
Mason Spin-Off: Impuls
Keelin war einst das strahlende It-Girl, das alle anhimmelten – bis ein Skandal ihre Welt zerstörte. Jetzt ist sie entschlossen, ihr Leben nach ihren eigenen Regeln zu führen, fernab der glitzernden Salons, die sie einst definierten. Doch als ein fremder Mann mit smaragdgrünen Augen ihr in den Weg tritt, reicht ein einziger Tanz, um die Mauern um ihr Herz ins Wanken zu bringen.
Sebastian ist alles, wovor sie sich immer gewarnt hat: beständig, verführerisch und auf beunruhigende Weise charmant. In einer Welt, in der Liebe alles kosten kann, muss Keelin sich entscheiden – ist es Wahnsinn, ihr Herz erneut aufs Spiel zu setzen? Oder die Erlösung, auf die sie unbewusst gewartet hat?
Kapitel 1
Mason: Spin-Off
KEELIN
Die Stille war das Schlimmste.
Nicht die Kälte. Nicht die Scheinwerfer, die durch die dunkle Nacht schnitten.
Nicht die Übelkeit, die ihre Kehle hochkroch, oder der Schmerz in ihrer Hand, an der Stelle, wo die Haut aufgeplatzt war. Es war die Stille. Die Nacht war so still. Es fühlte sich an, als hätte die Nacht alles verschluckt. Jeden Schrei, jeden Atemzug, jedes Geräusch, das eigentlich hätte laut sein müssen, es aber nicht war.
Keelin stand mitten auf der Straße. Kaltes Wasser sickerte in ihre Schuhe. Ihr Kleid war nass und klebte an ihren Beinen. Ihr Atem ging flach und schnell, als würden ihre Lungen ihren Dienst verweigern.
Sie starrte in die Scheinwerfer, während ihr Herz wild in ihrer Brust hämmerte. Alles war zu laut. Zu hell. Zu viel.
Das Auto stand schräg hinter ihr, der Motor knatterte vor sich hin und ein Scheinwerfer flackerte, als würde er gleich den Geist aufgeben. Die Tür stand offen. Die Schlüssel steckten noch.
Ihre Beine zitterten. Aber ihre Hände? Die funktionierten nicht. Sie hingen einfach an ihren Seiten herab, feucht von Schweiß und vielleicht Blut.
Ein lauter Ruf erschütterte sie, bevor sie sich bewegen konnte.
„Ma'am! Bleiben Sie stehen!“
Sie bewegte sich nicht. Sie konnte nicht.
Jemand berührte ihre Schulter und sie zuckte heftig zusammen. Sie drehte ihren Kopf zur Seite, als eine Taschenlampe ihr ins Gesicht leuchtete und jemand legte ihr eine Decke um. Jemand anderes begann, Fragen zu stellen, die sie nicht beantworten konnte.
Ihre Kehle schmerzte. Ihre Lippen wollten sich nicht öffnen.
Da war etwas in ihrem Mund. Sie wusste nicht, ob es Dreck oder Schuld war. Ihr Verstand raste. Es fühlte sich an, als würde sie sich nicht mehr in ihrem Körper befinden.
Und dann hörte sie ihn. Ihren Vater.
„Keelin.“
Er rannte nicht zu ihr und er fragte auch nicht, ob es ihr gut ging. Er musterte sie nur von oben bis unten, als würde er etwas abwägen.
Er trat zwischen sie und die Sanitäter, als hätte er jedes Recht dazu. „Du sagst nichts“, sagte er leise. „Hörst du mich?“
Sie blinzelte.
Sein Kiefer spannte sich an. „Du sprichst nicht, bis ich es dir sage.“
Sirenen. Funkgeräte. Taschenlampen.
Ihr Magen rebellierte. Seine Stimme erklang erneut.
„Alles wird gut. Ich werde das regeln. Ich werde es in Ordnung bringen.“
Der Wind wurde stärker und ihre Finger verkrampften sich unter der Decke.
Sie sah auf sie hinab. Weiß. Leer. Rot.
Sie drehte sich zurück in Richtung Straße, aber sie sah nichts mehr.
Nicht die Lichter. Nicht die Gestalt.
Nicht den Körper.
SEBASTIAN
Sebastian Campbell ließ seine Finger langsam über den nackten Rücken seiner neuesten Bettbekanntschaft gleiten. Seine Berührung war federleicht. Gerade genug, um sie zu necken, aber niemals genug, um ihr zu geben, was sie wollte. Er wusste, genau wie sie es mochte. Ihr nicht genug Druck zu geben, verstärkte ihre Lust.
Sie war seine Favoritin, offen für Leidenschaft in all ihren Facetten und bereit dazu, jede Spielart der Lust auszuprobieren. Deshalb suchte er ihre Nähe.
Er schob ihr blondes Haar zur Seite und drückte seine Lippen in die Kurve ihres Nackens. Seine Finger wanderten ihren Arm hinab. Als sie sich leicht bewegte und ein kleines Geräusch von sich gab, lächelte er nur.
Aber dabei blieb es nicht. Er ließ seine Hand unter die Laken gleiten und wanderte damit über ihren Bauch und ihre Beine, bis sie nicht länger so tun konnte, als würde sie schlafen.
Als sie ihre Augen endlich öffnete, lächelte sie. Sie beeilte sich nicht und griff auch nicht nach ihm. Sie ließ ihn einfach weiter erkunden.
Sebastian kannte sich mit dem Körper einer Frau bestens aus. Frauen waren für ihn eine Art Kunst. Er behandelte sie mit Respekt und ging behutsam mit ihnen um.
Er gab ihnen das Gefühl, begehrt zu werden. Im Gegenzug gaben sie ihm das Gefühl, mächtig zu sein. Frauen waren nie ein Problem für ihn gewesen. Sie lagen ihm zu Füßen und wollten mit Schottlands begehrtestem Mann zusammen sein.
Er wusste, dass viele ihn genauso benutzten, wie er sie. Aber das störte ihn nicht. Es war ein fairer Handel. Lust gegen Lust. Keine Verpflichtungen. Keine Versprechen.
Wandernde Hände, neckende Finger und hart küssende Münder. Sie schrien seinen Namen, als wäre er etwas Besonderes für sie. Und genau das liebte er.
Diese Frau, seine neueste Partnerin, die er im Fitnessstudio aufgegabelt hatte, war wild. Sie wusste wie keine andere, wie sie ihn stöhnen und knurren lassen konnte.
Als sie sich auf ihn setzte und ihn langsam und tief küsste, lachte sie triumphierend, woraufhin er stöhnte und sie auf den Rücken drehte.
Seine Hand wanderte zwischen ihre Beine, während er sie erneut küsste. Er ließ sich Zeit und brachte sie dazu, seinen Namen immer wieder hinauszuschreien. Das war alles, was es war. Leidenschaft. Aufregung. Mehr nicht.
Es gab keine geflüsterten Liebesworte. Keine falschen Versprechen. Nur zwei Menschen, die taten, was sie am besten konnten.
Sebastian hasste Etiketten. Liebe und Verpflichtung? Das waren seiner Meinung nach schlechte Dinge. Er genoss es zwar, schlechte Dinge zu tun, aber diese beiden? Von denen hielt er sich lieber fern.
Mit seinen siebenundzwanzig Jahren hatte das Leben ihm wenig mehr zu bieten als Vergnügen.
Der Raum füllte sich mit Stöhnen und Grunzen, bis sie schließlich atemlos ineinander verschlungen zusammensanken. Ein leises Lachen entwich der Frau unter ihm. Ihr gerötetes Gesicht war von zerzaustem blondem Haar umrahmt, das sich auf seinem Kissen ausbreitete.
Er lächelte und senkte den Kopf, um sie erneut zu küssen.
Plötzlich flog die Tür zu seinem Schlafzimmer auf.
Die Frau unter ihm zuckte zusammen und ihre großen, braunen Augen weiteten sich. Sebastian stöhnte. Am Duft des Parfüms, das den Raum erfüllte, erkannte er sofort, wer es war.
Er ließ seine Stirn auf die der Frau sinken, bevor er sich auf den Rücken rollte. Er machte sich nicht einmal die Mühe, sich zu bedecken. Schamhaftigkeit war ihm schon immer fremd gewesen.
Die blonde Frau zog die Bettdecke über sich. Sebastian stützte sich auf einen Ellbogen und lächelte träge.
„Schockierend“, sagte sein ungebetener Gast. „Ich hätte nicht erwartet, dich mit jemandem im Bett zu erwischen.“
Der Sarkasmus war unüberhörbar. Sebastian ließ ein müdes Seufzen erklingen, als Olivia Campbell, seine Cousine und professionelle Nervensäge, angewidert wegsah. Sie schnappte sich sein Shirt vom Boden und warf es ihm zu.
„Bedecke dich, bitte. Das Letzte, was ich brauche, ist das Bild vom Schwanz meines Cousins für den Rest meines Lebens in meinem Kopf.“
„Vielleicht hättest du nicht reinkommen sollen, wenn du wusstest, dass ich nicht allein bin“, gab er zurück.
Livs Gesicht blieb unbeeindruckt, als sie sich der Blonden neben ihm zuwandte.
„Ich hoffe, du hattest eine schöne Nacht“, sagte sie ruhig, aber mit einer deutlichen Schärfe in der Stimme. „Es tut mir leid, aber zieh dich an und geh. Mein Cousin und ich müssen reden.“
Sebastian runzelte die Stirn und hielt die Blondine mit einem Arm fest.
„Ich denke, diejenige, die gehen muss, bist du, Schätzchen. Wir können reden, wenn ich bereit dazu bin.“ Er wies sie mit einem Blick zurück, bevor er sich wieder der Frau in seinem Bett zuwandte und ihr einen Kuss auf die Stirn drückte.
Liv, die nie nachgab, ging zum Bett. Sie ignorierte Sebastians ungläubigen Gesichtsausdruck.
Bevor er reagieren konnte, packte sie die Blondine am Handgelenk und zog sie zum Bettrand. Es kümmerte sie nicht, dass die Bettdecke verrutschte und nackte Haut freigab.
Sebastian setzte sich auf und sein Gesicht verdüsterte sich. Aber Liv hob nur das Kinn der Frau an und sah ihr direkt in die Augen.
„Ich sage das, weil ich denke, dass du etwas Besseres verdient hast“, sagte sie. Ihre Stimme war sanft, aber nicht freundlich. „Mein Cousin ist ein Arschloch. Du bist nichts weiter als ein Spielzeug für ihn, bis er sich langweilt. Und wenn er seine Freunde trifft, wird er ihnen alles über eure lustige Nacht erzählen. Er wird sie beurteilen und sie werden bei ein paar Drinks darüber lachen. Und ehe du dich versiehst, hast du in ihren Augen jeglichen Respekt verloren.“
Stille.
Das Gesicht der Blondine veränderte sich. Erst Wut, dann Scham und schließlich etwas anderes. Etwas wie Dankbarkeit.
Sebastian wusste, dass es vorbei war, bevor sie sich überhaupt rührte.
Wortlos stieg sie aus dem Bett – nackt. Sie sah ihn kein einziges Mal an, als sie ihre Kleider und ihre Handtasche schnappte.
„Du bist ein Arschloch“, sagte sie, bevor sie hinausstürmte. Sebastian starrte ihr nach. Dabei entwich ihm ein leises Seufzen.
„Das war nicht nötig, Liv“, sagte er leise. Wut regte sich in seinen Augen.
Liv lächelte. Sie sah viel zu zufrieden mit sich selbst aus, als sie ihm seine Shorts ins Gesicht warf.
„Du kannst manchmal eine richtige Zicke sein“, beschwerte er sich und zog sich an. „Und langsam reicht es mir mit dir.“
„Ja, ja, wie auch immer.“ Sie verschränkte die Arme, als er sich an seiner Minibar einen Drink einschenkte. Sie beobachtete, wie er sich gegen die Theke lehnte und langsam daran nippte.
„Ich brauche deine Hilfe.“
Sebastian warf den Kopf zurück und lachte. Er ging zu den Balkontüren. Sonnenlicht fiel herein, als er tief ausatmete und ihr einen Blick zuwarf.
„Ja, ich glaube nicht, dass ich das tun werde. Vielleicht hättest du zweimal überlegen sollen, bevor du meinen Gast rausgeworfen hast. Das war ziemlich unhöflich.“
„Wenn jemand gestern Abend meine Anrufe und Nachrichten beantwortet hätte, wäre ich nicht hier“, fauchte sie.
Sebastian grinste. Er erinnerte sich daran, wie oft sein Handy am Abend zuvor geklingelt hatte.
„Liv, ich war beschäftigt. Deine Anrufe zu beantworten, war das Letzte, woran ich gedacht habe.“
Sie holte etwas aus ihrer Tasche und reichte es ihm. Es war eine blaue Karte.
Er nahm sie mit verwirrtem Blick entgegen und stellte sein Glas ab, um sie anzusehen. In dem Moment, als er las, was darauf stand, brach ein Lachen aus ihm heraus.
„Das ist nicht lustig!“
„Was ist daran nicht lustig, zur Verlobungsfeier deines Ex eingeladen zu werden? Das ist verdammt genial. Gehst du hin?“
„Dieser Scheißkerl hat das absichtlich gemacht!“, sagte sie wütend. „Er denkt, es interessiert mich, dass er weitergezogen ist. Als würde ich meine Zeit damit verschwenden, ihm nachzuweinen.“
Sie hob das Kinn. „Aber wenn er erwartet, dass ich zu Hause herumsitze, irrt er sich gewaltig.“
Sebastians Lächeln wurde breiter. „Du willst doch nicht etwa, dass ich so tue, als wäre ich dein Freund, oder?“
Sie warf ihm einen scharfen Blick zu. „Nein, du Idiot. Du hast ihn doch kennengelernt, erinnerst du dich?“
Er tat so, als würde er nachdenken. „Habe ich das? Mein Gehirn ist ganz benebelt, wenn es um dich geht.“
Sebastian verdrehte die Augen. „Warum willst du überhaupt hingehen? Du musst nicht zur Verlobungsfeier deines Ex-Verlobten gehen.“
„Ich will ihm zeigen, dass ich das beste Leben ohne ihn lebe.“
„Bist du sicher? Du klingst ziemlich aufgebracht deswegen.“
Livs Augen funkelten. Sebastian machte schnell einen Schritt zurück und hob die Hände als Zeichen der Kapitulation.
„Du kommst mit mir“, sagte sie bestimmt.
Sebastian seufzte. „So sehr ich dich auch liebe, Liv, morgen geht es nicht bei mir. Ich habe ein Meeting mit Kunden aus Hongkong.“
Sie verengte die Augen. „Haben diese Kunden Titten und Mu…„
Er schnaubte. „Ich bin mir nicht sicher.“
„Ich kann nicht glauben, dass du mich für bedeutungslosen Sex hängen lässt. Ich dachte, ich könnte mich bei allem auf dich verlassen, aber anscheinend nicht.“
Olivia drehte sich wütend um, um sein Zimmer zu verlassen. Sebastian wusste, wenn er sie nicht beruhigte oder versuchte zu tun, was sie wollte, würde er eine beschissene Woche haben.
„Olivia.“
„Was?“, fragte sie fordernd, nachdem sie sich umgedreht hatte.
„Ich hasse dich wirklich.“
Sie verzog ihren Mund zu einem breiten Lächeln. Jedes Mal, wenn Sebastian sagte, dass er sie hasste, bedeutete das, dass er zugestimmt hatte zu tun, was sie verlangte.
„Danke, Liebling. Es gibt einen Grund, warum du mein Favorit bist.“ Sie formte einen Kussmund und warf ihm eine Kusshand zu, bevor sie zur Tür ging.
Sebastian stöhnte. Es würde ein langer Tag werden.










































