Sapir Englard
Das Schlimmste, was passieren konnte? Oh, Michelle. Du hast ja keine Ahnung, dachte ich. Wir hatten gerade geparkt und näherten uns den hohen Flügeltüren des Rudelhauses. Alle hatten sich in Schale geschmissen. Mit jedem Schritt spürte ich, wie mein Untergang näher rückte.
Ich wollte mich umdrehen und nach Hause sprinten.
Ja, sogar in Pumps. So verzweifelt war ich.
„Das wird unser Ansehen im Rudel verbessern“, sagte Mama, ohne auf mich zu achten. „Ich kann es kaum erwarten, den Alpha zu treffen. Ich schwöre, wenn ich ein paar Jahre jünger wäre ...“
„Mama, bitte“, flehte ich. „Hör auf.“
Zum Glück war meine Mutter schnell wieder abgelenkt und ich musste nicht erklären, warum ich wollte, dass sie den Mund hielt.
Der hitzige Rausch erfasste mich schon wieder. Den ganzen Tag hatte ich versucht, ihn zu unterdrücken, aber jetzt ... jetzt entschied er, dass es ein guter Augenblick war, um meinen Körper zu überfallen.
Gerade jetzt, wenn wir an dem Dinner teilnehmen. Bitte, flehte ich meinen Körper noch mal an. ~Ich habe jetzt keine Zeit für so was~.
Fick dich, fauchte dieser zurück. O Mann, jetzt führte ich schon Selbstgespräche mit meinem Körper. Was für ein Trauerspiel. Diese verdammte Hitze.
Eine menschliche Empfangsdame begrüßte uns und führte uns in den Speisesaal. Kronleuchter, alte Porträts ehemaliger Alphas und ein Dutzend Tische, die mit schwerem Silberbesteck gedeckt waren. Wie für Könige, nicht fürs Fußvolk wie uns. Als wir uns hinsetzten, bemerkte ich, dass unser Tisch dem des Alphas am nächsten war.
Zufall? Ich erinnerte mich an Jeremys seltsamen Blick, als er die Einladung zu uns nach Hause brachte. Ich verwarf den Gedanken wieder. Ja. Es war ein Zufall. Es musste so sein.
Von meinem Platz aus hatte ich endlich eine gute Aussicht, um die anderen Frauen zu begutachten.
Ich war definitiv nicht die Hübscheste, soviel war klar. Es gab andere junge Damen, ungefähr im Alter des Alphas, Ende zwanzig, die einfach unglaublich aussahen. Mit ihren langen, schlanken Beinen, ihren vollen, schmollenden Lippen und ihren funkelnden goldenen Augen. Mir war klar, dass ich mich nicht vergleichen konnte.
Ich war kurvig, das feuerrote Haar fiel mir wild über den Rücken und die eisblauen Augen waren weniger ... konventionell, könnte man so sagen. Aber ich wusste auch, dass ich meinen Mangel an Klasse mit roher Intensität wettmachte.
Niemand im ganzen Saal strahlte mehr als ich. Ob ich wollte oder nicht.
„... was macht ein Mädchen wie die hier?“, hörte ich eine der Frauen ihren Freunden zuflüstern. Sie kicherten.
Gehässige Alte.
Die waren doch selber nicht besser. Fühlten sich nur so toll. Ich wusste genau, wer ich war. Auf jeden Fall eine Wölfin, die auf den Knien darum bettelte, von einem wichtigen Rudelhauswolf geritten zu werden.
Ich hatte Prinzipien. Irgendwo da draußen war ein Partner, auf den es sich zu warten lohnte. Jemand, der mir in die Augen schauen und mich wirklich sehen würde. Jemand, der mich auf den ersten Blick lieben würde. Und ich ihn.
Hier im Rudelhaus? War nichts in dieser Richtung zu sehen.
Ich überlegte, ob ich wieder gehen sollte, als ich bemerkte, dass einer der Jungen an einem anderen Tisch auf mein Dekolleté starrte. Ich wusste nicht genau warum, aber ich fühlte mich geschmeichelt. In dem Augenblick stolzierte eine Frau durch die Tür und der Blick des Jungen wanderte sofort zu ihr.
Alle, auch die Frauen, starrten sie an. Gebräunt, groß, mit einem schwanenähnlichen Hals, trug sie das rote Kleid mit der Anmut einer Königin, nicht der eines Werwolfs.
„Das ist sie!“, flüsterte Selene. „Das ist Jocelyn, Aiden Norwoods Ex. Und da ist ihr neuer Mann.“
Neben Jocelyn stand ein gut aussehender Mann mit blonder, stacheliger Frisur, den jeder kannte. Er war der Beta des Alphas, die Nummer zwei. Josh Daniels. Er küsste sie auf die Wange und setzte sich neben den Platz des Alphas.
Ich fragte mich, ob er und Aiden wohl noch Freunde sind, seitdem Josh mit Jocelyn zusammen ist. Mir blieb keine Zeit, weiter darüber nachzudenken, denn Selene und Jeremy nahmen mich bei der Hand und führten mich zu ihnen.
Was?!
Warum?
Ich hatte nicht darum gebeten, irgendjemandem vorgestellt zu werden.
„Jocelyn, du siehst wie immer wundervoll aus“, gurrte Selene.
„Ach, Selene, du schmeichelst mir. Du siehst absolut umwerfend aus in deinem Kleid“, erwiderte Jocelyn. „Und wer ist diese ausgesprochen hübsche junge Frau? Deine Schwester?“
Jocelyn griff nach meiner Hand und ich fühlte mich plötzlich von der wärmsten, heilsamsten Energie erfüllt, die man sich vorstellen kann. Sogar die Hitze in mir wurde schwächer.
„Es freut mich, dich kennenzulernen.“ Sie lächelte. „Ich bin Jocelyn.“
„Sienna“, brachte ich gerade so heraus.
Durch diese Berührung wusste ich, dass Jocelyn eine Heilerin sein musste. Trotz ihrer Schönheit war sie doppelt so nett wie die meisten Frauen hier. Aber bevor wir weitersprechen konnten, wurden wir von unterdrückten „Ahs “ und „Ohs “ unterbrochen.
Ich drehte mich um und sah, wie der Star der Party, Aiden Norwood, Alpha des Ostküsten-Rudels, den Speisesaal betrat.
Er trug einen teuren Smoking mit einer dunkelgrünen Krawatte, die das Grün in seinen goldenen Augen noch deutlicher hervorbrachte. Sein rabenschwarzes Haar war zerzaust, als wäre er gerade aus dem Bett gestiegen. Ein aggressives Grinsen umspielte den Mund.
Ich musste zugeben … allein sein Anblick reichte aus, um ein Mädchen feucht werden zu lassen.
„Willkommen, meine Rudelmitglieder“, sagte er, unfähig, das leichte Knurren in seiner Stimme zu verbergen. „Das Abendessen beginnt in Kürze. Bitte nehmt Platz.“
Was er sagte, war schlicht und höflich, trotzdem fühlte ich einen bedrohlichen Unterton in jedem Wort. Das machte mich nervös. Es machte mich hungrig.
Es lockte die Hitze aus ihrem vorübergehenden Schlaf.
Mit einem schiefen Grinsen drehte der Alpha sich zu seinem Tisch um. Ich konnte es kaum ertragen.
Blitze zuckten durch meinen Körper und schlugen zwischen den Schenkeln ein. Meine Kehle wurde trocken, die Wangen waren rot vor Hitze und ich musste mir auf die Lippe beißen, um nicht nach Luft zu japsen.
Reiß dich zusammen!, schrie mein Kopf. ~Du wirst nicht hier vor aller Augen ausrasten, verstanden?~
Aiden setzte sich neben Josh und Jocelyn. Zu meiner Überraschung plauderte er freundlich mit beiden.
Die Gerüchte stimmten also nicht. Das war es nicht, was ihn quälte. Was dann?
Ich fühlte mich wie in einer Folterkammer. Die Hitze zerriss mich ganz allmählich.
Es war allgemein bekannt, dass ein alleinstehender Werwolf während der Paarungszeit erschnüffeln konnte, ob jemand in seiner Nähe in Hitze war.
Wenn ich nicht aufpasste und die Hitze in mir die Kontrolle übernahm, würden die partnerlosen Männer mich riechen.
Alles, nur das nicht, betete ich im Geiste. ~Ich könnte die Demütigung nicht ertragen~.
In der Öffentlichkeit zu zeigen, dass du in Hitze bist, war, als würdest du die Welt einladen, dich bis zur Bewusstlosigkeit zu vögeln.
Als der erste Gang serviert wurde, schnüffelte der partnerlose Werwolf, der unseren Tisch bediente, an mir. Seine Augen leuchteten hell, was bedeutete, dass ich anfing, den Duft der Hitze auszustrahlen.
Mit brennendem Gesicht kniff ich warnend die Augen zusammen und hielt seinem Blick stand, um ihm zu zeigen, dass ich nicht interessiert war. Er war süß, versteh mich nicht falsch, aber ich habe nicht so lange ausgeharrt, um mit einem Kellner auf einer Dinnerparty …
Er wich sofort zurück - kluger Kerl - und nahm Abstand von mir.
Ich wollte gerade aufatmen, als ich spürte, dass mich jemand ansah. Ich wagte nicht, hochzuschauen. Dieser Blick hatte, wo immer er herkam, eine starke Anziehungskraft.
Das schien meine Hitze noch weiter zu entfachen, um ein Vielfaches. Es machte mich noch geiler, wenn das überhaupt möglich war.
Ich quiekte leise, konnte es kaum ertragen. Mein Höschen war plötzlich feucht und der Magen krampfte sich zusammen und jeder andere Muskel auch.
„Wirst du nichts essen?“
Ich zuckte zusammen, als Mama mich ansprach. Ich drehte mich zu ihr um und lächelte angespannt. Ich nickte und biss die Zähne zusammen.
„Gleich.“
Mama, die meinen Schmerz nicht bemerkte, zuckte die Achseln und biss in ihren Lachs. Er sah köstlich aus, aber mein Hunger war auf etwas anderes fixiert, nicht auf Essen.
Der Blick war immer noch auf mich gerichtet. Ich konnte es spüren. Und schlimmer noch, jetzt konnte ich fühlen, wie andere mich ebenfalls anstarrten. Mein Geruch wehte durch die Halle, zog die Aufmerksamkeit jedes Wolfes auf sich und verlangte nach Linderung.
Ich hatte keine Wahl.
Ich musste raus.
Jetzt.
Ich stand auf, murmelte ein angespanntes „Entschuldigung“, ließ meinen Schal am Tisch zurück und floh so schnell ich konnte aus dem verdammten Speisesaal.
Ich wusste, dass es gegen die Regeln verstieß, sich mitten beim Essen zu entschuldigen, besonders in Gegenwart des Alphas. Es war eine Beleidigung für seine königliche Hoheit.
Das war mir scheißegal.
Ich hastete zur Toilette. Zum Glück war niemand da. Ich schloss die Tür ab und lehnte mich schwer atmend gegen die Wand. Die dünne Seidenschicht, die mich bedeckte, war schon zu viel für mich. Mein Höschen war zu viel. Alles war zu viel.
Schnell zog ich das Kleid bis zu meiner Taille hoch. Ich schob die Hand in das Höschen. Als ich die Finger auf meine Klitoris legte, explodierte ich fast. Ich begann zu massieren und konnte nicht aufhören. Die Hitze war überall. Drinnen und draußen, mich verzehrend.
Ich hatte vorher schon oft masturbiert. Es war der einzige Weg, durch die Paarungszeit zu kommen, ohne den Verstand zu verlieren. Aber ich hatte es immer in der Privatsphäre meines Schlafzimmers getan. Nie in Anwesenheit so vieler hungriger Wölfe. Niemals auf dem Klo des verdammten Rudelhauses.
Als ich die feuchten Schamlippen berührte, stöhnte ich. Es ging nicht anders. Die Spannung, das Bedürfnis, das Feuer, es war qualvoll. Ich würde explodieren - diesmal wirklich.
Da hörte ich etwas. Die Tür zur Damentoilette öffnete sich und der Hall von Schritten auf dem Fliesenboden kam näher. Nicht das scharfe Klacken von Frauenschuhen. Der leise dumpfe Schlag von … Herrenschuhen.
Ich erstarrte. Mein Herz schlug wie verrückt.
Gerade, als ich den Eindringling anschreien wollte, dass er mich in Ruhe lassen solle, schlug mir eine tiefe, raue Stimme entgegen.
„Ich kann deine Erregung riechen, Frau.“
Mein Atem stoppte. Oh. Scheiße. Der Alpha stand direkt vor der Tür.