ICH HABE SIE GEWARNT.
Ich habe ihr gesagt, dass sie nie wieder in mein Casino kommen soll. Ich habe ihr gesagt, dass sie sich fernhalten soll. Wenn diese Hüften noch einmal durch meine Suite wackeln, dann werde ich sie an die Wand zwingen und sie hemmungslos durchnehmen.
Und wenn sie erstmal mir gehört, werde ich sie nicht mehr gehen lassen.
Ich bin der Boss der Unterwelt von Las Vegas und ich nehme mir was ich will.
Sie soll verschwinden. Sich verdammt nochmal von meinem Casino fernhalten.
Oder ich werde sie an mein Bett fesseln. Sie in die Knie zwingen.
Sie brechen.
King of Diamonds ist ein eigenständiger Roman in der Unterwelt-Reihe von Las Vegas. Kein Fremdgehen, keine Cliffhanger.
Buch 1: King of Diamonds
Sondra
Ich ziehe den Rockzipfel meiner Zimmermädchenuniform runter. Das knappe pinke Barbiekleidchen mit Reißverschluss reicht mir bis zu den Oberschenkeln und sitzt wie angegossen, es betont meine Kurven und bringt mein Dekolleté zur Geltung. Die Inhaber des Bellissimo Casinohotels wollen offenbar, dass ihre Zimmermädchen so aufreizend aussehen wie Cocktailgirls.
Meinetwegen. Ich trage ein Paar hochhackige Schnürpumps, die bequem genug sind, um Zimmer zu putzen, aber ausreichend sexy, um meine Beinmuskulatur zu zeigen. Mein schulterlanges blondes Haar habe ich zu zwei flauschigen Zöpfen hochgebunden.
Was in Vegas passiert, bleibt in Vegas, nicht wahr?
Meine Feministen-Freundinnen vom College würden sich jetzt total aufregen.
Ich schiebe den klobigen Reinigungstrolley über den Flur des Hotelbereichs. Den ganzen Morgen verbringe ich damit, die Schweinereien anderer Leute in Ordnung zu bringen. Und eines kann ich euch sagen, die Schweinereien in Vegas sind beachtlich. Drogenbesteck. Sperma. Kondome. Blut. Und das hier ist ein teures, gehobenes Hotel. Ich arbeite erst seit zwei Wochen hier und dennoch habe ich das alles und mehr zu Gesicht bekommen.
Ich bin schnell. Manche Zimmermädchen empfehlen, sich Zeit zu lassen, damit der Job einen nicht überlastet, aber ich hoffe immer noch, dass mein Tempo irgendjemanden im Bellissimo davon überzeugen wird, mir einen besseren Job zu geben. Folglich mache ich mich auch zurecht wie die Casinoversion einer französischen Zimmermädchen-Fantasie.
Mich wie eine Barbie anzuziehen, beruht wahrscheinlich auf dem, was meine Cousine Corey die Stimme des Teufels nennt. Ich verfüge nämlich über so etwas wie das Gegenteil eines sechsten Sinns oder der Stimme der Vernunft, besonders was die männliche Hälfte der Menschheit angeht.
Warum sonst wäre ich jetzt bitteschön pleite und dabei, mich von einem untreuen Partyboy zu erholen, den ich in Reno zurückgelassen habe? Ich bin eine intelligente Frau. Ich habe einen Master gemacht. Ich hatte eine gute Stelle an der Fakultät und eine glänzende Zukunft vor mir.
Als ich aber einsehen musste, dass all meine Vermutungen stimmten und Tanner fremdgegangen war, hatte ich unseren Subaru vollgepackt, war nach Las Vegas abgehauen und hatte bei Corey Unterschlupf gesucht, die versprochen hatte, mir einen Job als Croupier im Casino zu besorgen.
Aber im Moment suchen sie keine neuen Kartendealer – nur Zimmermädchen werden gebraucht. Also bin ich ganz unten gelandet, pleite, alleinstehend und ohne fahrbaren Untersatz, denn noch am Tag meiner Ankunft hatte mein Wagen bei einem Unfall mit Fahrerflucht einen Totalschaden erlitten.
Nicht, dass ich daran denke, mich dauerhaft hier niederzulassen. Ich möchte Las Vegas nur austesten. Wenn es mir hier gefällt, dann werde ich mich als externe Lehrkraft am College bewerben. Ich könnte mir sogar vorstellen, als Aushilfslehrerin an der Highschool zu unterrichten, sobald ich ein neues Auto habe.
Sollte ich allerdings an eine Stelle als Croupier herankommen, dann würde ich sie nehmen, denn damit würde ich dreimal so viel verdienen wie im öffentlichen Schulsystem. Was natürlich eine Tragödie für sich ist, die hier aber den Rahmen sprengen würde. .
Ich gehe zurück zum Vorratslager, das gleichzeitig meiner Chefin als Büro dient, und staple Handtücher und Seifenschachteln in ordentlichen Reihen auf meinen Trolley.
„Das kann nicht wahr sein.“ Marissa, meine Vorgesetzte, steckt ihr Telefon zurück in ihre Zimmermädchenuniform. Sie ist attraktiv, Anfang vierzig und füllt ihr Kleidchen an allen richtigen Stellen aus, sodass ihr Outfit wie zurechtgemacht aussieht und nicht wie eine Uniform. „Vier Leute sind heute krankgemeldet. Jetzt muss ich selber die Chefsuiten machen“, stöhnt sie.
Das lässt mich aufhorchen. Ich weiß – es muss diese Stimme des Teufels sein. Ich hege nämlich eine krankhafte Faszination für alles, was mit der Mafia zu tun hat. Ich habe jede Folge von den Sopranos gesehen und das Skript vom Paten kenne ich mittlerweile auswendig.
„Du meinst die Zimmer von den Tacones? Ich kann sie machen.“ Es ist zwar albern, aber ich möchte unbedingt einen Blick auf sie erhaschen. Wie echte Mafiosi wohl aussehen? Wie Al Pacino? James Gandolfini? Oder sind sie ganz normale Leute? Vielleicht bin ich mit meinem Putztrolley ja schon an ihnen vorbeigerollt.
„Ich wünschte ja, aber das geht nicht. Dafür brauchst du eine besondere Sicherheitsfreigabe. Und glaub mir, du willst dort nicht sauber machen. Sie sind unglaublich paranoid und verdammt pingelig. Ein falscher Blick und sie machen dir die Hölle heiß. Sie würden definitiv keine Neue dort oben wollen. Wahrscheinlich würden sie mich dafür feuern.“
Das müsste mich eigentlich abschrecken, aber ihre Worte vergrößern nur das Mysterium, das mein Kopf um diese Männer gewebt hat. „Also, ich habe Zeit. Natürlich nur, wenn du willst. Mein Flur ist sauber. Oder ich könnte mitkommen und helfen. Damit du schneller fertig bist?“
Ich sehe, wie mein Vorschlag sich einen Weg durch ihre Einwände schlängelt. Ein Anflug von Interesse huscht über ihr Gesicht, gefolgt von noch mehr Bedenken.
Ich mache eine zuversichtliche, hilfsbereite Miene.
„Na ja, das könnte schon in Ordnung gehen … Immerhin würde ich dich beaufsichtigen.“
Spitze! Ich kann es nämlich kaum erwarten, diese Mafiabosse aus der Nähe zu sehen. Idiotisch, ich weiß, aber so ist es nun mal. Ich will Corey eine Nachricht schreiben und ihr davon erzählen, aber dafür bleibt keine Zeit. Corey weiß bestens über meine kranke Faszination Bescheid, schließlich habe ich sie bereits ausgequetscht.
Marissa lädt noch ein paar andere Sachen auf meinen Trolley und wir beide machen uns zu den gesonderten Aufzügen auf – den einzigen Aufzügen, die bis ganz nach oben reichen und für deren Zugang eine Schlüsselkarte erforderlich ist.
„Also, diese Typen sind echt penibel. Meistens sind sie nicht da und du musst nur daran denken, dass du ihren Schreibtischen nicht zu nahekommst“, erklärt Marissa, als wir die letzte öffentliche Etage hinter uns lassen. Nur wir beide sind im Aufzug. „Mach bloß keine Schubladen auf – auf keinen Fall darf es so aussehen, als ob du dort herumschnüffelst. Ich meins ernst – diese Typen sind unheimlich.“
Die Türen gleiten auf und ich schiebe den Trolley raus, dann folge ich ihr um die Ecke zur ersten Tür. Im Zimmer sind laute Männerstimmen zu hören.
Marissa zuckt zusammen. „Immer erst anklopfen“, flüstert sie mir zu, ehe sie die Hand hebt, um mit den Fingerknöcheln an die Tür zu klopfen.
Offenbar hören sie nicht, denn das laute Gespräch geht weiter.
Sie klopft erneut gegen die Tür und die Stimmen verstummen.
„Ja?“, ruft eine tiefe Männerstimme.
„Zimmerservice.“
Keine Antwort. Wir warten. Einen Moment später schwingt die Tür auf und ein Mann mittleren Alters mit leicht angegrautem Haar erscheint. „Ja, wir wollten gerade gehen.“ Er zieht sich ein Sakko über, das wohl um die tausend Dollar kosten muss. In der Mitte macht sich ein leichter Bauchansatz bemerkbar, ansonsten aber ist er extrem gutaussehend. Hinter ihm stehen drei weitere Männer, allesamt in ebenso edle Anzüge gekleidet, und allesamt ohne Sakko.
Ohne uns weiter zu beachten, drängen sie sich an uns vorbei und setzen ihre Unterhaltung fort. „Also, ich sage ihm …“ Dann schließt sich die Tür hinter ihnen.
„Puh“, haucht Marissa. „Es ist sehr viel einfacher, wenn sie nicht da sind.“ Sie blickt kurz zur Decke auf. „Natürlich sind hier überall Kameras, es ist also nicht so, als ob wir nicht beobachtet werden.“ Sie deutet auf ein winziges rotes Licht an einem kleinen Gerät in der Ecke. Die Dinger sind mir bereits im ganzen Casino aufgefallen. „Aber es ist weniger nervenaufreibend, wenn wir nicht um sie herum manövrieren müssen.“
Sie deutet mit dem Kopf Richtung Flur. „Du machst das Bad und die Schlafzimmer, ich mache die Küche, das Büro und das Wohnzimmer.“
„Geht klar.“ Ich schnappe mir die nötigen Utensilien vom Trolley und breche in besagte Richtung auf.
Das Schlafzimmer ist geschmackvoll und unscheinbar eingerichtet. Ich ziehe die Laken und die Bettdecke zurecht, um das Bett zu machen. Die Bettlaken müssen eine 3.000er Fadendichte haben, wenn es so etwas überhaupt gibt. Das mag zwar übertrieben sein, aber sie sind unglaublich weich.
Nur zum Spaß reibe ich mir mit einem davon über die Wange.
So zart. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es wäre, in diesem Bett zu liegen. Ich frage mich, welcher der Männer hier wohl schläft. Ich mache das Bett mit Krankenhausecken, wie Marissa es mir gezeigt hat, ich wische Staub und sauge, und dann nehme ich das zweite Schlafzimmer in Angriff und dann das Badezimmer. Als ich fertig bin, ist Marissa gerade dabei, im Wohnzimmer zu saugen.
Sie macht den Staubsauger aus und wickelt das Kabel auf. „Fertig? Ich auch. Lass uns in die nächste Suite gehen.“
Ich schiebe den Trolley nach draußen und sie klopft an der nächsten Suite im Flur an. Keine Antwort.
Mit ihrer Schlüsselkarte verschafft sie uns Eintritt. „Mit deiner Hilfe geht es viel schneller“, verkündet sie dankbar.
Ich lächle. „Außerdem macht es im Team viel mehr Spaß.“
Sie lächelt ebenfalls. „Au ja, ich bezweifle allerdings, dass sie das zur Regel machen, aber zur Abwechslung ist es echt nett.“
„Teilen wir uns wieder wie vorher auf?“
„Ja, oder möchtest du wechseln? Die hier hat nur ein Schlafzimmer.“
„Nee“, erwidere ich. „Mir gefällt Bett und Bad.“ Der Grund dafür ist natürlich meine unersättliche Neugierde. In Schlaf- und Badezimmer sind mehr persönliche Gegenstände anzutreffen; nicht, dass mir in der letzten Suite irgendetwas Interessantes unter die Augen gekommen war. Selbstverständlich habe ich nicht herumgeschnüffelt. Die Kameras in allen Ecken haben mich viel zu nervös gemacht.
Die Suite sieht genauso aus wie die letzte, als ob sie für die Einrichtung einen Innenarchitekten angeheuert haben und alle Wohnungen identisch sind. Viel Luxus, aber wenig Persönlichkeit. Nun, soweit ich weiß, handelte es sich bei den Tacones – also zumindest denjenigen, die das Bellissimo leiten – allesamt um ledige Männer. Was sollte ich also erwarten?
Ich mache das Bett und dann mache ich mich ans Abstauben.
Aus dem Wohnzimmer höre ich plötzlich Marissas Stimme.
„Was?“, rufe ich ihr zu, aber dann merke ich, dass sie telefoniert.
Ein paar Momente später steht sie völlig außer Atem in der Tür. „Ich muss gehen.“ Ihr Gesicht ist kreidebleich. „Mein Sohn wurde mit einer Gehirnerschütterung in die Notaufnahme eingeliefert.“
„Oh nein. Geh, ich kümmere mich um den Rest. Soll ich die Schlüsselkarte für die letzte Suite nehmen?“ Auf der obersten Etage sind insgesamt drei Suiten.
Sie blickt sich leicht zerstreut um. „Nein, besser nicht. Kannst du einfach diese Suite hier fertig machen und wieder nach unten gehen? Ich werde Samuel anrufen und ihm Bescheid sagen.“ Samuel ist unser Chef, derjenige, der die Hotelreinigung leitet. „Vergiss nicht, dich vom Schreibtisch fernzuhalten.“
„Verstanden. Jetzt sieh, dass du hier rauskommst.“ Ich mache eine scheuchende Bewegung. „Geh zu deinem Sohn.“
„Okay.“ Sie kramt ihre Handtasche aus dem Trolley und wirft sie über ihre Schulter. „Bis morgen.“
„Ich hoffe, dass er schnell wieder gesund wird“, rufe ich ihr zu, als sie aufbricht.
Sie blickt über ihre Schulter und wirft mir ein bedrücktes Lächeln zu. „Danke. Machs gut.“
Ich schnappe mir den Staubsauger und gehe ins Schlafzimmer zurück. Als ich mit Saugen fertig bin, höre ich Männerstimmen im Wohnzimmer.
„Ich hoffe, du findest etwas Schlaf, Nico. Wie lange geht das schon so?“, will eine der Stimmen wissen.
„Achtundvierzig Stunden. Verfluchte Schlaflosigkeit.“
„Viel Glück. Wir sehen uns später.“ Ich höre, wie eine Tür zugeht.
Mein Herzschlag gerät sofort in Aufruhr – vor Aufregung oder Nervosität. Klar doch – ich bin ein Dummerchen. Später würde ich meinen Fehler einsehen, weil ich nicht sofort aus dem Schlafzimmer marschiert bin und mich vorgestellt habe, aber Marissa hat mich mit ihrem Geschwätz über die Tacones nervös gemacht und ich bin vor Schreck irgendwie erstarrt. Der Trolley steht aber noch im Wohnzimmer. Ich beschließe, ins Badezimmer zu gehen und so viel wie möglich mit den Putzutensilien zur Hand zu erledigen. Am Ende gebe ich auf, ziehe die Schultern zurück und gehe nach draußen.
Im Wohnzimmer angekommen nehme ich drei gefaltete Badetücher, vier Handtücher und vier Waschlappen vom Trolley. Aus dem Augenwinkel betrachte ich die breiten Schultern und den mächtigen Rücken eines anderen gut angezogenen Mannes.
Er wirft mir einen kurzen Blick zu, dann schaut er ein zweites Mal hin. Seine dunklen Augen wandern über mich, sie verweilen auf meinen Beinen und wandern dann zu meinen Brüsten rauf, dann zu meinem Gesicht. „Wer zum Teufel bist du?“
Mit dieser Reaktion hätte ich zwar rechnen sollen, aber sie verschreckt mich trotzdem. Er klingt beängstigend. Echt beängstigend und so, wie er gerade auf mich zukommt, meint er es todernst. Er ist gutaussehend, mit dunklen welligen Haaren, einem stoppeligen, quadratischen Kiefer und Augen mit vollen Wimpern, deren Blick sich regelrecht durch mich hindurchbohrt.
„Hm? Wer zum Teufel bist du?“
Ich bekomme Panik. Statt ihm zu antworten, mache ich kehrt und laufe schnurstracks ins Badezimmer zurück; als ob frische Handtücher im Bad alles wieder gut machen würden.
Er folgt mir ins Bad. „Was hast du hier zu suchen?“ Er schlägt mir die Handtücher aus den Händen.
Fassungslos blicke ich auf die Handtücher, die jetzt auf dem Boden verstreut liegen. „Ich … bin das Zimmermädchen“, biete ich ihm wenig überzeugend an. Zum Teufel mit meiner idiotischen Faszination für die Mafia. Das hier sind nicht die Sopranos. Das hier ist ein waschechter, gefährlicher Mann, der in seinem Holster unterm Arm eine Pistole trägt. Ich weiß es, denn ich kann sie sehen, als er nach mir greift.
Er packt meine Oberarme. „Blödsinn. Niemand, der so aussieht wie“ – seine Augen wandern einmal mehr an meinem Körper auf und ab – „du arbeitet als Zimmermädchen.“
Ich muss blinzeln, denn ich bin nicht sicher, was das bedeuten soll. Ich bin hübsch, das weiß ich, aber ich bin nichts Besonderes. Ich bin die typische blauäugige Blondine von nebenan, vom eher kleinen, kurvigen Typ. Ganz im Gegensatz zu meiner Cousine Corey, die groß, schlank, rothaarig und einfach nur umwerfend ist, und die auch noch das nötige Selbstvertrauen mitbringt.
Da ist etwas Obszönes an der Art, mit der er mich ansieht, und plötzlich komme ich mir vor, als würde ich mit Nippelquasten und Stringtanga vor ihm stehen und nicht mit meinem knappen, enganliegenden Dienstmädchenkleid. Ich stelle mich dumm. „Ich bin neu. Ich arbeite erst seit ein paar Wochen hier.“
Er hat dunkle Augenringe und ich erinnere mich an das, was der andere Mann gesagt hat. Er leidet unter Schlafentzug. Er ist seit achtundvierzig Stunden auf den Beinen.
„Bist du dabei, mich abzuhören?“, will er von mir wissen.
„Was– “ Ich kann nicht einmal darauf antworten. Ich starre nur wie eine Bekloppte.
Er fängt an mich nach einer Waffe zu filzen. „Ist das ein Trick? Was denken sie nur, dass ich dich ficken werde? Wer hat dich geschickt?“
Ich will antworten, aber seine warmen Hände auf meinem Körper lassen mich vergessen, was ich sagen wollte. Warum redet er davon, mich zu ficken?
Er richtet sich wieder auf und schüttelt mich leicht. „Wer. Schickt. Dich?“ Wie gebannt blicke ich in seine dunklen Augen. Er riecht nach Casino – nach Whiskey und Geldscheinen, und darunter seine eigene schwelende Note.
„Niemand … Ich meine, Marissa!“ Wie ein geheimes Codewort stoße ich ihren Namen aus, aber das scheint ihn nur noch wütender zu machen.
Er streckt die Hand aus und streicht zügig über den Kragen meines Dienstmädchenkleides, als ob er nach einer versteckten Wanze sucht. Ich bin ziemlich sicher, dass der Typ halb durchgedreht ist, vielleicht ist er vor lauter Schlafmangel bereits im Delirium. Vielleicht ist er einfach nur verrückt. Ich bleibe reglos stehen, um ihn nicht zu provozieren.
Zu meinem Entsetzen zieht er den Reißverschluss an der Vorderseite meines Kleides runter, und zwar bis zur Taille.
Wäre ich meine Cousine Corey, immerhin Tochter eines fiesen FBI-Agenten, dann würde ich ihm jetzt in die Eier treten, Knarre hin oder her. Leider wurde mir aber immer eingetrichtert, bloß keinen Ärger zu machen. Ein braves Mädchen zu sein und genau das zu tun, was die Obrigkeit von mir verlangt.
Also bleibe ich stehen wie eine verdammte Vollidiotin. Ein winziges Wimmern entweicht meinen Lippen, aber ich wage es nicht, mich zu rühren, mich zu wehren. Er zieht das figurbetonte Kleid bis zu meiner Taille runter und zerrt es mir über die Hüften.
Ich reiße meine Arme aus den Ärmeln und schlinge sie um mich.
Nico Tacone schiebt mich beiseite, um das Kleid von meinen Füßen zu befreien. Er liest es auf und tastet es sorgfältig ab, immer noch auf der Suche nach dem rätselhaften Abhörgerät, während ich in BH und Höschen nur so schlottere.
Ich verschränke die Arme vor der Brust. „Hören Sie, ich trage kein Abhörgerät und ich bin auch nicht dabei, die Suite zu verwanzen.“ Ich hole Luft. .„Ich habe Marissa geholfen und dann hat sie einen Anruf bekommen–“
„Das kannst du dir sparen“, raunt er. „Du bist einfach zu perfekt. Was ist hier los? Was zum Teufel hast du hier zu suchen?“
Ich bin verwirrt. Soll ich mich weiter mit ihm herumstreiten, wenn die Wahrheit ihn nur noch mehr zu verärgern scheint? Ich muss schlucken. Keines der Worte in meinem Kopf scheint das richtige zu sein.
Er langt mir an den BH.
Ich schlage auf seine Hände ein und mein Herz hämmert, als hätte ich eben zwei Spinning-Kurse hintereinander absolviert. Meinem kläglichen Widerstand schenkt er keine Beachtung. Der BH hat einen Vorderverschluss und offenbar kennt er sich mit Damenunterwäsche bestens aus, denn den BH bin ich noch schneller los als mein Kleid. Meine Möpse springen drall nach draußen und er starrt sie an, als ob ich sie absichtlich entblößt hätte und ihn verführen wollte. Er untersucht meinen BH, dann wirft er ihn zu Boden und starrt mich an. Sein Blick fällt einmal mehr auf meine Brüste und sein Ausdruck wird sogar noch wütender. „Echte Titten“, murmelt er vor sich hin, als ob das ein Verbrechen ist.
Ich will zurückweichen, stoße aber gegen die Toilette. „Ich verstecke nichts. Ich bin nur ein Zimmermädchen. Vor zwei Wochen wurde ich eingestellt. Sie können Samuel fragen.“
Er tritt näher. Die bedrohliche Härte auf seinem Gesicht macht ihn in meinen Augen nur noch attraktiver. Leider. Ich bin echt verkorkst. Mein Körper jubelt regelrecht über seine Nähe und meine Muschi wird feucht. Oder liegt es daran, dass er mich fast komplett ausgezogen hat, während er selber voll bekleidet dasteht? Ich glaube, für manche Leute ist das eine Art Fetisch. Für mich scheinbar auch. Wenn ich nicht solche Angst hätte, dann wäre es verdammt heiß.
Er befühlt meinen Hintern, warme Finger gleiten über den seidigen Stoff meines Höschens, aber er ist nicht dabei, mich zu begrapschen, sondern sucht weiterhin nach einer Wanze. Sein Daumen schlüpft genau in meinem Schritt und er tastet den Zwickel meines Höschens ab. Mein Bauch flattert.
Oh Gott. Die Rückseite seines Daumens streift meinen feuchten Schlitz. Ich zucke vor Scham zusammen. Er reißt den Kopf hoch und starrt mich verblüfft an. Seine Nasenflügel beben.
Dann zieht er die Augenbrauen zusammen, als ob meine Erregung ihn noch mehr verärgert, als ob es ein Trick ist.
Und damit geht es erst richtig los.
Er zückt seine Waffe und richtet sie auf meinen Kopf – tatsächlich presst er den kalten harten Lauf gegen meine Stirn. „Was. Zum Teufel. Machst du hier?“
Ich pisse mir ins Höschen.
Echt.
Gott möge mir beistehen.
Ich bin wie erstarrt und noch ehe ich es stoppen kann, rinnt mir die Pisse an den Innenschenkeln runter. Mein Gesicht glüht vor Scham.
Endlich macht sich die Empörung bemerkbar, die ich von Anfang an hätte zeigen sollen. Es ist zwar der denkbar schlechteste Moment, um aufmüpfig zu werden, aber ich funkle ihn trotzdem an. „Was ist verdammt noch mal mit Ihnen los?“
Er starrt auf die Tropfen auf dem Boden. Wahrscheinlich wird er mich … Nun, keine Ahnung, was er machen wird. Mir mit der Knarre eins überziehen oder mich auslachen oder so? Aber seine Miene entspannt sich und er schiebt die Pistole ins Halfter zurück. Scheinbar habe ich endlich richtig reagiert.
Er packt meinen Arm und zerrt mich Richtung Dusche. Mein Hirn schlägt Purzelbäume und versucht wieder online zu gehen. Es versucht herauszufinden, was gerade mit mir passiert und wie ich aus dieser durchgeknallten, total beschissenen Situation wieder herauskomme.
Tacone langt hinein und stellt das Wasser an, er hält die Hand unter die Brause, als würde er die Temperatur prüfen.
Mein Hirn funktioniert immer noch nicht, aber ich widersetze mich seinem Griff.
Er lässt mich los und hält seine Handfläche hoch. „Okay“, sagt er. „Geh rein.“ Er zieht seine Hand aus der Dusche und deutet mit dem Kopf zum Wasserstrahl. „Mach dich sauber.“
Kommt er etwa auch mit rein? Oder geht es wirklich nur ums Duschen?
Scheiße. Ich bin total am Arsch. Mitsamt Höschen steige ich unter die Dusche.
Keine Ahnung, wie lange ich so stehenbleibe, aber der Schock hat mich fest im Griff. Nach einer Weile muss ich blinzeln und finde mein Bewusstsein wieder. Dann kommt die Panik. Was zur Hölle ist hier los? Was wird er mir antun? Habe ich echt auf seinen Badezimmerboden gepinkelt? Am liebsten möchte ich vor Scham sterben.
Reiß dich zusammen, Sondra.
Gütiger Himmel. Der Mafiaboss vor der anderen Seite des Duschvorhangs hält mich für einen Drogenfahnder. Einen Spitzel oder eine Viper – wie auch immer sie dazu sagen. Und eben hat er mir die Kleider vom Leib gerissen und mir eine Knarre an den Kopf gehalten. Es kann nur noch schlimmer werden. Ein Schluchzer entweicht meiner Kehle.
Nicht heulen. Jetzt bloß nicht anfangen zu heulen.
Ich stolpere gegen die Fliesenwand, denn meine Beine sind wie Gummi und geben schließlich nach. Heiße Tränen kullern über meine Wangen und ich muss schniefen.
Direkt neben meinem Gesicht öffnet sich der Duschvorhang und ich schrecke zurück. Ich wusste nicht, dass er genau davorsteht.
***
Nico
Minchia. Scheiße.
Meine letzten Zweifel über das Mädchen verflüchtigen sich, als ich sie weinen höre. Sollte ich einen Fehler gemacht haben, dann aber einen verdammt großen. Dem Personalchef möchte ich wirklich nicht erklären müssen, warum ich einer unserer Angestellten die Kleider vom Leib gerissen und ihr eine Pistole an den Kopf gehalten habe. In meinem Badezimmer.
Diesmal bin ich echt zu weit gegangen. Der Schlafmangel macht mir zu schaffen – er macht mich paranoid und reizbar. Ich muss unbedingt meinen kleinen Bruder Stefano holen, damit er mir hilft, diesen Laden zu schmeißen, und ich wenigstens eine Stunde pro Nacht schlafen kann. Er ist der Einzige, dem ich vertraue.
„Hey“, sage ich leise. Das Mädchen steht unter dem Wasserstrahl und ihre Harley-Quinn-Zöpfe und ihr hellblaues Satinhöschen sind klitschnass.
Scheiße, denn am liebsten würde ich sie ihr direkt vom Leib reißen und schauen, was sich darunter verbirgt.
Sie muss unter Schock stehen; wer könnte es ihr übelnehmen? Ich jage meinen Angestellten selbst an meinen besten Tagen Angst ein, und zwar auch ohne sie auszuziehen und eine Waffe zu zücken.
Ihre Brust bebt, als sie ein leises Schluchzen ausstößt, und ihr Kummer geht mir unter die Haut, genau wie ihr Schniefen vorher. Irgendwie bezweifle ich, dass verdeckte Bundesagenten oder sonst irgendwelche Profis auf meine Fliesen pinkeln und in meiner Dusche einen Weinkrampf kriegen würden. Toll. Ich habe echt Mist gebaut.
Ich lange an ihr vorbei und stelle das Wasser ab, wobei der gesamte Ärmel meines Sakkos nass wird. „Hey, nicht weinen.“
Ein anständiger Mann würde sich jetzt entschuldigen, aber solange ich nicht hundert Prozent sicher bin, dass hier nichts faul ist, werde ich es mir verkneifen. Ich ziehe den Duschvorhang auf und ziehe sie raus auf die Badematte, während ich ihr eines der Handtücher vom Boden umwickele. Weil sie scheinbar immer noch unter Schock steht, hake ich meine Daumen in den Bund ihres nassen Slips und ziehe ihn an ihren zitternden Beinen runter. Ich bin wohl doch nicht so verdorben, wie ich eigentlich gedacht hatte, denn irgendwie schaffe ich es, nicht hinzusehen, als ich in die Hocke gehe und ihren Knöchel greife, um ihr dabei zu helfen, aus dem durchtränkten Stoffstück herauszusteigen.
Das Höschen werfe ich in den Mülleimer. Zuvor hatte ich ein Handtuch auf die Stelle geworfen, wo sie sich eingemacht hat, und genau dort blickt sie jetzt hin.
Sie musste sich vollkommen erniedrigt vorkommen, in Wahrheit aber ist sie nicht die erste Person, die sich meinetwegen vor Schreck eingepisst hat. Aber sie ist wohl die erste Frau. Die Einzige, für die es mir leidtut, dass ich ihr Angst eingejagt habe.
Sie versucht ihr Schluchzen zu unterdrücken, was die Laute natürlich nur zu einem abgewürgten Keuchen anschwellen lässt. Jetzt komme ich mir wirklich vor wie der schlimmste Typ auf Erden.
„Ah, Bambina.“ Ich schnappe mir die beiden Handtuchenden und ziehe sie an mich heran. Ihre nasse Haut durchtränkt meinen Anzug, aber ich kann nur daran denken, wie weich sich ihr üppiger, nackter Körper anfühlt. Die Erschöpfung in meinen Gliedern lässt nach und wird von den Flammen glühender Begierde ersetzt. „Schhh. Alles in Ordnung.“
Sie zittert immer noch, aber ihr Schluchzen verstummt langsam.
„Habe ich dir wehgetan?“
Sie schüttelt den Kopf und ihre nassen Zöpfe spritzen Wassertropfen auf mein Gesicht. Ihr Blick schweift auf meine Wange. Eine lose Strähne fällt ihr ins Gesicht.
Ich rühre mich, um das Handtuch mit einer Hand zu halten, und mit der anderen streiche ich ihr das Haar aus dem Gesicht. „Alles in Ordnung“, wiederhole ich.
Ihre blauen Augen blinzeln durch lange Wimpern hindurch zu mir auf. Wie ich es liebe, sie nah an mir dran zu haben und sie genauer zu betrachten. Sie ist genauso hübsch, wie ich zu Anfang gedacht habe, mit porzellanweißer Haut und hohen Wangenknochen. Aber nicht nur ihr Äußeres macht sie besonders. Sie hat noch etwas anderes an sich; etwas, das sie hier so vollkommen fehl am Platz erscheinen lässt. Eine unverfälschte Unschuld. Allerdings ist sie nicht übermäßig naiv oder jung. Sie ist auch nicht dumm. Ich kann es nicht richtig erklären.
Ich lasse sie nicht los. Möchte es nicht. Ihre Körperwärme durchdringt meine feuchten Kleider und überschüttet meinen Geist mit den schmutzigsten Gedanken. Wenn ich ein Gentleman wäre, dann würde ich den Raum verlassen, damit sie sich wieder anziehen kann, aber das bin nun mal nicht. Ich bin ein Fiesling, der ein Casinohotel am Laufen zu halten hat.
Und ich weiß immer noch nicht, wer zum Teufel dieses Mädchen ist oder wie sie in meiner Suite gelandet ist. Und dafür werden ein paar Köpfe rollen. Umso mehr, weil das Mädchen deswegen gelitten hat.
Richtig. Wenn ich klar denken könnte, würde ich mir wohl eingestehen, dass ich als Einziger schuld daran bin, zumal ich sie immer noch nackig und gefangen halte.
„Sieh doch, ein Mädchen wie du macht normalerweise in Vegas keine Zimmer sauber“, biete ich ihr an. Klar, es ist die mieseste Ausrede überhaupt. Allerdings stimmt es. Sicherlich gibt es da draußen noch eine Menge anderer Mädels wie sie. Aber die bekomme ich hier normalerweise nicht zu Gesicht. Alles, was mit hier unterkommt, sind die Silikontitten-Nutten in Goldgräberstimmung. Die Profis. Frauen, die ihre Körper wie Waffen einsetzen. Und ich habe absolut kein Problem damit. Ich bediene mich sogar gern ihrer Körper.
Diese hier aber – sie ist anders.
Ihre vollen Himbeerlippen öffnen sich, aber sie entgegnet nichts darauf.
Ich kann einfach nicht die Finger von ihr lassen. Mein Daumen streicht über ihre Unterlippe und gleitet vor und zurück über das pralle Fleisch.
Ihre Pupillen weiten sich und ermutigen mich, sie weiter zu berühren.
„Ein Mädchen wie du steht normalerweise auf der Bühne – irgendeiner Bühne –, auch wenn es nur die eines Männerclubs ist.“
Sie kneift die Augen zusammen, aber ich bin noch nicht fertig.
„Ein Mädel wie du kann hier eine Menge Geld verdienen.“ Im Namen der Mutter Gottes, ich möchte das Mädchen küssen. Ich senke meine Lippen, schaffe es aber gerade noch so, die Kurve zu kriegen. Ein Kuss wäre definitiv nicht willkommen. Ich mag zwar ein schlimmer Scheißkerl sein, aber ich bin kein Vergewaltiger. „Hast du eine Ahnung, wie viel ein Typ wie ich für eine Nacht mit dir bezahlen würde?“
Jetzt bin ich wirklich zu weit gegangen. Sie versucht sich loszureißen. Ich lasse nicht los, aber ich blicke auf. Sie kneift kurz die Lippen zusammen, dann spricht sie: „Kann ich gehen?“
Ich weiche zurück, aber schüttelte den Kopf. „Nein.“ Es ist eine entschlossene Silbe, kurz und knapp.
Sie zuckt zusammen. Ihre weiten Pupillen verengen sich vor Furcht. Verängstigt gefällt sie mir nicht annähernd so gut wie eben noch, als sie sich mir zitternd und weich dargeboten hat. Der Unterschied ist allerdings ziemlich subtil, denn ich liebe die Macht, die daraus resultiert, sie hier zu haben. Mir ausgeliefert.
„Ich brauche noch ein paar Antworten.“ Ich dränge sie zurück bis zur Waschbeckenkommode, dann hebe ich sie hoch und setze ihren nackten Arsch auf die kühle Marmorplatte. Das Handtuch öffnet sich, als ich sie loslasse, und ich erhasche einen weiteren Blick auf ihre makellosen vollen Brüste, während sie hastig nach den Enden greift und es wieder zuzieht.
Ich schüttele den Kopf, um die frisch auflodernde Lust loszuwerden, die gerade durch mich hindurch rauscht. Mein Schwanz ist hart wie Stein. Normalerweise bekomme ich alles, was ich will, inklusive Frauen. Die Tatsache, dass diese hier nicht verfügbar ist, bewirkt nur, dass ich sie umso mehr begehre. „Im Ernst“, murmle ich leise. „Für ein Mädchen wie dich würde ich fünf Scheine hinlegen.“ Noch während ich es ausspreche, wird mir allerdings klar, dass ich sie niemals so wollen würde. Aus dieser hier würde ich die Bereitschaft langsam herauslocken wollen.
Und das ist der bisher merkwürdigste meiner Gedanken. Weil ich nie, aber wirklich nie Zeit mit Dates verschwende.
„Ich bin keine Prostituierte“, zischt sie und ihre blauen Augen funkeln nur so.
Ihr Zorn holt mich aus meiner übermüdeten Fantasie zurück. Ich muss blinzeln. „Ich weiß. Ich meine nur, dass du in dieser Stadt eine Stange Geld verdienen könntest.“
Ich schüttele den Kopf. Was zum Teufel rede ich da? Ich will nicht, dass dieses Mädchen eine von diesen Frauen wird.
Und sie will einfach nur weg hier. Also muss ich mich wieder auf mein Verhör konzentrieren.
„Wer bist du und warum bist du hier?“
Sie holt nervös Luft. „Mein Name ist Sondra Simonson. Corey Simonson, meine Cousine, arbeitet hier als Croupier. Bis ich etwas Besseres finde, hat sie mir einen Job als Zimmermädchen besorgt.“ Sie spricht schnell, aber es klingt nicht eingeübt. Und es hat genug Einzelheiten, um glaubwürdig zu sein. „Marissa ist meine Chefin und weil die anderen Arbeiter krank sind, habe ich ihr angeboten, mit den Zimmern zu helfen. Ihr Sohn hat eine Gehirnerschütterung und sie musste mich hier oben alleine lassen. Ich habe nur sauber gemacht.“ Sie hebt das Kinn, obwohl der Puls an ihrem Hals nur so flattert.
Ich warte, damit sie weiterredet; nicht, weil sie mir weiterhin verdächtig vorkommt, sondern weil ich sie gerne reden höre.
Sie stammelt weiter. „Ich bin vor kurzem aus Reno hergezogen … Ich habe am Community College Kunstgeschichte unterrichtet.“
Ich neige den Kopf zur Seite und bemühe mich ernsthaft, diese neue Information zu verarbeiten. Sie lässt das alles hier nur noch abwegiger erscheinen. „Warum arbeitet eine Dozentin für Kunstgeschichte als verfluchtes Zimmermädchen in meinem Hotel?“
„Weil ich einen fürchterlichen Geschmack an Männern habe“, platzt es aus ihr heraus.
„Ist das so?“ Ich muss mir ein Lächeln verkneifen. Ich lehne meine Hüfte Richtung Waschkommode, genau zwischen ihre gespreizten Schenkel. Als sie rot wird, ist klar, dass sie daran denken muss, wie nahe ihre süße Muschi an dem Körperteil von mir dran ist, welches sie am dringlichsten berühren möchte.
Jetzt bin ich von diesem lieblichen Geschöpf sogar noch faszinierter. In was für Typen sich wohl eine Kunsthistorikerin verliebt?
Sie schluckt, dann nickt sie. „Ja.“
„Du bist einem Typen hierher gefolgt?“
„Nein.“ Sie stößt einen Seufzer aus. „Ich bin von ihm abgehauen. Wie sich herausgestellt hat, teilten wir nicht das gleiche Interesse für Polyamorie.“
Ich ziehe eine Augenbraue hoch. Sie betrachtet mich genauso eindringlich und ihre blauen Augen sind jetzt, als ihre Angst schwindet, voller Umsicht.
„Sagen wir einfach, dass es sich mir ins Hirn gebrannt hat, ihn mit drei Mädels im Bett zu erwischen. Also“ – sie zuckt mit den Achseln – „habe ich unser Auto genommen und bin nach Vegas gefahren. Aber mein Karma hat mich trotzdem eingeholt, denn gleich nach meiner Ankunft hat es einen Totalschaden erlitten.“
„Wie, dein Karma?“
„Na, weil das Auto zur Hälfte Tanner gehört hat und ich es gestohlen habe.“
Ich zucke mit den Achseln. „Auf welchen Namen war es gemeldet?“
„Meinen.“
„Dann ist es dein Auto“, verkünde ich, als ob ich das letzte Wort hätte, wenn es um ihren Ex geht. „Das erklärt immer noch nicht, was du in meinem Badezimmer treibst.“
Oder tut es das? Mein Hirn ist vor lauter Schlafmangel immer noch wie kurzgeschlossen. Ich möchte sie wohl einfach nicht gehen lassen. Gerne würde ich sie fesseln und sie die ganze Nacht mit meiner Lederpeitsche verhören. Ich frage mich, wie diese blasse Haut wohl mit meinen Handabdrücken aussehen würde.
Tacone, das geht zu weit. Ich versuche mich zusammenzureißen. Das Bad verschwimmt und sinkt in sich zusammen, als mein Blick durch den Raum streift. Scheiße, ich brauche Schlaf.
Sie blinzelt aufgeregt. „Sie lassen mich nicht gehen?“
Ich hatte recht. Sie ist clever.
Meine Mundwinkel zucken leicht.
„Zimmermädchen war das einzige, womit ich sofort anfangen konnte. Ich würde lieber als Croupier arbeiten. Glauben Sie, da lässt sich was machen?“ Jetzt wird sie tatsächlich frech.
Komisch, ich verspüre nicht das geringste Bedürfnis sie in die Schranken zu weisen, wie ich es normalerweise mit Angestellten mache. Es sei denn natürlich, sie sind nackt und vollkommen ausgeliefert.
Ach ja. Dafür habe ich bereits gesorgt.
Der Vorschlag aber, dass sie als Kartendealer arbeiten könnte, bringt mich auf die Palme. Vielleicht liegt es daran, dass Las Vegas sie binnen eines Monats ruinieren würde, oder weil ich sie ernsthaft in meiner Suite behalten will. Damit sie den Fußboden schrubbt. Nackt.
„Nein.“
Das kam ein bisschen zu entschlossen und sie zuckt zusammen. Ich habe definitiv Schwierigkeiten damit, mein Verhalten zu regulieren. Aber sie zuckt nur die Achseln. „Nun, das hier ist sowieso nur vorübergehend. Bis ich genug gespart habe, um ein neues Auto zu kaufen und einen Lehrerjob zu suchen.“
Okay, auch ohne auf meinen Instinkt zu achten, glaube ich, dass sie die ist, für die sie sich ausgibt. Was bedeutet, dass es für mich keinen guten Grund gibt, sie länger gefangen zu halten. Ich trete zurück und schaue sie mir noch einmal genauer an jetzt, als ich mehr über sie weiß. Ernsthaft. Ich will sie behalten.
Aber angesichts dessen, was ich ihr gerade angetan habe, wird sie wahrscheinlich sofort, nachdem sie meine Suite verlassen hat, kündigen. Ich deute auf ihr zerknittertes Kleid und den BH auf dem Boden. „Zieh dich an.“
Bevor ich noch etwas anstelle oder sage und das Mädchen noch mehr traumatisiere, verlasse ich das Badezimmer und mache hinter mir die Tür zu.