Gezeichnet vom Alphakönig - Buchumschlag

Gezeichnet vom Alphakönig

Danni D

Aufnahme

ARIEL

Zwei Stunden.

So viel Zeit hat man mir gegeben, um meine Sachen zu packen und mich von meiner Familie und meinen Freunden zu verabschieden – für immer.

Zwei Stunden.

Zum Glück besitze ich nicht viel, das ich einpacken könnte.

Mein ganzes Leben befindet sich in ein paar wasserdurchnässten Boxen im Keller.

Mom hat anscheinend mein Zimmer vor Monaten in ein Kinderzimmer für das Baby verwandelt, wenn es zu Besuch kommt. Die meisten meiner Sachen wurden weggeschmissen oder weggeben.

Ich fühle mich immer noch, als fehle eine Hälfte von mir, jetzt, da die Gefährtenverbindung gebrochen wurde.

Nicht, dass ich meine innige Verbindung zu ihm verloren hätte, aber ich trauere um den Verlust dessen, was wir gehabt haben könnten.

Ja, wahre Lebensgefährten sind füreinander bestimmt, aber die Gefährtenverbindung braucht trotzdem Zeit zum Wachsen.

Ich sollte mit Xavier vermählt sein. ~Ich~ sollte seine Welpen austragen.

Aber mal ehrlich, ist es wirklich das, was ich will?

Eine Luna zu sein und Babys zu bekommen war nie mein Traum. Ich will eine Kriegerin sein. Schon seit immer.

Ich bezweifle, dass Xavier mir das erlaubt hätte. Er ist ein ziemliches Arschloch. Natalia und Xavier passen perfekt zueinander.

Ich gebe es auf, irgendetwas Brauchbares in den Boxen zu finden, und sacke resigniert neben ihnen zu Boden.

Wie bin ich nur hier gelandet? Nach allem, was ich durchgemacht habe?

Fate ist wirklich eine perverse Bitch.

Ich werde eine Wölfin ohne Rudel sein – eine Rogue.

Ich weiß nicht, ob ich meiner Familie und meinen Freunden unter die Augen treten kann. Sie können nichts tun, um mir zu helfen, aus Angst, dass der Alpha sie bestrafen wird.

Ich bin mutterseelenallein. Ja, selbst die Göttin hat mich aufgegeben. Ich dachte, sie hat einen Plan für mich, aber wenn dies der Plan ist, dann bin ich verloren.

Ich höre Schritte und mein Dad kommt die Treppe halb herunter und späht übers Geländer.

„Ariel, ich will dir etwas zeigen. Kannst du in die Garage kommen?“

Was ist jetzt wieder? Mehr Überraschungen ertrage ich heute nicht.

Ich folge ihm die Treppe rauf und in die Garage, wo er zu einer Plane in der Ecke geht.

„Ich weiß, du hast gerade schwer zu kämpfen, und ich möchte dir etwas geben. Du brauchst es sowieso mehr als ich“, sagt er und zieht die Plane weg, sodass sie zu Boden segelt.

Mir fällt die Kinnlade herunter, als ich sehe, was unter ihr verborgen war.

Dads Motorrad!

„Dad … ich kann dein Motorrad nicht nehmen. Du werkelst daran herum, seit ich klein war. Es ist dein ganzer Stolz!“, japse ich.

„Nein, kleine Kriegerin, du bist mein ganzer Stolz. Keine Widerrede. Das Bike gehört dir. Schluss, aus.“

Ich springe ihm um den Hals, Tränen rollen mir über die Wangen. „Ich werde dich so sehr vermissen.“

„Ich werde dich auch vermissen, Ariel, aber gib die Hoffnung nicht auf. Ich habe dir gesagt, dass ich nicht zulasse, dass dir etwas passiert und das meine ich auch so.“

„Nachdem du dich von allen verabschiedet hast, triff mich an der Rudelgrenze“, sagt er geheimnisvoll.

***

In den letzten Minuten, die ich noch bei meinem Rudel habe, begleitet Amy mich zur Rudelgrenze.

Sie hat mir einen Rucksack voll mit den wichtigsten Grundnahrungsmitteln gepackt, aber ich bezweifle, dass ich damit lange hinkomme.

„Ich kann nicht glauben, dass du wirklich gehst“, sagt sie schniefend. „Du bist gerade erst wieder da.“

„Positiv betrachtet, glaube ich nicht, dass ich hier mit meiner Schwester als Luna hätte leben können“, sage ich, um die Stimmung etwas aufzuheitern.

„Das wäre eine schlimmere Folter als die der Jäger.“

Amy lacht nicht. „Ariel, dies ist ernst. Du wirst eine Rogue sein!“

„Ich weiß, ich versuche, nicht daran zu denken“, antworte ich und verspüre einen Knoten im Magen, als wir uns der Rudelgrenze nähern.

„Warte, wer ist das?“, frage ich, als ich Leute, aufgestellt in einer Reihe, sehe.

„Krieger, steht stramm!“, ruft James, als ich näherkomme. „Salutiert!“

Jedes Mitglied meiner alten Truppe ist gekommen, um mich zu verabschieden. Und alle salutieren, als ich an ihnen vorbeigehe.

Mein Herz schmerzt.

Ich schlinge die Arme um James und kämpfe gegen die Tränen an. Ich habe heute schon genug geweint.

„Danke, James. Danke, euch allen. Ich werde euch so sehr vermissen.“

„Gib deinen Traum, eine Kriegerin zu werden, nicht auf, Ariel. Du bist die beste Kämpferin, die ich je gesehen habe“, sagt James und legt eine Hand auf meine Schulter.

„Das wird nicht passieren, jetzt, da ich kein Rudel mehr habe“, sage ich traurig.

„Da habe ich vielleicht ein Wörtchen mitzureden“, sagt plötzlich eine vertraute Stimme hinter mir.

Ich wirble herum und sehe Dominic, der bis über beide Ohren grinst. Er steht neben Steve und meinem Dad, der das Motorrad zur Rudelgrenze schiebt.

„Dom? Steve? Was zur Hölle macht ihr hier?“, frage ich verwirrt.

„Na, dich nach Hause holen“, sagt Dom, als würde das offen auf der Hand liegen.

„Nach Hause?“ Mein Herz fängt an zu hämmern.

Bitte, lass es nicht noch so ein kranker Witz sein.

„Ja, dein neues Zuhause – beim Royal Rudel“, sagte Steve freudestrahlend.

„Ja, Alpha Alex verleiht dir offiziell die Staatsbürgerschaft. Dein Dad hat uns sofort gerufen, als Xavier dich weggesperrt hat und das Böse seinen Lauf nahm.“

In meinem Kopf dreht sich alles. Passiert das gerade wirklich?

Ich werde doch keine Rogue sein …

Ich werde Mitglied des Royal Rudels sein.

***

Die Fahrt zum Royal Rudel dauert einen Tag, aber die Zeit vergeht schnell, weil Steve alte Kriegsgeschichten und Dominic peinliche Geschichten aus seiner und Alex‘ Kindheit erzählt.

Sie haben mein Bike und meine Sachen auf Steves Truck geladen und wir fahren alle gemeinsam, obwohl sich ein Teil von mir gewünscht hätte, alleine hochzufahren.

Es ist schwer, den Leuten in die Augen zu blicken, nach allem, was passiert ist, aber Steve und Dom lenken mich zumindest von dem Gedanken ab, dass ich für immer aus meinem Rudel verbannt worden bin.

Zumindest bin ich nur eine Tagesreise entfernt. Ich werde meine Familie und Freunde nicht besuchen kommen dürfen, aber sie können mich besuchen.

Ich muss mich an ein neues Rudel gewöhnen, mein Training wieder anfangen, falls ich überhaupt aufgenommen werde, und all das in dem Wissen, dass ich meinen wahren Lebensgefährten gefunden und er mich abgewiesen hat.

Besonders Letzteres tut immer noch weh.

Sehr.

Wie erholt man sich von einer zerbrochenen Gefährtenverbindung? Etwas sagt mir, dass meine unberechenbare Heilkraft da nicht hilft.

Als der Truck die Grenze des Royal Rudels erreicht, erblicke ich den Palast. Im Mondschein sieht er furchteinflößend aus, die hohen Sandsteintürme und das massive Eisentor.

Trotz der tausend Sachen, vor denen ich mich gerade fürchte, habe ich am meisten Schiss davor, Alex wiederzusehen.

Was wird er über mich denken, jetzt, da ich im Exil leben muss?

Nimmt er mich nur aus Mitleid auf? Was, wenn er beschließt, dass ich nur eine Belastung bin, und er mich auch verbannt?

Als mein Herz anfängt zu rasen, spüre ich eine zarte Berührung auf meiner Schulter.

„Einfach atmen, Ariel. Es wird alles gut“, sagt Steve ruhig. „Ein und aus. Tief atmen.“

Ich folge Steves Anweisungen und werde sofort ruhiger.

„Geht es dir gut?“, fragt Dom vorsichtig, als der Truck vor dem Tor zum Stehen kommt.

„Ja, sorry. Ich … ich bekomme manchmal Panikattacken. Es fällt mir schwer, neuen Leuten zu vertrauen. Es fällt mir sogar schwer, mir selbst zu vertrauen.“

Die beiden müssen mich für eine instabile Psycho-Tante halten, und trotzdem …

sehen mich beide voller Mitgefühl und Verständnis an.

„Das verstehe ich“, sagt Dom, springt vom Truck und öffnet die Tür für mich. „Denk einfach immer daran, dass Steve und ich auf dich aufpassen.“

„Das stimmt. Ich habe deinem Dad versprochen, dass ich auf dich achtgebe und ich habe vor, dieses Versprechen einzuhalten“, fügt Steve hinzu und lächelt mich aufmunternd an.

Ich nicke und bin unendlich dankbar, dass ich in meinem neuen Zuhause nicht ganz allein bin. Aber es ist nicht offiziell mein Zuhause. Noch nicht.

„Wann mache ich das Aufnahmeritual?“, frage ich, als wir durch das Tor gehen.

Jedes Rudel hat sein eigenes Aufnahmeritual, bei dem ein Außenstehender seine unsterbliche Loyalität gegenüber dem Alpha und dem Rudel schwören muss.

„Ich weiß, es ist spät, aber wir können es jetzt machen, wenn du willst“, antwortet Dom. „Alex will dich sehen, sobald wir da sind.“

„Dann lass es uns hinter uns bringen“, sage ich. „Ich bin bereit, die Vergangenheit ruhen zu lassen.“

„Nur, als kleine Warnung … das Ritual ist intensiv“, sagt Dom.

„Intensiv? Was heißt das?“, frage ich.

„Es ist ein Blutsschwur“, antwortet er im ernsten Ton.

Ein Blutsschwur? Was zur Hölle erwartet mich hier?

***

Ich stehe vor Alex und wir tragen beide ein weißes, zeremonielles Gewand.

Wir stehen in einer kunstvollen Kapelle, die der Mondgöttin gewidmet ist, mit einer hohen Kuppel und aufwendiger, verschnörkelter Architektur und Verzierung.

Ich stehe auf einem Podest, das direkt unter dem Monddach in der Mitte der Kuppel platziert ist. Die meisten Rituale finden unter Mondschein statt, eine heilige Praxis unter Wölfen.

Alex lächelt mich aufmunternd an, doch meine Nerven sind angespannt. Er hält ein außergewöhnlich breites Messer.

Steve und Dom fungieren als Zeugen. Alex nähert sich mir.

„Ariel Tomas, schwörst du dem Royal Rudel deine Loyalität und dein Leben, unter dem Licht der Göttin?“, fragt er und nimmt meine Hand.

Alex‘ Finger streichen zart über meine Haut und ich bekomme Schmetterlinge im Bauch.

Es war leichter, mit ihm zu sprechen, als ich noch dachte, er sei ein Bürgerlicher, aber jetzt, da ich weiß, dass er der König ist …

Kann ich ihm trauen? Ist es die richtige Entscheidung?

Ich blicke in Alex‘ waldgrüne Augen und suche nach einer Antwort. Er drückt meine Hand sanft, als er meinen Blick auffängt.

„Ja“, antworte ich. „Ich schwöre dem Royal Rudel meine unsterbliche Loyalität.“

Ich zucke zusammen, als Alex mir mit dem Messer in die Handfläche schneidet. Blut tropft auf mein reines, weißes Gewand.

Bei dem Schnitt regen sich wieder die Erinnerungen an die Jäger, doch ich schiebe sie so weit es geht von mir.

„Dann bist du in diesem Rudel aufgenommen. Hier bist du ab jetzt zuhause“, sagt er und schneidet sich selbst in die Hand.

Als wir uns die Hände reichen und sich unser Blut vermischt, spüre ich, wie die Rudelverbindung besiegelt wird.

Mir wird schwindelig, ich sehe verschwommen und meine Glieder werden taub.

Vielleicht liegt es am Blutverlust oder auch nicht, aber ich höre eine leise Stimme in meinem Ohr.

„Ariel.“

Ich kenne die Stimme. Selene.

Was hat sie dieses Mal für mich im Sinn?

Ihre seidige Stimme ist bloß ein Flüstern.

„Hör gut zu. Du musst Alex beschützen. Egal, was passiert, du musst ihn beschützen.“

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