L.S. Patel
Ich starrte den König, der offensichtlich mein Gefährte war, immer noch an. Meine Wölfin war ekstatisch, aber ich war mir nicht sicher, was ich fühlte. Es war nicht zu leugnen, dass die Gefährtenverbindung zwischen uns stark war, sogar stärker, als ich dachte.
Der Moment wurde gebrochen, als der König mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich.
„Ich habe noch nie in meinem Leben ein so schönes Mädchen wie dich gesehen“, flüsterte er mir ins Ohr.
Funken schossen durch meinen Körper, und ich keuchte. Warum hatten seine Worte eine so große Wirkung auf mich? Das war nicht normal, wobei die ganze Situation nicht normal war.
Der König hielt meine Hände auf dem Rücken fest, als hätte er Angst, dass ich wieder weglaufen würde.
„Könntest du … könntest du bitte meine Hände loslassen?“, brachte ich irgendwie heraus.
Der König zog seine Augenbrauen hoch und antwortete: „Wie kann ich sicher sein, dass du nicht wieder wegläufst? Sosehr ich die Jagd auch liebe, ich möchte dich nicht noch einmal fangen müssen.“
Ich erschauderte angesichts des Verlangens in seinen Augen. Sosehr ich auch versuchte, mir einzureden, dass der König nicht umwerfend schön war, mein Körper sagte etwas anderes.
Ich ertappte mich sogar dabei, wie ich mir wünschte, wieder vom König gefangen zu werden. Mein Verstand war verwirrt, das war die einzige Schlussfolgerung, die ich ziehen konnte.
„Darf ich denn den Namen der schönen Dame erfahren, die meine Königin sein wird?“, fragte der König.
„Funktionieren diese Komplimente normalerweise bei Frauen?“, erwiderte ich, meine freche Art übermannte mich.
„Ich weiß nicht, du bist die erste Dame, an der ich das ausprobiere“, antwortete der König und grinste mich an.
Ich zwang mich, den Blick von seinen Augen abzuwenden; sie waren gefährlich. Mit seiner freien Hand bewegte der König mein Gesicht, sodass ich wieder in seine haselnussbraunen Augen blickte.
Er sah mich an, als wollte er sagen: „Sag mir deinen Namen“, und ich seufzte.
„Aarya. Aarya Bedi.“ Ich gab nach und verriet ihm meinen Namen.
„Aarya“, wiederholte der König langsam.
Mein Gott, musste er meinen Namen denn so aussprechen? Mein Körper reagierte sofort darauf, und ich spürte, wie mir ein Schauer der Erregung über den Rücken lief. Er klang so sexy, als er meinen Namen sagte.
Nein, Aarya. So darfst du nicht denken. Reiß dich zusammen, schimpfte ich mit mir selbst.
„Ein wunderschöner Name. Meinen Namen kennst du ja sicher bereits, oder meine Liebe?“, fragte er.
Ich traute meiner Stimme nicht, also nickte ich nur. Der Kosename überraschte mich. Das ging alles ziemlich schnell. Zu schnell.
Ich wusste nicht, was ich tun sollte, aber irgendetwas sagte mir, dass ich ohnehin nichts tun konnte. Schließlich hatte ich keinen normalen Werwolf als Gefährten oder gar einen normalen Lykaner.
Mein Gefährte war der Lykanerkönig. Er war der Stärkste von allen. Was immer ich auch tun würde, er würde mich wieder fangen.
Mein logischer Verstand kannte die erschreckende Wahrheit. Ich konnte dem Lykanerkönig nicht mehr entkommen; ich war für immer hier.
Das Geräusch von Schritten veranlasste mich, den Kopf zu drehen, und der König ließ meine Hände los.
Meine Familie und Freunde kamen auf uns zu. Ich war erleichtert, die vertrauten Gesichter meiner Liebsten zu sehen. Luke und Sophia sahen beide unglaublich erleichtert aus, und natürlich wusste ich auch warum.
Ich machte ein paar Schritte auf sie zu, wich aber erschrocken zurück, als sie sich alle vor mir verbeugten. Was? Ich wollte nicht, dass sich meine Liebsten vor mir verbeugten; ich war keine Königin.
Carter zwinkerte mir zu, woraufhin ich die Augen verdrehte. Offensichtlich fand er das Ganze ziemlich lustig. Ich hatte jedoch keine Zeit, mir darüber Gedanken zu machen.
Der König ergriff meine Hand, wodurch mein ganzer Körper zu kribbeln begann, und keuchte bei der plötzlichen Berührung.
Er hielt nicht einmal an, damit ich mit meiner Familie reden konnte. Stattdessen führte er mich direkt an ihnen vorbei und in das Schloss. Als ich mich umdrehte, stellte ich fest, dass sie uns folgten.
Der König führte mich direkt zu den Thronen.
Mein Herz begann zu rasen. Was tat er da? Ich würde doch jetzt nicht gekrönt werden, oder? Immerhin kannte ich den König kaum.
Erst als wir oben ankamen, stellte ich fest, dass Savanah nicht mehr hier oben, sondern stattdessen unten in der Menge war. Sie sah überhaupt nicht glücklich aus.
„Meine treuen Untertanen. Heute ist ein großer Tag. Heute habe ich nach langer Suche endlich meine Gefährtin gefunden, eure Königin, und ich könnte nicht glücklicher sein“, verkündete der König und zog mich an seine Seite.
Auf die Ankündigung folgte lauter Beifall. Mein Blick fiel auf meine Eltern, die Freudentränen vergossen. Carter johlte, und Diya schimpfte mit ihm. Das brachte mich zum Lächeln.
Ich warf einen Blick auf die Lykaner, die vorher alle so angespannt gewirkt hatten. Sie sahen alle viel glücklicher aus und es schien, als wäre ihnen eine schwere Last von den Schultern genommen worden.
Das alles fühlte sich so falsch, aber gleichzeitig auch so richtig an. Warum war ich nur so zwiegespalten?
„Was ist los?“, flüsterte mir der König ins Ohr.
Ich sah zu ihm auf, und er musste meinen besorgten Gesichtsausdruck gesehen haben. Er schaute zurück in die Menge und lächelte, bevor er mich wegführte.
Plötzlich wurde mir klar, dass ich gar nicht wusste, wie ich ihn ansprechen sollte. Als ich ihn fragte, lächelte er mich an und antwortete: „Du darfst mich gerne Adonis nennen. Nur du hast das Recht dazu.“
Ich schluckte, als die Luft um uns herum wieder erdrückender wurde. Wieder ertappte ich mich dabei, dass ich mit meinen Händen durch sein Haar fahren und seine köstlichen Lippen kosten wollte.
„Komm mit, ich möchte dir einige sehr wichtige Personen in meinem Leben vorstellen“, sagte Adonis und nahm meine Hand.
Wir gingen die Treppe hinunter, und alle unterhielten sich. Meine Gedanken konzentrierten sich auf Niya und wo sie steckte. Ich hoffte nur, dass diese Wachen Niya bald finden würden.
„Na, na, na, wen haben wir denn da?“, unterbrach eine unbekannte Stimme meine Gedanken.
Ich hatte gar nicht bemerkt, dass Adonis uns zu einer Gruppe von Leuten geführt hatte. Zwei Männer sahen uns beide mit einem breiten Grinsen im Gesicht an.
Dann trat einer von ihnen vor und lächelte. Er hatte dunkelbraunes Haar; es wirkte beinahe schwarz. Seine ebenfalls braunen Augen strahlten vor Glück.
„Ich bin Evan Clark; ich kann dir gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass dieser Idiot dich endlich gefunden hat.“ Evan schüttelte mir die Hand.
Ich lächelte höflich, und Adonis schüttelte den Kopf. „Das sind meine besten Freunde. Dieser Witzbold hier ist Evan, und der da drüben heißt Gabe Davis.“
„Freut mich, dich kennenzulernen.“ Gabe schüttelte mir die Hand. Sein blondes Haar war ziemlich lang für einen Mann, aber es stand ihm wirklich gut.
Dann trat eine Frau vor. Sie hatte schulterlanges rotes Haar, das ein starker Kontrast zu ihren blauen Augen war. Sie war wunderschön.
„Ich bin Lexi Robinson, Gabes Gefährtin. Ich muss sagen, du siehst einfach umwerfend aus.“ Lexi lächelte.
„Danke, ich liebe dein Outfit“, antwortete ich.
„Wusstest du, dass wir drei schon ewig befreundet sind? Manchmal frage ich mich, wie ich es bis jetzt mit den beiden ausgehalten habe“, erwidert Evan und seufzte dramatisch.
Adonis verdrehte die Augen, und Gabe funkelte Evan an.
„Dabei ist es genau andersherum, Idiot. Ich weiß nicht, wie Gabe und ich es mit dir ausgehalten haben. Wie oft wir deinetwegen schon in Schwierigkeiten geraten sind.“ Adonis schüttelte den Kopf.
„Stimmt. Evan, du bist ein harter Brocken. Deine zukünftige Gefährtin tut mir jetzt schon leid.“ Gabe schüttelte den Kopf.
Ich sah Adonis an, der ein breites Lächeln auf seinem Gesicht hatte. Obwohl wir uns gerade erst kennengelernt hatten, machte es mich aus irgendeinem Grund glücklich, ihn so lächeln zu sehen.
Unsere Gefährtenverbindung stellte jetzt schon ziemlich verrückte Dinge mit meinen Gefühlen an.
„Selbst ich kann kaum glauben, dass die beiden es so lange mit dir ausgehalten haben. Ich meine, Gabe und ich sind erst seit sieben Jahren gepaart, aber das reicht aus, um zu wissen, wie anstrengend du bist.“ Lexi schüttelte den Kopf.
Evan keuchte dramatisch. „Was soll das? Habt ihr es heute etwa alle gegen mich verschworen? Ihr blamiert mich hier gerade vor unserer Königin.“
Die Erwähnung des Wortes ‚Königin‘ ließ mich erstarren. Ich wollte keine Königin sein. Das war zu viel Verantwortung, und wie konnte ich mich nach dem Herzschmerz, den ich erlebt hatte, an eine Person binden?
„Das reicht. Du bist derjenige, der sich hier blamiert. Geh und sorge dafür, dass alle zufrieden sind. Ich werde jetzt die Familie meiner Gefährtin kennenlernen“, sagte Adonis. Plötzlich sah er wieder vollkommen ernst aus.
Evan und Gabe nickten und machten sich auf den Weg, um die Befehle des Königs auszuführen. Adonis nahm sanft meine Hand und schon wieder ließ mich das Kribbeln, was daraufhin folgte, zusammenzucken. Würde das jetzt immer so sein?
Ich weiß nicht, woher er wusste, wer sie waren, aber Adonis machte sich auf direktem Weg auf zu meinen Eltern. Sobald Mom mich sah, umarmte sie mich ganz fest. Die Umarmung einer Mutter machte wirklich immer alles besser.
„Warum weinst du?“, fragte ich und wischte meiner Mutter die Tränen vom Gesicht.
„Weil ich so glücklich bin. Mein kleines Mädchen hat endlich ihren Gefährten gefunden. Jemanden, der sich so gut um sie kümmern wird. Was kann sich eine Mutter mehr wünschen?“, antwortete Mom schniefend.
Dann wandte sie sich an Adonis und lächelte. „Alles, was ich will, ist, dass Sie sich gut um meine Tochter kümmern, mein König. Behandeln Sie sie wie eine Königin.“
Adonis nickte. „Darüber brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Ihre Tochter wird es bei mir immer gut gehen.“
„Wow, meine Prinzessin ist gar keine Prinzessin mehr, sondern eine Königin. Ich kann es nicht glauben.“ Mein Vater zwinkerte mir zu.
„Dad“, flüsterte ich und verdrehte die Augen.
Er lachte und umarmte mich. „Ich möchte, dass du weißt, dass deine Mutter und ich sehr stolz auf die Frau sind, die du geworden bist, Aarya. Jetzt beginnt ein ganz neuer Lebensabschnitt. Genieße es.“
Dads Worte brachten mich fast zum Weinen und mir wurde klar, dass das hier ein Abschied war. Ich wollte meine Eltern nicht verlassen und hierbleiben. Ich wollte zurück nach Hause in mein gemütliches Zimmer.
„Ich werde dich vermissen, kleine Schwester.“ Sai war der Nächste, der mich umarmte.
„Wirst du das wirklich? Oder wirst du es nur vermissen, mich zu ärgern?“, fragte ich und hob die Augenbrauen.
Sai lachte. „Erwischt. Ich werde es wirklich vermissen, dich zu ärgern und auf die Palme zu bringen.“
Dann zog mich Zoya in eine Umarmung. „Ich habe dir ja gesagt, dass du heute wie eine Königin aussiehst. Du bist eine ganz erstaunliche Frau, Aarya, vergiss das nie.“
„Das ist wirklich nicht fair. Ich bin gerade erst zurückgekommen und jetzt verlässt du mich schon, Smiley“, hörte ich plötzlich Carters Stimme hinter mir.
„Du hast doch jetzt eine Gefährtin, die sich um dich kümmert“, erwiderte ich lächelnd.
Carter seufzte und zog mich in eine Umarmung. Ich versuchte wirklich, nicht loszuheulen.
So hatte ich mir den Abend nicht vorgestellt. Selbst in meinen kühnsten Träumen hätte ich mir nicht vorstellen können, dass ich auf diesem Ball meinen Gefährten finden und mich von all meinen Liebsten verabschieden müsste.
„Du weißt, dass ich mich um ihn kümmern werde.“ Diya lächelte.
„Das weiß ich. Ich hoffe, er kümmert sich auch gut um dich.“ Ich sah Carter herausfordernd an.
Er hob die Hände, als ob er sich ergeben würde. „Natürlich, Eure Majestät.“
„Ist das dein Ernst?“ Ich schüttelte den Kopf.
„Aber es stimmt doch; du wirst schon bald Königin sein, und eine sehr gute noch dazu“, antwortete Carter und gab mir einen Kuss auf die Stirn.
Mein Blick blieb an Hunter hängen; er stand hinter Carter. Er sah mich mit einem unleserlichen Gesichtsausdruck an. Lana unterhielt sich mit jemand anderem, aber Hunters Aufmerksamkeit war auf mich gerichtet.
Den ganzen Abend hatte er so getan, als würde ich nicht existieren. Aber die Art, wie er mich jetzt anstarrte, ließ mein Herz schneller schlagen und meinen Atem in der Kehle stocken.
Jetzt, da alle wussten, dass ich einen Gefährten hatte – und zwar den verdammten König – hatte er ein unverkennbares Glitzern in den Augen.
Er war eifersüchtig.
Bei allen Göttern.
Da wusste ich, dass ich in großen Schwierigkeiten steckte.