Vom Alpha entführt - Buchumschlag

Vom Alpha entführt

Annie Whipple

Kapitel 12

BELLE

Der Wolf näherte sich mir langsam und mit stetem Blickkontakt. Ich starrte ihn auch an und versuchte, meinen zittrigen Atem zu beruhigen.

Er blieb direkt vor meinem Gesicht stehen und stieß einen Luftzug aus.

Ich zuckte. Mehr Tränen strömten mir übers Gesicht.

Grayson wimmerte. Seine nasse Nase berührte meine. Seine Zunge leckte mir erst über eine Wange und dann über die andere.

Dann stellte ich fest, dass er meine Tränen wegleckte – aber ich wusste nicht, ob er das machte, um mich zu beruhigen oder um zu entscheiden, ob er mich essen wollte.

Angeekelt zuckte ich erneut zurück. Ich wollte nicht seine Spucke überall auf dem Gesicht haben.

Grayson wimmerte wieder. Er trat einen Schritt zurück.

Ich spürte, wie etwas an meinem T-Shirt zog, und sah auf Grayson herab, der mit seinen Zähnen daran zog.

„W-Was?”, fragte ich.

Er zog weiter an meinem T-Shirt und zog mich leicht nach vorne.

Verwirrt sah ich ihn an. „Was willst du?”

Ich war mir nicht sicher, ob er mich verstehen konnte, aber dann deutete er ruckartig mit dem Kopf in Richtung Bett und bellte laut.

„Das Bett?”, fragte ich.

Er zeigte erneut mit der Schnauze, um meine Frage zu bestätigen.

Warum sollte er wollen, dass ich ins Bett gehe? Und was noch wichtiger war, was würde er mit mir machen wollen, wenn ich dort ankam?

„Warum?”, flüsterte ich.

Er antwortete nicht. Er biss nur mit seinen Zähnen in mein T-Shirt und zog weiter daran, diesmal kräftiger.

Ich wurde einen Schritt nach vorne gezogen und keuchte. „Okay, okay.”

Ich stand langsam vom Boden auf, wobei ich den Wolf vor mir nie aus den Augen ließ. Er bewegte sich mit mir und beobachtete jeden meiner Schritte.

Als ich auf den Beinen war, wurde mir erst wirklich klar, wie groß er war.

Selbst als ich neben ihm stand war er größer als ich, so groß wie ein Pferd.

Ich näherte mich mit zittrigen Beinen dem Bett, wohlwissend, dass Grayson in meiner Nähe blieb, weil sein Fell gegen mich rieb, fast als würde er erwarten, dass ich jeden Moment hinfalle.

Ich setzte mich langsam und atmete tief durch.

Ich blickte zurück zu dem Wolf und sah ihn fragend an. „Was jetzt?”

Grayson stellte sich vor mich. Er drückte seine Nase gegen meine Brust und kuschelte sich an mich.

„Ich … was?” Ich verlor die Balance und fiel auf meinen Rücken, den Blick auf die Decke gerichtet. Ich blinzelte.

Ich fühlte, wie das Bett heftig wackelte, und bemerkte, dass Grayson sich neben mich legte.

Ich sah misstrauisch zu, wie er es sich neben mir gemütlich machte. Er legte sich hin und legte wimmernd seinen Kopf auf seine Pfoten.

„Was?”, fragte ich.

Er schloss die Augen und gab ein tiefes Knurren von sich, das verdächtig nach Schnarchen klang. Er öffnete wieder die Augen und sah mich an.

„Du willst schlafen gehen?”

Er bellte. Er bewegte sich vorwärts und berührte mit der Nase meinen Arm. Dann sah er mich an und bellte wieder.

„Du willst, dass ich schlafe?” Jetzt war ich mehr als verwirrt.

Warum wollte er, dass ich schlafe? Was würde das nützen?

Grayson bellte noch einmal und nickte schnell mit seinem großen Wolfskopf. Er starrte mich an, als würde er erwarten, dass ich augenblicklich einschlafe, aber das tat ich nicht.

Ich meine, wie könnte ich auch?

Er war wirklich ein schönes Tier – furchterregend, aber schön. Sein Fell war so schwarz wie seine Augen und er war stark.

Ich sah weg. Ich sollte ein Monster nicht bewundern. Mein Blick kehrte zur Decke zurück, während die Tränen weiter fielen. Ich hatte mich ein wenig beruhigt, aber mein Körper zitterte noch immer.

Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Grayson seinen Kopf wieder auf seine Pfoten legte und schnaubte. Ich konnte seinen Blick auf mir spüren, was beunruhigend war.

Grayson konnte sich also in einen Wolf verwandeln.

Ich war von einem Werwolf entführt worden, der behauptete, dass ich ihm gehöre. Ein Werwolf ohne jedwede Selbstkontrolle.

Das war ja einfach nur fantastisch!

Das erklärte allerdings so einiges. Es erklärte, warum sich seine Augenfarbe änderte, seine großen Muskeln und seine Stärke.

Ich nahm an, dass das auch etwas damit zu tun hatte, warum Kyle ihn „Alpha” nannte.

Das Wort Alpha hatte etwas mit Wölfen zu tun, oder? Oder bezog sich das nur auf den griechischen Buchstaben?

Ich war mir aber immer noch nicht sicher, warum ich „Luna“ genannt wurde. Oder warum ich entführt wurde.

Oder was er mit mir vorhatte.

Wir lagen für eineinhalb Stunden so da, in denen mir Gedanken durch den Kopf schossen und er mich beobachtete, bis endlich all mein Adrenalin aufgebraucht war und ich aufhörte zu zittern. Auch die Tränen auf meinen Wangen trockneten schließlich.

Ich sah Grayson an und er hob den Kopf, weil er meine Bewegung bemerkte.

„Kann ich jetzt aufstehen?”

Er schüttelte den Kopf.

„Warum nicht?”

Er legte einfach seinen Kopf zurück auf die Pfoten und machte die Augen zu.

Nun, das war keine Antwort. Und wenn er ein Nickerchen halten wollte, hielt mich nichts davon ab, aufzustehen.

Ich brachte mich langsam in eine sitzende Position. Das mochte Grayson überhaupt nicht. Er stand auf, legte eine seiner gewaltigen Pfoten auf meine Schulter und drückte stark genug, dass ich gezwungen war, mich wieder hinzulegen.

Ich schnaubte.

„Du weißt, dass ich nicht einschlafen kann, oder? Also warum muss ich dann hier liegen?”

Grayson legte sich einfach wieder in die gleiche Position, in der er zuvor auf dem Bett gelegen hatte.

Ich starrte zur Decke auf und seufzte. Ich konnte spüren, wie sein Blick über meinen Körper wanderte. „Ich werde sicherlich nicht einschlafen können, wenn du mich anstarrst.”

Ich sah ihn an und bemerkte, dass seine Augen jetzt geschlossen waren.

Nun, das ist besser als nichts.

Eine weitere quälend lange Stunde verging auf diese Weise. Ich wurde nur noch verwirrter. Worauf wartete er? Wollte er, dass ich einfach für immer so liegen bleibe?

Endlich hatte ich genug. Es war mir egal, wie groß er war und dass er mich mühelos in Stücke reißen konnte. Ich konnte einfach nicht mehr daliegen.

Ich setzte mich ruckartig auf und rutschte schnell an das Fußende des Bettes, in der Hoffnung, dort anzukommen, bevor Grayson mich aufhalten konnte.

Ich hatte es nicht weit geschafft, als er auf mich sprang, seine Pfoten auf beide Seiten meines Körpers legte und knurrte.

„Ich kann einfach nicht mehr hier liegen! Ich muss mich bewegen!”, schrie ich ihn an.

Er knurrte und drückte seine Nase gegen meine Brust.

Er zwang mich nach unten, sodass ich wieder lag. Ich versuchte, mich gegen ihn zu wehren, aber das nützte nichts. Er war circa eine Million Mal stärker als ich.

Ich schnaubte genervt.

Ich dachte, er würde sich wegbewegen, wenn ich mich wieder hinlege, aber das tat er nicht.

Stattdessen senkte er seinen Körper ab, sodass er auf mir lag und sein Bauch sich gegen meinen drückte, wobei seine Beine zu meinen Seiten sein Gewicht trugen und sein Kopf zwischen meinen Brüsten ruhte – um sicherzustellen, dass ich nirgendwohin gehen konnte.

„Was machst du da?”, fragte ich.

Ich windete mich ein wenig und versuchte, ihn zu bewegen. Aber er legte sich nur mit noch mehr Gewicht auf mich und machte mich komplett unbeweglich. Selbst meine Arme steckten unter seinem Körper fest. Ich konnte mich überhaupt nicht bewegen.

Das würde ein langer Tag werden.

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