
Ich mache mich ohne Umwege auf den Weg zurück in meine beschissene Wohnung.
Seine Stimme verfolgt mich. Warum würde er jemanden wie mich wollen? Ich ziehe mir ein übergroßes T-Shirt und eine gelbe Jogginghose an.
Da ich weiß, dass ich erst morgen wieder kochen werde, beschließe ich, eine extra Portion zu machen, die ich später einfach aufwärme. So oder so ähnlich überlebe ich.
Plötzlich spüre ich ein Stechen im Unterleib, aber ich ignoriere es. Vielleicht ist es auch nur meine Periode. Immerhin bin ich eine Woche überfällig.
Ich esse mein Essen und beschließe, Pads zu kaufen. Es ist immer gut, vorbereitet zu sein.
Ich binde mein Haar zu einem unordentlichen Pferdeschwanz und nehme meine perlenbesetzten Masai-Sandalen, die mir mein bester Freund Harry von einer seiner Afrikareisen mitgebracht hat. Er ist Fotograf und reist durch die Welt.
Ich kenne ihn durch meinen Pflegevater. Er ist sein Neffe, und ich liebe ihn wie einen Bruder und behandle ihn wie meinen besten Freund. Ja, ich weiß. Mein Leben ist langweilig und mein Sozialleben ist nicht existent.
Ich hole meine üblichen Pads und Eiscreme, da ich plötzlich Heißhunger auf Eis habe. Ich bin knapp bei Kasse und weiß, ich muss Rechnungen und Miete bezahlen, aber ich kann einfach nicht widerstehen.
Ich versuche dem Hungergefühl nicht nachzugeben, zweimal. Ich stelle mich sogar an, um nur für die Pads zu bezahlen, gehe aber zurück und beschließe einfach, welche zu holen. Vergiss die Rechnungen und die Miete. Ich habe jetzt Heißhunger auf Eiscreme.
„Meine Güte, du hast dich endlich dazu entschieden, welche zu holen.” Die Frau mittleren Alters am Schalter lacht amüsiert. Ich kann nicht anders, als rot zu werden, wie dumm ich ausgesehen haben muss.
„Deswegen musst du dich schämen, Schätzchen. Hungerattacken sind in der Schwangerschaft normal.”
„Ich bin nicht schwanger. Eigentlich bin ich deswegen hier.” Ich zeige ihr die Pads und sie lächelt mich entschuldigend an.
„Oh Schätzchen! Das wäre das erste Mal, dass ich mich bei einer Schwangerschaft geirrt habe. Tut mir leid, ich habe es angenommen.”
Ich schenke ihr ein kurzes Lächeln, bezahle und nehme meine Tasche.
Ich spüre wieder die Schmerzen im Bauch und eile nach Hause, um ein Schmerzmittel zu nehmen. Aber als ich die Tür öffnen will, merke ich, dass ich blute - es ist eine Menge
Blut.
Ich greife nach unten, berühre das Blut und hebe meine Hand, um es besser sehen zu können. Nein. Periodenblut sieht anders aus. Der Schmerz kommt zurück und ich greife nach meinem Bauch.
Ich stoße einen kurzen Schrei aus und im nächsten Moment spüre ich, wie jemand versucht, mich hochzuheben, auch wenn ich mich dagegen wehre.
Ich werde zu einem Auto gebracht und nachdem ich drinsitze, spüre ich, dass es sich bewegt, aber ich habe zu große Schmerzen, um zu hinterfragen, was passiert ist.
Nach einer Weile - es kommt mir wie Tage vor - versuchen einige Krankenschwestern, mich aus dem Auto zu ziehen und auf eine Trage zu heben. Das war, als die Dunkelheit mich verschlang.
Das Nächste, was ich wahrnehme, ist ein piepender Ton neben mir. Ich versuche, meine Augen zu öffnen, aber der Raum ist von einem hellen Licht erfüllt und ich muss meine Augen schnell schließen, damit sie sich daran gewöhnen, bevor ich ein weiteres Mal versuche, sie zu öffnen.
Nachdem meine „Augen öffnen” Mission erfolgreich war, sehe ich, dass ich mich in einem weißen Raum befinde. Ein Krankenhauszimmer. Ich habe Schläuche in meinem Körper stecken.
Ich schaue mich um und sehe einen Mann, der auf einer unbequem aussehenden Couch schläft.
Eine Krankenschwester tritt ein, sie trägt Medikamente und Spritzen auf einem Tablett.
„Ich sehe, Sie sind wach. Wie geht es Ihnen? Haben Sie Schmerzen?”
Ich versuche zu antworten, aber meine Kehle ist zu trocken. Sie bemerkt das und gießt etwas Wasser in einen Becher mit Trinkhalm und hält mir den Trinkhalm vor die Lippen.
„Das passiert - Sie haben einen Tag lang nicht geredet und nichts gegessen.”
Ich bin also schon seit einem Tag hier. Ich nicke ihr zu. Sie scheint nett zu sein.
„Ich habe nur diese Kopfschmerzen. Der Schmerz ist nicht sehr stark, aber ich könnte ein Schmerzmittel gebrauchen.”
Wir reden noch ein bisschen und der Mann rührt sich. Wir haben ihn aufgeweckt. Er kommt zu mir ans Bett. Meine Augen weiten sich ein wenig, als ich merke, dass es Herr Brown ist. Mein Nachbar, der nie mit mir spricht.
„Herr Brown.” Das klingt wie eine Feststellung. Ich werfe ihm einen verwirrten Blick zu, da ich nicht verstehe, was er hier macht.
„Du bist wach. Ich habe dich weinend vor deiner Tür gefunden. Du hast geblutet.”
Das war er! Er war derjenige, der mich hochgehoben hatte, ich hatte zu große Schmerzen, um es zu bemerken. Dann fällt mir alles wieder ein. „Warum habe ich geblutet? Hat der Arzt etwas gesagt?”
Herr Brown seufzt und reibt sich mit den Händen das Gesicht. Er sieht richtig gut aus, jetzt, wo ich ihn mir genauer angeschaut habe. Sein lockiges braunes Haar ist unordentlich, obwohl es mit Gel gestylt ist, wie immer.
Er hat tiefblaue Augen, die mich an etwas oder jemanden erinnern, den ich nicht einordnen kann. Sein Gesichtsausdruck ist jedes Mal ernst, wodurch er ein wenig arrogant wirkt.
Ein anderes arrogantes Gesicht, das mir kürzlich begegnet ist, kommt mir in den Sinn und ich verdrehe die Augen. Ich schaue Herrn Brown an und sehe, wie er ein verwirrtes Gesicht macht, und ich verstehe, dass es so aussah, als hätte ich die Augen verdreht.
„Tut mir leid. Dein Gesicht eben, hat mich an jemanden erinnert.” Ich schenke ihm ein Lächeln.
Er nickt. „Ich werde die Ärztin holen, damit sie mit dir reden kann. Übrigens, ich kenne niemanden, der dir nahesteht, deswegen habe ich mich als dein Cousin ausgegeben.”
Was? Warum sollte er das tun? Wir reden kaum miteinander. Ich danke ihm, bevor er geht, um den Arzt zu suchen.
Ich lehne mich im Bett zurück und versuche, mich zu entspannen; meine Muskeln sind so steif. Ich denke darüber nach, wie nett Herr Brown zu mir ist. Ich hätte niemals erwartet, dass er sich so verhält. Ich kenne nicht einmal seinen Vornamen!
Das ist das zweite Mal, dass er mich innerhalb kurzer Zeit gerettet hat, obwohl wir nie miteinander reden. Er lebt so zurückgezogen, dass ich ihn fast nie sehe.
Ich schätze, ich werde ihn wohl zum Essen einladen oder ihm zum Dank einen Kuchen backen müssen.
Herr Brown kehrt mit einer Frau in einem weißen Kittel zurück, ich vermute, sie ist Ärztin.
„Hallo Frau Styles. Ich bin Ihre Ärztin, Talia Greene.” Sie bleibt neben mir stehen, in ihrer Hand hält sie eine Akte, auf der mein Name steht.
„Sie waren zwanzig Stunden bewusstlos. Sie haben zeitweise vor Schmerzen gestöhnt, wir konnten Ihnen helfen, indem wir Ihnen ein paar starke Schmerzmittel verabreicht haben.
„Wir mussten auch Ihre Blutung stoppen. Wir mussten eine Bluttransfusion durchführen, weil Sie viel Blut verloren hatten.” Sie schaut von der Akte auf und wendet ihren Blick Herrn Brown zu, ehe sie wieder zu mir schaut.
„Eigentlich war es Ihr Cousin, Steven Brown, der das Blut gespendet hat. Er ist B-positiv.”
Sein Name war also Steven Brown. Schön. Vielleicht…
„Er hat sein Blut gespendet?” Meine Augen sind weit offen, dass es sich anfühlt, als würden mir die Augen herausspringen.
„Ja. Anscheinend gab es einen Engpass und es war ein Notfall, also hat er seines angeboten. Ist das ein Problem?”
Ich schüttele den Kopf und stelle fest, dass es nicht schmerzt. „Danke, Steve.” Ich schenke meinem „Cousin” ein breites Lächeln, und er erwidert es aufrichtig nach einem kurzen Zögern.
Es scheint, die Leute lächeln ihm nicht oft zu. Ich äußere mich allerdings nicht dazu.
„Also warum habe ich geblutet, Doc? Ich hatte Bauchkrämpfe und wusste, dass ich meine Periode bekommen sollte, aber ich hätte nie erwartet, dass ich so viel Blut verlieren würde.
„Seltsam ist nur, dass meine Periode eine Woche zu spät kam. Könnte es daran liegen, dass ich vor einem Monat meine Jungfräulichkeit verloren habe?” Ich habe wieder angefangen zu schwafeln. Ich bin nervös - ich hasse es, krank zu werden.
Ich weiß außerdem, dass ich kein Geld für Krankenhausrechnungen habe, also vermeide ich es grundsätzlich, Krankenhäuser aufzusuchen.
Dr. Greene schenkt mir ein entschuldigendes Lächeln. „Sie haben es nicht gewusst, oder?”
Ich runzle die Stirn und schaue auf Herrn Brown, der einen nicht näher definierbaren Ausdruck auf seinem Gesicht hat.
„Sie sind in der fünften Woche schwanger.”
Alles wird wieder schwarz, ich werde ohnmächtig.