
Home on the Range (Deutsch)
Wren reist mit ihrem treuen Border Collie Puck durchs Land, als sie einen Aushilfsjob als Mechanikerin auf der weitläufigen Teller Farm und dem Anwesen im ländlichen Montana ergattert. Alle auf der Farm sind herzlich und einladend - mit Ausnahme ihres neuen Chefs, dem gutaussehenden und grüblerischen Lance Teller. Je mehr Wren die Menschen auf der Farm kennenlernt, desto mehr wird ihr klar, dass sie nicht die Einzige ist, die versucht, ihrer eigenen Vergangenheit zu entkommen... und ihre eigenen Geheimnisse zu bewahren.
Altersfreigabe: 18+.
Kapitel 1.
WREN
„Ich steige aus meinem alten Chevy-Truck und lasse meinen Blick über die weitläufige Teller Family Farm and Ranch schweifen.
Es wimmelt nur so von Tieren, Landmaschinen und Menschen auf den saftigen grünen Wiesen. Ein bisschen einschüchternd ist es schon, aber es passt ins Bild. Schließlich prangte der Name Teller auf so ziemlich allem in dem kleinen Kaff in Montana, durch das ich eben gefahren bin.
Außerdem hat man mir zugetragen, dass sie ihre Saisonarbeiter ordentlich bezahlen.
Mein treuer Gefährte Puck hüpft neben mir vom Truck auf den Kies. Ich knalle die quietschende Tür zu und lehne mich an die noch warme Motorhaube, während ich überlege, wo ich am besten anfange.
„Kann ich dir helfen?“, fragt eine Stimme hinter mir.
Ich drehe mich um und sehe einen sommersprossigen Jungen mit blonden Haaren, der mich neugierig mustert. Er dürfte so um die 12 oder 13 sein.
„Vielleicht. Ich hab gehört, ihr sucht noch Leute für den Sommer?“
Er grinst mich an. „Stimmt. Am besten redest du mit meiner Mutter oder meinem Vater.“ Sein Blick wandert zu Puck. „Hey, darf ich deinen Hund mal streicheln?“
„Klar doch.“ Ich nicke Puck zu. „Los, sag Hallo, Puck.“
Wie immer scheint Puck genau zu verstehen, was ich meine. Schwanzwedelnd trottet er zu dem Jungen, der sich hinkniet, um ihn zu umarmen und zu kraulen.
„Toller Hund. Puck, ja?“
„Genau“, sage ich. „Ich glaub, er mag dich.“
„Er ist echt cool! Mama ist übrigens im Haus. Komm mit.“
Der Junge führt mich zu dem großen weißen Farmhaus, vor dem ich geparkt habe.
Es ist genauso imposant und gepflegt wie die Farm selbst. Von außen sieht es aus wie ein typisches altes Farmhaus, aber es ist riesig und tipptopp in Schuss.
Auf der geräumigen Veranda wende ich mich an Puck. „Platz“, sage ich. Puck legt sich sofort hin. „Warte hier, bis ich zurück bin.“
Puck legt den Kopf zwischen die Pfoten und wedelt mit dem Schwanz zum Zeichen, dass er verstanden hat.
„Wow, der hört ja aufs Wort! Ich bin übrigens Jeremy. Und wie heißt du?“
„Wren“, sage ich und lächle Jeremy an. Ich hab nicht oft mit Kindern zu tun, aber ihre Unbekümmertheit finde ich immer erfrischend.
„Freut mich! Hoffentlich kriegst du den Job, dann kann ich öfter mit Puck spielen.“
Ich lache. Kinder nehmen eben kein Blatt vor den Mund.
„Das würde ihm bestimmt gefallen.“
„Echt jetzt?!“
Wir betreten das Haus, das sich als sehr geräumig entpuppt, mit hohen Decken und dunklen Holzbalken sowie Holzvertäfelung an den Wänden. Breite Dielen führen auf der einen Seite in ein großzügiges Wohnzimmer und auf der anderen in eine riesige Küche.
Als wir die Küche betreten, kann ich nicht anders als zu staunen. Sie sieht aus wie aus einem Hochglanzmagazin für französische Landhausküchen.
Wunderschöne weiße Schränke, eine große Spüle und ein imposanter Gasherd. Von der Decke baumelt eine altmodisch anmutende Lampe.
„He, Ma, hier ist noch jemand, der nach Arbeit sucht!“, ruft Jeremy.
Eine Frau kommt aus einer Seitentür, die ich gar nicht bemerkt hatte. Ich war zu sehr damit beschäftigt, den Rest des Hauses zu bewundern.
„Hallo, ich bin Meredith.“ Die Frau kommt mit ausgestreckter Hand auf mich zu. Sie ist nicht mehr die Jüngste, aber sehr attraktiv.
Ihr graues Haar ist zu einem Zopf geflochten und die Ärmel ihres Flanellhemds sind hochgekrempelt. An ihren Händen blitzen ein paar altmodisch wirkende Ringe, ihre Fingernägel sind schmutzig.
Ihre hellblauen Augen strahlen eine natürliche Anmut aus. Ich bewundere selten Menschen, aber sie hat etwas Besonderes an sich.
Ich ergreife ihre Hand und bemerke ihren festen Händedruck.
„Wren, freut mich Sie kennenzulernen. Jemand in der Autowerkstatt meinte, Sie würden für den Sommer Leute einstellen. Ich hoffe, das stimmt noch.“
Sie lässt meine Hand los und seufzt. „Tja, alle Anfängerjobs sind leider schon weg. Hast du denn schon mal auf einer Farm gearbeitet?“, fragt sie, während sie zum Herd geht und einen Kupferkessel aufsetzt.
Sie dreht am Knopf und nach ein paar Klicks züngelt eine kleine blaue Flamme.
„Ja, Ma'am“, sage ich.
„Irgendwelche Spezialgebiete? Pferde zureiten? Imkerei?“, hakt sie nach.
„Nein, tut mir leid“, sage ich verlegen. „Aber danke für Ihre Zeit.“
„Moment mal“, sagt sie.
Ich drehe mich wieder zu ihr um.
„Setz dich doch.“
Normalerweise würde ich sagen, dass ich sie nicht aufhalten will, aber sie macht den Eindruck einer Frau, der man besser nicht widerspricht.
„Wo kommst du her?“
Die Frage ist mir immer unangenehm. Meine Vergangenheit ist... kompliziert. Zu kompliziert, um sie einem möglichen Arbeitgeber auf die Nase zu binden.
„Ehrlich gesagt, von überall und nirgendwo. Ich war ein Militärkind, und im letzten Jahr bin ich kreuz und quer durchs Land getingelt und hab genommen, was sich an Arbeit ergeben hat. Ich arbeite gern an der frischen Luft“, sage ich.
Meredith gießt zwei Tassen Tee ein und reicht mir eine, während sie mich mustert.
„Was hat dich nach Bryxton verschlagen?“
Ich puste auf den Tee, um Zeit zu schinden.
„Ich bin vor ein paar Wochen aus Kalifornien abgehauen. Hab dort mehrere Wochen lang nach Waldbränden aufgeräumt.“
Sie nickt anerkennend. Ich kann sehen, dass sie beeindruckt ist. Es klingt... heldenhafter, als es in Wirklichkeit war.
„Was hast du in der Autowerkstatt gemacht?“
„Einen Zahnriemen für meinen Truck besorgt. Mir ist aufgefallen, dass meiner langsam den Geist aufgibt“, sage ich.
Meredith denkt einen Moment nach, während sie mich abschätzend ansieht.
„Kennst du dich mit Maschinen aus?“, fragt sie.
Ich ziehe die Augenbrauen hoch. „Ja, ein bisschen“, ist alles, was ich sage. Ich hab im Feuerwehrcamp an ein paar Trucks rumgeschraubt, aber immer mit anderen zusammen.
„Mein Sohn stellt normalerweise seinen eigenen Mechaniker für den Sommer ein, aber er ist gerade von einer, ähm, schwierigen Trennung zurückgekommen. Ich denke, das wäre ein guter Einstieg für dich.“
„Wirklich?!“, frage ich und kann meine Freude kaum verbergen.
„Ja, aber bevor du zu euphorisch wirst, solltest du wissen, dass Lance Teller nicht gerade der... umgänglichste Mensch ist. Du wirst dir die Hacken ablaufen müssen“, sagt sie mit einem schiefen Lächeln.
„Ich hatte schon so manchen Kotzbrocken als Chef“, sage ich und meine es ernst. Ich nehme einen Schluck von dem Tee. Er ist immer noch brühend heiß, aber ich lasse mir nichts anmerken.
„Wo hast du vor zu wohnen, Wren?“
„Ich hab Campingausrüstung dabei. Das ist einfacher, weil ich einen Hund habe. Gibt's einen Campingplatz in der Nähe?“
Sie nippt an ihrem Tee und schüttelt den Kopf.
„Das wäre eine ziemliche Fahrerei jeden Tag. Wir haben ein Personalhaus, aber das ist rappelvoll. Es gibt eine kleine Einliegerwohnung in der Scheune. Die könntest du für 250 Dollar im Monat mieten.
„Es ist kein Luxusapartment, aber besser als jeden Tag fünfzig Meilen zu pendeln“, bietet sie an.
„Ich will keine Umstände machen“, sage ich.
„Papperlapapp. Sie wird jeden Sommer vermietet, aber die meisten Leute bleiben in den Hostels in der Stadt. Ist dein Hund gut erzogen?“, fragt sie.
„Ja. Ich weiß, das sagen viele Hundebesitzer, aber er hört wirklich aufs Wort. Er hat früher Vieh gehütet, also ist er an so eine Umgebung gewöhnt - und er ist kastriert.“
Sie lächelt mich an, was mich aus irgendeinem Grund glücklich macht.
„Klingt prima. Ich sehe da keine Probleme. Willkommen auf der Farm, Schätzchen.“ Sie streckt mir wieder ihre Hand entgegen.
Ich ergreife sie und lächle zurück.
„Vielen Dank, Ms. Teller“, sage ich.
„Bitte, nenn mich Meredith.“
Meredith und ich plaudern noch ein paar Minuten, bevor ihr Telefon klingelt.
„Ich muss wirklich rangehen, Schätzchen. Kannst du noch einen Moment warten? Ich bring dich gleich zur Wohnung und zeig dir alles.“
Ich winke ab. „Kein Problem, ich warte draußen auf der Veranda.“
Als ich die Tür hinter mir schließe, finde ich Jeremy mit Puck genau dort, wo ich ihn zurückgelassen habe.
„Hi, Wren. Ich hab Puck nur ein bisschen Gesellschaft geleistet.“
„Danke, Jeremy, ich bin sicher, er hat's genossen.“
„Hast du den Job gekriegt?“
„Sieht ganz danach aus. Ich werd auch in der Scheune wohnen“, sage ich.
„Oh cool! Dann kann ich die ganze Zeit mit Puck spielen!“
Ich lache. „Ganz genau!“
Plötzlich bellt Puck. Es ist nur einmal, aber er zeigt mir, dass jemand kommt. Ich blinzle in die späte Nachmittagssonne und muss mich zusammenreißen, um nicht mit offenem Mund zu starren.
Ein äußerst attraktiver Mann kommt auf die Veranda zu. Von seinem Cowboyhut bis zu seinen Stiefeln sieht er aus wie aus einem Männerkalender entsprungen.
Ein Flanellhemd hängt lässig über seiner Schulter und sein weißes Shirt ist mit Staub und Schweiß bedeckt. Es ist eng genug, um seine beeindruckenden Muskeln an Brust und Armen zu erahnen.
Er geht mit einem leichten Hinken. Hellblondes Haar bedeckt die untere Hälfte seines Gesichts und seine Augen sind so blau wie das Meer.
Selbst der grimmige Ausdruck auf seinem Gesicht hat etwas Anziehendes.
„Wem gehört der Köter?“, knurrt er.
Meine Augenbrauen ziehen sich zusammen, aber Jeremy antwortet, bevor ich es kann.
„Wren.“ Er zeigt auf mich. „Aber er ist ein braver Hund, Lance, du brauchst dir keine Sorgen zu machen.“
Oh nein, das ist Lance? Mein neuer Chef?
„Und wer zum Teufel ist Wren?“ Lance richtet seinen wütenden Blick auf mich, während er über mich spricht, als wäre ich Luft. Jetzt bin ich nicht nur fasziniert von diesem attraktiven Mann, sondern auch ziemlich genervt.
„Das wäre ich. Meredith hat mich gerade eingestellt“, sage ich und wünschte, ich würde selbstsicherer klingen.
Lance steigt die Veranda hinauf und baut sich vor mir auf. Er überragt mich um gut einen Kopf.
Sein Geruch nach Deodorant und Schweiß steigt mir in die Nase und seine blauen Augen bohren sich in meine. Ich fühle mich plötzlich wie auf dem Präsentierteller.
„Ich stelle hier ein, und ich hab keinen Platz für einen wildfremden Köter auf der Farm, dem ich nicht über den Weg traue“, knurrt er.
Ich merke, dass er versucht, mich einzuschüchtern, und ehrlich gesagt, es funktioniert. Ich verengte meine Augen und richte mich etwas auf.
„Hören Sie, ich verstehe ja, dass Sie vorsichtig sind, aber ich verdiene eine faire Chance wie jeder andere auch. Glauben Sie wirklich, sie würde mich einstellen, wenn ich nicht vertrauenswürdig wäre?“ Ich lege den Kopf schief und sehe ihn fragend an.
Er funkelt mich nur noch finsterer an.
„Was ist denn hier los? Lance?!“
Die Fliegengittertür quietscht, als Meredith auf die Veranda tritt und Lance einen Schritt zurückdrängt, um mir etwas Luft zu verschaffen. Ich atme erleichtert aus.
„Du hast jemanden eingestellt, ohne mit mir zu reden? Jemanden mit einem Hund?“
Meredith zieht die Augenbrauen hoch und verschränkt die Arme vor der Brust.
„Allerdings. Ich bin immer noch die Chefin hier, Lance, und ganz ehrlich, du kannst nicht alles alleine stemmen. Sie hat Erfahrung und wird auch das Studio mieten. Also - reiß - dich - gefälligst - zusammen.“
Zwischen jedem ihrer letzten Worte stupst sie Lance in seine breite Brust.
„Mama, du kennst diesen Hund doch gar nicht, geschweige denn diese Frau! Wir haben Nutztiere, wir können kein Risiko eingehen.“
„Das nennt man Bauchgefühl, mein Sohn. Nur weil deins dich ein- oder zweimal in die Irre geführt hat, heißt das nicht, dass du nicht drauf hören solltest“, kontert sie. Ich sehe, wie sich Lances Kiefer anspannt.
Meredith, was auch immer sie damit meint, hat Lance gerade auf die Palme gebracht.
Lance' Augen fixieren mich. „Von mir aus. Aber bei einem einzigen Fehltritt seid ihr beide weg vom Fenster.“
Lance dreht sich um und stapft von der Veranda in Richtung Gästehaus. Meredith verdreht die Augen und wendet sich mir zu.
„Na dann, lass uns mal dein neues Zuhause unter die Lupe nehmen!“







































