machte es mich nicht sauer oder wütend. Ich war tatsächlich eher stolz darauf.

Ich beschloss, Aiden eine Nachricht zu schreiben und ihm einen schönen Tag zu wünschen. Vielleicht auch, um ein bisschen zu flirten, aber nach einer Weile gingen die Nachrichten nicht mehr durch und er antwortete auch nicht. Wahrscheinlich hatte er viel zu tun und deshalb sein Handy ausgeschaltet.

Was, wenn ich ihn zum Mittagessen im Rudelhaus überraschte? Das schien mir eine gute Idee. Wann sollten wir uns schließlich heute sonst sehen?

Ich strahlte förmlich. Ich wollte mir mein eigenes Grinsen aus dem Gesicht wischen, aber vielleicht war dieses Gefühl gar nicht mal schlecht.

***

Als ich am Eingang des Rudelhauses ankam, stand dort ein Wachmann. Derselbe Wachmann, der auch Dienst gehabt hatte, als ich das letzte Mal ins Rudelhaus gestürmt war.

Ein Blick genügte und er wurde weiß wie ein Gespenst. Ohne einen Gruß oder Blickkontakt öffnete er das Tor und schleuste mich durch.

„Bitte verzeihen Sie mein Verhalten letztes Mal“, sagte ich verlegen und er zuckte zusammen. „Ich habe wohl gewisse Probleme mit meiner Aggressionsbewältigung.“

Mit aufgerissenen Augen lächelte er mich nervös an und wackelte mit dem Kopf. Seine Therapie würde wohl auf meine Rechnung gehen.

Im Inneren angekommen, nahm ich Aidens Geruch wahr, aber er war von den Gerüchen anderer männlicher Wölfe etwas verdeckt. Ich fragte mich, ob er mich riechen konnte oder ob mein Geruch auch verdeckt wurde? Während ich so in der Luft schnupperte, wäre ich fast mit Jocelyn zusammengestoßen.

„Hey, Sienna“, sagte sie mit einem freundlichen Lächeln. „Was machst du denn hier?“

Verdammt, ich hatte schon wieder vergessen, wie unglaublich schön sie war. „Hey, Jocelyn“, antwortete ich zögerlich.

Ich war mir immer noch nicht sicher, ob ich ihr trauen konnte. Michelle erzählte mir ununterbrochen, dass sie heimtückisch war, aber mir gegenüber war sie stets freundlich und hilfreich gewesen. Normalerweise traute ich Michelles Urteilen, aber dieses Mal war ich mir nicht so sicher.

Besonders, weil Michelles Misstrauen genau zu dem Zeitpunkt begonnen hatte, als Jocelyn mit Josh zusammengekommen war. Und ich vermutete, dass Michelle in Josh verknallt war, obwohl sie ihn gar nicht persönlich kannte.

„Besuchst du Aiden?“, fragte sie neugierig.

„Ist er beschäftigt? Ich kann später wiederkommen.“

„Nein, nur der Rudel-Lunch. Nur für Männer“, sagte sie und verdrehte die Augen. „Josh ist auch dabei.“

„Das klingt wichtig“, sagte ich und begann, den Mut zu verlieren. „Da sollte ich besser nicht unterbrechen.“

Jocelyn nahm mich am Arm und kicherte. „Ich denke, das ist genau, was du tun solltest. Warte kurz, darf ich?“

Sie lehnte sich zu mir vor, öffnete meinen Pferdeschwanz und fuhr durch meine Haare, sodass ich auf einmal eine sexy Mähne hatte.

Mist, ihre Schönheit war eine Sache, aber sie hatte auch einen unglaublichen Duft. Er war vollkommen betörend. Sie zog die Schultern meines Shirts runter, sodass man mein Mal sehen konnte.

„Bist du dir sicher?“, fragte ich sie.

„Sienna, Aiden ist verrückt nach dir. Und wenn das stimmt, was Josh mir erzählt hat, dann ist er tatsächlich kurz davor, wegen dir durchzudrehen.

Du bist wahrscheinlich die dominanteste Wölfin, der ich je begegnet bin. Und du bist teuflisch sexy. Kämpf nicht dagegen an! Geh zum Lunch und zeig ihm, dass du eine Naturgewalt bist.“

Sie sah mich verschwörerisch an und legte eine Hand auf mein Herz. „Vertrau mir … und viel Glück.“ Als sie wegging, hatte ich das Gefühl, ihr wirklich trauen zu können.

Feurige Dominanz flammte in dem Moment, in dem sie mich berührt hatte, in mir auf. Es war, als ob sie eine tief in mir liegende Kraft aktiviert hätte.

Mit erhobenem Kinn und Dominanz, die mir aus jeder Pore strahlte, öffnete ich die schweren Eichentüren des Konferenzraums und ging mit vollem Selbstbewusstsein auf Aiden und die anderen Männer zu. Alle hoben verblüfft die Köpfe, ließen die Münder offenstehen und ihre Augen füllten sich mit Verlangen. Nur Josh knurrte mich grimmig an.

Aidens Hitze flammte sofort auf, als er meinen Geruch wahrnahm. Aber in seinem hungrigen Blick lagen auch Stolz und Besitzanspruch, die nichts mit seiner Hitze zu tun hatten.

Aiden vor seinem ganzen Rudel in den Rausch zu treiben, war das Riskanteste, was ich je getan hatte. Aber ich konnte sehen, dass es funktionierte, denn er schwitzte und bohrte die Krallen in den Tisch.

Es war eine gewagte Aktion. Aber Jocelyn hatte recht, das hier konnte nicht jeder abziehen.

Aiden versuchte, seine Hitze zu unterdrücken, aber ausnahmsweise wollte ich das dieses Mal nicht. Ich wollte, dass er sich vollkommen gehen ließ. Es war nicht nur Rache – ich wollte ihn schließlich auch. Aber ich genoss jeden Augenblick seines Unbehagens.

Ich lehnte mich über den Tisch und leckte mir die Lippen.

„Ich habe dich vermisst, als ich heute Morgen aufgewacht bin. Ich wollte mich selbst berühren, aber ohne dich macht es nicht so viel Spaß. Deine Finger sind so viel befriedigender.“

Das allein reichte aus. Bevor ich wusste, wie mir geschah, hatte er mich schon hochgehoben und auf den Tisch geworfen, sodass die anderen Wölfe zusammenzuckten.

Er begann über mich herzufallen, knurrte in Erregung, während ich vor allen anderen mitten auf dem Tisch lag.

„Raus“, schnaubte er sein Rudel an, ohne den Blickkontakt mit mir zu unterbrechen. „Alle raus, JETZT.“

Schnell stand das Rudel vom Tisch auf und machte sich auf den Weg zur Tür, aber Aiden wartete nicht, bis sie alle den Raum verlassen hatten.

Er fasste mir durch mein Shirt an den Busen, griff fast schmerzhaft zu. Ich küsste ihn zurück, aber im Gegensatz zu ihm hatte ich meine Hitze im Griff. Ich neckte seinen Mund, bis ein tiefes Grollen aus seiner Kehle kam, das seine Brust zum Beben brachte.

Ich zuckte unter der Vibration zusammen und musste leise lachen. „Ist da etwa jemand sauer?“ fragte ich verführerisch.

„Du hast gar keine Vorstellung“, knurrte er und küsste mich wieder. Dieses Mal ließ ich mich so besitzergreifend von ihm küssen, wie er es wollte. Ich legte meine Arme um seinen Hals und die Beine um seine Hüften.

Ich griff in seine Haare und zog fest daran, bis er mir seine Fangzähne zeigte.

„Beiß mich“, befahl ich ihm.

„Was?“, fragte er mich verwirrt. „Seit wann möchtest du –“

„Mach, was ich dir sage. Versenke deine Zähne in mir!“

Aiden hob mich hoch und setzte mich sanft auf die Tischkante. Er sah mich besorgt an. „Sienna, worum geht es hier?“

„Was meinst du? Willst du mich denn nicht?“, entgegnete ich genervt.

„Natürlich will ich das“, sagte er. „Aber nicht so.“

Was tat ich hier eigentlich? Mich dem Alpha an den Hals werfen? Das hier war eine unglaublich dumme Idee gewesen.

Zweifel kamen in mir auf. Was auch immer Jocelyn getan hatte, die Wirkung ließ nach und all meine Unsicherheiten drangen an die Oberfläche.

„Zieht mein Geruch dich überhaupt an?“, schnappte ich. „Was, wenn ich nicht deine mögliche Gefährtin wäre? Würdest du dann überhaupt Notiz von mir nehmen? Du bist ein Alpha, mit einer völlig anderen Herkunft. Ich bin gewöhnlich, ein Mädchen, das von ihren Eltern verlassen wurde. Ich bin ein Niemand.“

Ich begann zu weinen. „Ich kann nicht mit jemandem zusammen sein, der über mir steht. Ich kann in keiner Beziehung sein, in der ich mich ununterbrochen unbedeutend fühle und versuchen muss, Erwartungen gerecht zu werden. Das kann so nicht funktionieren.“

Aiden sah vollkommen verwirrt aus, aber er legte mir eine Hand an die Wange und sah mir direkt in die Augen.

„Sienna, ich betrachte dich nicht als meine Untergebene, die sich meinem Willen unterwerfen muss.“ Er lächelte. „Ich sehe dich als mein Gegenüber, wir sind gleichgestellt.“

Nun war ich es, die verwirrt schaute. Gleichgestellt?

„Ich kann es nicht erklären, aber –“ sagte Aiden und runzelte die Stirn. „In letzter Zeit fühle ich mich mit dir verbunden. Mit dem, was dich bewegt. Ich kann deine Wünsche und Zweifel spüren wie meine eigenen. Und ich weiß, du willst es hier nicht machen – in meinem Büro auf dem Konferenztisch.“

Aiden lief nun auf und ab. Offensichtlich war er nervös. Das war eine Emotion, von der ich nicht gewusst hatte, dass er sie besaß. Das alles war absolut verstörend. Irritiert und gespannt wartete ich, was als nächstes kommen würde.

„Was ich sagen möchte, ist …“ Er dreht sich zu mir, auf einmal voller Überzeugung. „Ich glaube, es ist Zeit für das Rennen.“

Oh. Mein. Gott.

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