Annie Whipple
BELLE
Das erste, das ich bemerkte, als ich aufwachte, war, dass ich wieder eingeschlafen war. Nachdem ich so viel protestiert und darauf beharrt hatte, dass ich nicht würde einschlafen können, war ich eingeschlafen.
Das zweite, das ich bemerkte, war, dass ich an einen anderen menschlichen Körper gekuschelt war – an einen Mann.
Und er fuhr mir beruhigend mit der Hand den Rücken auf und ab.
„Grayson?”
Er küsste mich auf den Kopf. „Ja, Schönheit, ich bin‘s.”
Ich bemerkte, dass ich mich an seinen Körper klammerte wie ein Koala an einen Baum.
Ich entwirrte meine Gliedmaßen schnell von den seinen und setzte mich leicht auf, wobei ich spürte, wie mein Gesicht sich erhitzte.
Ich sah ihn an. Habe ich das alles nur geträumt?
„Du bist wieder ein Mensch?”
Er lächelte leicht.
„Ja. Nachdem du eingeschlafen bist, hat mir mein Wolf wieder die Kontrolle überlassen und ich habe mich zurückverwandelt.”
„Ich wollte nicht einschlafen”, murmelte ich, wütend darüber, dass ich eine weitere Schlacht gegen Grayson verloren hatte.
Er strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr.
„Ich weiß, dass du das nicht wolltest. Du warst dickköpfig. Aber zum Glück bist du eingeschlafen, denn mein Wolf wollte mir nicht die Kontrolle zurückgeben, bis du einschläfst.
Er hat sich große Sorgen um dich gemacht. Für ihn gab es nur zwei Optionen: Dich zum Schlafen zu zwingen oder den Paarungsprozess zu vollenden, aber ich habe ihn überzeugt, dass du den Schlaf brauchst.”
Bei dem Wort Paarung wurde mir etwas klar.
„Grayson, wenn ich nach unten sehe, sehe ich dann eine Hose an deinen Beinen?“ Ich war mir noch immer nicht sicher, ob mein seine Kleider anbehielt, wenn man sich verwandelte.
Sein Grinser wurde breiter. „Bist du neugierig? Warum siehst du nicht nach, Baby?”
Ich gaffte ihn an. „Igitt, nein!” Ich schnappte mir ein Kissen und drückte es ihm ins Gesicht. „Du bist widerlich!”
Er lachte laut und hob das Bettlaken von seinem Körper. Ich hatte Angst, hinzusehen, war aber dankbar, als ich eine Boxershorts an ihm sah.
„Eines Tages wirst du nicht mehr so denken”, sagte er. „Eines Tages schaust du so viel hin, wie du willst. Eigentlich wirst du deutlich mehr tun als nur gucken.“ Er grinste.
Vor Schock über seine Worte fiel mir der Mund auf.
„Ach, du bist so eklig!”, rief ich. „Ist das alles, woran du denken kannst? Sex?”
Er fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und zuckte mit den Schultern, noch immer breit grinsend. Gott, war dieser Mann schön.
„Ja, das stimmt. Wenn wir ein normales Paar wären, hätten wir jetzt schon mehrmals Sex gehabt.”
Das überraschte mich. „Wenn wir ein normales Paar wären? Ein normales Paar?”, fragte ich wütend. „Wir sind überhaupt kein Paar! Du hast mir das aufgezwungen! Ich will nicht mal hier sein!”
Er seufzte und setzte sich wieder auf. Er umschloss mit der Hand meine Wange und fuhr mir mit dem Daumen über den Wangenknochen.
„Tut mir leid, Belle. Ich weiß, wie verwirrt und überwältigt du sein musst. Ich verspreche, ich wollte nicht, dass das so läuft. Verdammt, wenn wir uns nicht in einem Flugzeug begegnet wären, hätte dieses ganze Durcheinander vielleicht vermieden werden können.”
„Warum sollte das einen Unterschied machen?”
„Ich hätte dich angebracht umwerben können, dich um eine Verabredung gebeten und dich erst markiert, wenn du bereit dazu bist.
Aber dann gab es Turbulenzen und das Arschloch, das auf deine Brüste gestarrt hat, musste auch für sein Verhalten büßen. Dich zu markieren war der einzige Weg, mich davon abzuhalten, ihm den Kopf abzureißen.”
Seine Hand strich über die Bisswunde an meinem Hals und ich ging davon aus, dass er darüber sprach, wie er mich auf der Flugzeugtoilette gebissen hatte.
Mir lief ein Schauer über den Rücken.
„Du bist nur ein Mensch … Du bist so verletzlich und ich konnte sehen, dass du viel durchgemacht hast. Deshalb hat mein Wolf mich gezwungen, das zu machen.
Ich musste dich beschützen. Ich schätze, ich hätte dich einfach gehen lassen können, nachdem das Flugzeug gelandet war.
Aber ich wusste, dass du mir nahe sein musstest. Der Schmerz, voneinander getrennt zu sein, wäre unaushaltbar gewesen, besonders direkt, nachdem ich dich markiert habe. Ich musste dich mitnehmen. Es tut mir leid.”
Er sah wirklich so aus, als würde es ihm leidtun, und dafür war ich dankbar. Aber das machte es nicht wieder gut.
„Ich brauche Antworten”, sagte ich. „Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so verwirrt.”
Er nickte. „Ich weiß. Frag. Ich werde dir alles erzählen.”
Erleichtert ließ ich die Schultern hängen. Es überraschte mich, dass er so entgegenkommend war.
„Ähm …” Wo fange ich überhaupt an?
Während ich neben ihm saß, spürte ich seine Hand auf meinem Bein, die daran auf- und abrieb.
Mein Körper entspannte sich ein wenig. Ich lehnte mich zu ihm. Seine andere Hand wanderte zu meiner Taille und drückte sie.
Unsere Körper waren zueinander hingezogen und näherten sich von Sekunde zu Sekunde einander an.
„Nein!” Plötzlich konnte ich wieder klar denken. Ich drückte seine Hände von mir weg. „Nein, du kannst mich nicht anfassen. Ich kann nicht klar denken, wenn du mich berührst.”
Ich nahm ein Kissen und legte es zwischen uns, dann platzierte ich noch mehr Kissen darauf und darum herum.
„Was machst du da?”, fragte Grayson.
„Das ist meine Bettseite”, sagte ich und zeigte zu der Seite, auf der ich saß. Dann zeigte ich auf Graysons Seite.
„Das ist deine Seite. Du bleibst auf deiner Seite und ich auf meiner. Ich glaube, dann kann ich das durchstehen.”
„Du glaubst, eine Kissenwand kann mich von dir abhalten?”
Ich schüttelte den Kopf.
„Nun, wenn deine Berührung mich nicht in Wackelpudding verwandeln würde, dann hätten wir dieses Problem nicht!”, schrie ich. Als ich sah, wie er versuchte, sein Lachen zurückzuhalten, seufzte ich.
„Bleib bitte einfach auf deiner Seite, ja?”
Er hob kapitulierend die Hände. „Was auch immer du willst.”
„Okay”, sagte ich. „Okay, du bist also ein Werwolf.”