Gestohlen

Ich schätze, es sind etwa dreizehn „Tage“ vergangen. Wobei ich mir nicht sicher bin, wie ich diese Zeit nennen soll, denn hier gibt es keinen 24-Stunden-Tag, sondern einen 26-Stunden-Tag.

Nach ein paar Tagen versuchte ich, mit meinem Messer Striche an der Wand meiner Zelle zu machen, um die Zeit im Blick zu behalten.

Da fiel mir auf, dass diese Wände, egal woraus sie bestehen, von nichts markiert werden können, was ich habe. Ich habe so ein Material noch nie gesehen, aber es wirkt, als wäre es von Menschenhand gemacht.

Ich bin auf einem Raumschiff von Außerirdischen, so viel steht fest. Zumindest bin ich mir ziemlich sicher, dass sie mich nicht als Sexsklavin mitgenommen haben.

Nein, ich sehe, wie sie mich ansehen. Für sie bin ich ein Tier, genau wie die anderen Tiere um mich herum. Einige sind von der Erde, andere ganz sicher nicht.

Angesichts dessen, was passieren könnte, ist es wohl in Ordnung, als Tier unter diesen anderen Tieren zu gelten.

Ich muss ein wenig lachen und fange an, an meinem Fingernagel zu kauen, bevor ich mich stoppe. Meine Hände sind zu dreckig dafür. Dabei sehe ich einigen der Aliens, die ich gesehen habe, gar nicht so unähnlich!

Jetzt verstehe ich, warum sie meine Wut und mein Geschrei ignorierten, als ich zum ersten Mal aufwachte. Meine Wut wird mich nicht am Leben erhalten. Meine Wut wird mich nicht retten, und meine Angst auch nicht.

Das sind Grundgefühle, und ich bin in einer Lage, in der ich einen kühlen Kopf bewahren und klug sein muss.

Meine Haare sind schmutzig vom Kriechen auf dem Bauch durch die Dschungel Brasiliens, aber so primitiv kann ich doch nicht aussehen... oder?

Ich habe versucht, so viel Dreck wie möglich abzuwaschen, aber ich bekomme nur zwei Schüsseln Wasser am Tag, und ich kann kein Wasser verschwenden.

Immerhin muss ich meine Zelle nicht mit echten Tieren teilen. Ich fahre mit meinen schmutzigen Händen durch meine zerzausten Haare. Wahrscheinlich klinge ich genauso wie die Aliens, die mich mitgenommen haben, wenn ich so denke.

Ein Vorteil davon, dass sie mich für ein Tier halten, ist, dass sie nicht wussten, dass ich meinen Computer in der Tasche hatte, als sie mich mitnahmen. Das ist gut. Das könnte meine Rettung sein, denn ich habe meine Sprachsoftware darauf.

Am Anfang, als ich sie anschrie und Sachen in meiner Zelle herumwarf und sie zurückschrien, dachte ich, sie würden mir sagen, ich solle ruhig sein oder die Klappe halten.

Das ist gut, denn meine Software kann das nutzen, um auch ihre Sprache zu lernen.

Ich vermute, sie müssen eine Art Standardsprache oder gemeinsame Sprache sprechen.

Es gibt mehrere Alien-Typen, die ich gesehen habe, und sie alle haben unterschiedliche Akzente, wenn sie miteinander reden. Ich kann sie zwar noch nicht verstehen, aber ich höre die Unterschiede in ihrer Sprechweise.

Ich zucke zusammen, als die Schimpansen mir gegenüber genauso schreien wie ich am Anfang, und wenn die Aliens mich nicht verstehen, wie unterscheidet sich das davon, dass ich die Schimpansen nicht verstehe?

Ich bin sehr unglücklich. Ich bin dreckig und ich habe Hunger. Ich werde nur zweimal am Tag gefüttert, und nach zwei Tagen ohne Essen musste ich nachgeben und es essen.

Ich kann es nicht ansehen, aber ich weiß, dass es eine gräuliche Farbe hat und wie ein Block geformt ist. Ich halte mir die Nase zu, kaue mit Wasser und würge es runter.

Letzte Nacht hatte ich einen großen Erfolg, was meine einzige gute Nachricht ist. Ich habe Elektronik gefunden - einiges sind Drähte, aber manches sieht aus wie Laser an Stellen, wo ich andere Drähte erwarten würde.

Ich bin mir nicht sicher, ob so Informationen übertragen werden? Es gelang mir, meinen Computer nach vielen Tagen des Herumprobierens mit dem Schiff zu verbinden.

Ich rechne nicht damit, etwas Nützliches zu tun wie das Schiff zu kapern und nach Hause zu fliegen, denn das ist kein Film, und ich habe keine Ahnung, was zu tun wäre. Ich könnte nicht einmal einen Hilferuf absetzen.

Was würde der schon bringen? „Bitte kommt und findet mich, US-Regierung, ich bin in einem anderen Sonnensystem...“ Eigentlich hätte ich mehr Glück damit, dass Elon Musk helfen könnte...

Ich möchte wirklich nur, dass meine Sprachsoftware alles studiert, was sie finden kann. Selbst wenn es etwas wie eine Alien-Version einer Enzyklopädie ist.

Ich will wissen, was sie sagen, auch wenn sie mir nicht zuhören werden.

Ich sitze auf dem kleinen Bett in der Ecke, das ich aus Lumpen gemacht habe, die hier waren. Ich halte meinen Nacken in meinen Händen, während meine Ellbogen auf meinen Knien ruhen, und versuche krampfhaft, nicht die Hoffnung zu verlieren.

Endlich werden die Lichter gedimmt, was den Beginn der Nachtzeit des Schiffes anzeigt. Das ist die Zeit, in der ich am meisten arbeite und versuche herauszufinden, wie ich mit jemandem sprechen kann.

Aber andererseits weiß ich nicht, ob sie zuhören werden oder ob es etwas bringen wird. Ich habe bisher etwa dreißig Wörter übersetzt, aber das reicht nicht, und ich hoffe heute Nacht auf mehr.

Selbst ein Papagei hat mehr als dreißig Wörter, die er benutzen kann. Ich liebe es, neue Wörter herauszufinden, was einer der Gründe ist, warum ich so gut in meinem Job bin.

Man hat nicht immer etwas, das einem beim Übersetzen hilft, aber ich gebe mein Bestes. Mein Computer war den ganzen Tag verbunden, natürlich versteckt, also hoffe ich, dass ich heute Nacht sehen kann, was ich bekommen habe.

Ich setze mich mit dem Rücken zur Wand, damit ich nach draußen sehen kann, und beginne, meinen Computer herauszuholen. Aber ich möchte nicht, dass ihn jemand sieht.

Keiner der Aliens war gemein, aber sie sind auch nicht freundlich.

Ich bin mir nicht sicher, ob dies eine Raumschiff-Version eines Piratenschiffs ist oder ob alle Aliens, die einfach nehmen, was sie wollen, so handeln. Kein Wunder, dass unsere Regierung versucht hat, ihre Existenz zu verheimlichen. Verdammte Idioten.

Ich wusste immer, dass Aliens existieren, und ich liebe ein gutes Alien-Gespräch.

Aber diese Art von Aliens ruiniert meine schöne Vorstellung von intelligenten Wesen, die zur Erde kommen, reden und Informationen austauschen. Diese reale Version, in der ich mich befinde, gefällt mir überhaupt nicht.

Ich schaue auf meinen Computer, und mein Herz schlägt schneller, während ich schneller atme. Ich sehe, dass ich 143 Wörter habe!

Damit kann ich arbeiten. Ich spüre einen neuen Tatendrang und bin gerade dabei, sie zu studieren, als ich Geschrei den Gang hinunter höre und was sich nach einem Kampf anhört.

Ich verstecke schnell alles und kauere mich in die Ecke. Normalerweise hört man nachts nur die Geräusche der anderen Tiere.

Manchmal kann ich wegen der seltsamen Laute, die diese nicht-irdischen Kreaturen von sich geben, nicht schlafen. Ist das falsch von mir? Ich weiß es nicht, aber sie machen mir mehr Angst als irdische Tiere.

Plötzlich hören der Lärm und das Geschrei direkt vor meiner Zelle auf. Ich schaue ängstlich auf, als zwei Aliens einen dritten in meine Zelle stoßen.

Alle schreien, und der Neue scheint die beiden Wachen, die ihn hineinstoßen, auszulachen, ihre klauenartigen Finger zeigen auf ihn.

Toll. Genau das, was ich brauche. Ein möglicherweise gewalttätiger Alien, der meine Zelle teilt.

Ich hoffe, ich liege richtig damit, dass ich keine Sexsklavin bin, denn dieser „Typ“ ist riesig. Und ich hasse es, falsch zu liegen. Besonders bei etwas so Ernstem wie Sexsklaverei.

Ich habe fast meine eigene Kirche, nur mit mir, die sich meinem Recht-Haben widmet. Das ist nicht der Zeitpunkt, um herauszufinden, dass mein ganzes Glaubenssystem falsch ist. Das wäre ein großer Schlag für meine Überzeugungen.

Er steht mit dem Rücken zu mir. Alles, was ich sehen kann, sind seine weißen Haare. Die meisten Aliens, die Haare haben, tragen sie lang. Aber seine sind kürzer.

Obwohl ich viele Unterschiede zwischen den Aliens bemerkt habe - einige haben Federn, Schwänze, seltsame Haut, und einige haben glatte Haut -

Habe ich auch viele kleine Dinge bemerkt, die bei fast allen Aliens menschenähnlich sind. Obwohl ich diesen Typ noch nie gesehen habe.

Er hat seine Hände in seinen Haaren, offensichtlich aufgebracht. Er dreht sich um, und ich sehe seine Seite. Er hat Hörner! Sie sind dunkel, etwa fünf Zentimeter lang. Ich kann nicht anders, als sie anzustarren, während ich den Rest von ihm betrachte.

Seine Haut hat eine hellblaue Farbe. Ich frage mich, ob sein Planet einen Stern hat, der nicht viel Licht abgibt?

Ich weiß ein wenig, wie man kämpft, aber er ist riesig, und ich bin schwach nach so vielen Tagen hier drinnen mit nicht genug Essen und meinen Muskeln, die nicht so benutzt werden, wie sie sollten.

Endlich dreht er sich um, um mich anzusehen. Seine Augen sehen fast lila aus, aber es ist schwer zu sagen in diesem Licht. Und ich kann Linien von etwas unter seiner Haut sehen. Metall? Drähte? Ist das ein Alien-Roboter?

Ich bin mir nicht sicher, wie ich darüber denke - sie waren in Star Trek nicht so nett - aber ich kann Dinge unter seiner Haut sehen, und das ist alles, woran ich denken kann. Dann schaue ich zurück in sein Gesicht, und er scheint von mir angewidert zu sein.

Ich bin definitiv ein Tier für sie alle. Ich atme tief durch und setze mich hin, meine Traurigkeit größer als meine Neugier. Er sieht aus, als würde er versuchen, sich von mir fernzuhalten.

Ich schätze, er will das Tier nicht erschrecken, richtig? Verärgert schaue ich weg. Ich möchte einfach als Person gesehen werden, auch wenn ich weiß, dass ich dankbar sein sollte, dass keiner von ihnen es tut.

Nach einer Stunde, in der ich ihm beim Klagen und am Haar-Ziehen und ja, auch an seinen Hörnern zugehört habe, während er mich ignoriert, halte ich es nicht mehr aus.

Ich möchte wissen, ob ich die Dinge richtig übersetzt habe. Also fange ich einfach an und hoffentlich in der gemeinsamen Sprache.

„Hallo“, sage ich in den Lautsprecher meines Computers, damit er übersetzt, während ich ihn direkt ansehe. Ich würde sagen, dass ich bekommen habe, was ich wollte, aber das stimmt nicht. Es ist besser.

Er schaut mich scharf an und fällt fast vor Überraschung um.

Genau, Idiot, ich kann sprechen.

Er sagt etwas mit leiser Stimme, fast zitternd. Aber ich weiß nicht, was es ist. Seine Stimme ist sanft, aber tief, und er scheint keinen der Akzente zu haben, die ich bisher gehört habe.

Ich beschließe, meinen Computer herauszuholen, damit er ihn sehen kann. Jetzt oder nie. Ich schaue zu ihm hinüber, und seine Augen werden weit, als er von meinem Gesicht zu meinem Computer blickt.

Er steht jetzt auf und kommt direkt zu mir, hockt sich hin. Ich weiß nicht, ob er mir das wegnehmen wird, aber ich muss es versuchen.

Stattdessen packt er mein Gesicht und dreht mich, um meinen Blick zu treffen, seine hellvioletten Augen schauen in meine, und ich kann nicht anders als zu lächeln.

Ich glaube, er sieht mich, und der Ausdruck des Entsetzens auf seinem Gesicht, als er erkennt, dass ich kein Tier bin, ist sehr lustig.

Ich wende mich wieder meinem Computer zu und beginne erneut, hineinzusprechen. „Niemand versteht mich. Ich baue einen Übersetzer. Hilf mir? Sie halten mich hier fest. Ich bin kalt, hungrig und werde hier drinnen schwach.“

Ich spreche Englisch zu meinem Computer. Er übersetzt, denke ich, die meisten Wörter, aber ich glaube, er hat ein paar geändert.

Ich drücke darauf, dass er die übersetzte Version spricht, und höre zu, wie es gesagt wird, damit ich selbst lernen kann. Wenn dies mein neues Leben ist, werde ich keine schlechte Arbeit machen.

Ich schaue ihn an, während es übersetzt wird. Seine Augen sehen mich auf eine neue Art an, und er scheint wütend zu sein, aber ich glaube nicht, dass es auf mich gerichtet ist. Er steht auf und geht, um nach jemandem zu rufen.

Niemand kommt. Niemand kommt je, wenn man schreit. Seine Fäuste sind an seiner Seite geballt, Muskeln zeichnen sich ab, und seine Stimme ist laut.

„Es hat keinen Zweck, sie werden nicht kommen. Es tut mir leid, wenn ich dich störe, aber ich bin schon eine Weile hier drin, und ich muss es einfach versuchen.“

Sie haben mich von meinem Planeten weggeholt und behandeln mich wie einen Sklaven oder ein Tier. Bist du einer von ihnen?“ Ich sage alles auf einmal in meinen Übersetzer.

Es hat keinen Sinn, meine Sätze aufzuteilen und meinen Computer es für ihn übersetzen zu lassen.

Er eilt wieder zu mir herunter und hockt sich neben mich auf die Knie.

Er zittert vor Wut, und ich sehe, wie sich sein Gesicht von dem eines Menschen unterscheidet. Es gibt genug Ähnlichkeiten, dass ich ihn auf eine seltsame Weise als sehr schön bezeichnen würde, obwohl sein Gesicht von Wut verzerrt ist und er sehr aufgebracht über mich aussieht.

Er verhält sich, als wäre es zu viel für ihn, mich hier zu sehen. Er zeigt auf meinen Computer; ich bin aufgeregt, dass er es versuchen möchte. Ich drücke den Knopf und bedeute ihm zu sprechen.

„Ich würde nie tun, was sie tun“, klingt die Übersetzung flach, aber das starke Gefühl in seiner Stimme lässt mich ihm glauben. Aber ich bin noch nicht bereit zu hoffen.