L. S. Patel
Adonis packte Hunter fest am Kragen und erwürgte ihn beinahe mit seinem festen Griff.
Seine andere Hand lag auf seiner Brust, als würde er Hunter ohne Weiteres mit bloßen Händen das Herz herausreißen wollen.
Wenige Augenblicke zuvor hatte ich noch mit Adonis getanzt, ihn im Arm gehalten und mich über meine eigene Anziehung zu ihm gewundert.
Aber jetzt sah ich ihn als das, was er wirklich war.
Eine Bestie.
Ich konnte nicht glauben, dass jemand wie er, wirklich mein Gefährte war. Und ich konnte auch nicht zulassen, dass er Hunter etwas antat.
„ADONIS …“, rief ich.
Ich rannte los und versuchte, ihn von Hunter herunterzuziehen. Aber ich hätte genauso gut versuchen können, einen Berg zu verschieben. Er bewegte sich kein Stück.
„Adonis, bitte tu ihm nicht weh. Er hat nichts getan.“
„Ich bin der König“, sagte Adonis mit zusammengebissenen Zähnen. „Ich tue, was ich will.“
Seine Augen glühten noch immer vor Wut. Ich war mir sicher, dass er sich jeden Moment verwandeln würde, und dann wäre Hunter wirklich ~erledigt.~
Ich erwartete ununterbrochen, dass Hunter etwas sagen würde, aber er schwieg. Er wusste es besser, als dem König zu widersprechen. Ganz im Gegensatz zu mir.
„Lass ihn los“, sagte ich streng. „Sofort.“
Adonis’ Augen fanden meine. Einen Moment lang dachte ich, er würde mich ~angreifen.
Aber zu meiner Überraschung sah ich, wie sich sein Griff um Hunters Hals lockerte.
„Nimm deine Gefährtin und verschwinde von hier“, knurrte Adonis Hunter an.
Dann ließ er den armen Mann los, ergriff meine Hand und zog mich weg, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Ich folgte ihm, dankbar, dass ich eine echte Katastrophe vermieden hatte.
Wir gingen nach draußen auf die Terrasse, und kurz darauf erschienen Gabe, Evan und Lexi.
„Ich habe allen anderen Gästen gesagt, sie sollen auch nach Hause gehen“, sagte Gabe. „Es schien, als wäre die Party ohnehin langsam vorbei.“
Adonis nickte. „Ich muss gehen und etwas überprüfen. Bleib hier.“
Der letzte Satz war an mich gerichtet. Ich sah ihm hinterher, als er ging.
Kurz darauf stießen Sophia und Luke mit einem besorgten Gesichtsausdruck zu uns. Gabe flüsterte den beiden etwas zu, und sie sahen mich beide mit großen, schockierten Augen an.
Instinktiv schaute ich an meinem Kleid hinunter, um zu sehen, ob ein Fleck oder etwas anderes darauf war, aber da war nichts.
„Es tut mir leid, dass du das mit ansehen musstest“, sagte Gabe, „aber es liegt Lykanern im Blut, ihre Gefährtin um jeden Preis ~zu beschützen.“~
„Aarya, das war unglaublich …“, begann Sophia aber brach dann ab.
„Was war daran bitte unglaublich?“, fragte ich.
„Adonis hat ausnahmsweise mal nicht völlig die Kontrolle verloren. Normalerweise muss er physisch zurückgehalten werden, wenn sein Lykaner die Kontrolle übernimmt. Ihr kennt euch erst seit ein paar Stunden, aber deine Anwesenheit hilft ihm anscheinend jetzt schon, die Kontrolle zu behalten.“ Sophia lächelte.
War meine Anwesenheit wirklich der Grund dafür gewesen, dass Adonis es geschafft hatte, die Kontrolle zu behalten? Es schien unwahrscheinlich, aber die Gesichter der Lykaner überzeugten mich vom Gegenteil.
War die Gefährtin eines Lykaners wirklich so wichtig, dass sie ihrem Gefährten helfen konnte, die Kontrolle zu behalten? Ich hatte nicht viel Zeit, darüber nachzudenken, denn Adonis kam schon zurück.
Er hatte sich verändert, und ich konnte nicht umhin, zuzugeben, wie heiß er aussah.
Meine Mutter begleitete ihn und umarmte mich fest, als sie bei mir ankam. „Wir müssen jetzt los.“
Mein Herz verkrampfte sich schmerzhaft. Es war unmöglich, dass ich nicht mit ihnen nach Hause zurückkehrte. Unmöglich.
„Ich komme mit euch zurück“, sagte ich, und Adonis drehte den Kopf.
„Nein, Süße. Du musst hierbleiben. Ich packe deine Sachen zusammen und schicke sie für dich her“, sagte meine Mutter und strich mir über die Wange.
Ich lachte kurz auf. „Auf keinen Fall. Ich komme mit. Nichts für ungut, Mom, aber mein ganzes Leben ist zu Hause, und ich sollte diejenige sein, die alles zusammenpackt.“
Adonis knurrte, offensichtlich nicht zufrieden mit dem, was ich sagte, aber ich verdrehte nur die Augen. Mich konnte er nicht kontrollieren.
Meine Mutter sah besorgt zwischen uns beiden hin und her. Sie hatte Konflikte noch nie gemocht.
Dann kam Carter auf mich zu und zwinkerte. „Ich weiß, du wirst meinen großartigen Körper vermissen, Smiley, aber keine Sorge, ich schicke dir Bilder.“
Ich lachte und schubste Carter beiseite. „Oh Gott, ich will gar keine Fotos von deinem Bierbauch sehen.“
Carter schnappte nach Luft, aber ich ließ ihn nicht ausreden. „Ich komme mit nach Hause, denn nur ich habe das Recht, alles zusammenzupacken, was mir gehört.“
Niemand erwiderte etwas und es war offensichtlich, dass alle darauf warteten, was Adonis sagen würde. Nicht, dass es mir wichtig gewesen wäre. Ich würde auf jeden Fall nach Hause gehen.
Schließlich seufzte er. „Gut. Du kannst nach Hause gehen, aber du hast nur zwei Tage Zeit. Dann werde ich kommen und dich abholen.“
Sein Tonfall ließ keinen Raum für Diskussionen.
Verdammt, zwei Tage waren nicht viel Zeit, aber sie würden reichen, um zu fliehen. Ich wollte auf keinen Fall hierher zurückkehren.
Ich wollte keinen Gefährten, und ich wollte auch keine Königin sein. Ich musste fliehen, bevor es zu spät war.
Meine Gedanken wurden von Adonis’ harschem Ton unterbrochen. „Ich werde zwei Leute mitschicken, denen ich vertraue, um dich zu bewachen. Glaube ja nicht, dass du versuchen kannst, mir zu entkommen.“
Seine Augen sahen direkt in meine und ich erstarrte. Wie konnte er wissen, was ich dachte? Als mir klar wurde, dass ich nicht fliehen konnte, verlor ich jegliche Hoffnung.
Adonis sah noch einmal alle an, bevor er die anderen Lykaner aufforderte, ihm zu folgen.
Als sie gingen, sah mich meine Mutter an und seufzte. „Aarya, was ist nur los mit dir?“
Ich zuckte mit den Schultern, weil ich nicht antworten wollte, aber das reichte meiner Mutter nicht.
„Du bist die Gefährtin eines Lykaners. Vergiss die Tatsache, dass er König ist, aber du weißt doch, wie wichtig eine Gefährtin für einen Lykaner ist, und trotzdem benimmst du dich so. Warum?“
„Was, wenn ich jetzt keine Ärztin mehr werden kann, weil ich stattdessen Königin sein muss? Ich will nicht in einem goldenen Käfig eingesperrt sein und meine Träume nicht verfolgen können.“
Seufzend wandte ich mich von meiner Mutter ab.
Sie drehte mich wieder zu sich und sah mir direkt in die Augen. „Ich habe eine starke Frau erzogen, keinen Feigling. Wir wissen alle, dass man für das, was man will, kämpfen muss. Also komm mir nicht mit diesem Mist. Ich weiß, es ist schwer, erwachsen zu werden und seine Familie zu verlassen, aber du wirst hier gebraucht. Denk an deinen Gefährten.“
Dem konnte ich nichts erwidern. Natürlich hatte meine Mutter recht. Das hatte sie immer. Was sie nicht wusste, war, dass meine Abneigung bezüglich eines Gefährten auf mein gebrochenes Herz zurückzuführen war.
Carter sah meinen Blick und schenkte mir ein mitfühlendes Lächeln; er kannte den Grund.
Dann kamen Luke und Sophia zurück und lächelten. „Wir werden deine Wachen sein.“
„Außerdem kann ich dann ein wenig mehr Zeit mit meiner Familie verbringen.“ Sophia lächelte.
Hoffnung keimte wieder in mir auf; vielleicht war es mir möglich, zu entkommen. Luke sah mich mit einem ernsten Gesichtsausdruck an.
„Stell bloß keine Dummheiten an, Aarya. Ich werde dich nicht entkommen lassen, denn damit würdest du meinen König umbringen.“
So schnell wie die Hoffnung gekommen war, so schnell war sie auch wieder verschwunden. Da ich meiner Stimme nicht traute, nickte ich nur. Auf keinen Fall konnte ich in Lukes Gegenwart irgendetwas versuchen, und vermutlich würde auch Sophia mich nicht entkommen lassen.
„Wow, ich kann nicht glauben, dass meine Smiley Königin werden wird. Vergiss uns Bürgerliche nicht, wenn du auf deinem riesigen Thron sitzt“, neckte Carter mich und legte seine Arme um meine Schultern.
Ich verdrehte nur die Augen und stieß ihm meinen Ellbogen in die Rippen, woraufhin Carter nur lachte, bevor er Diyas Hand ergriff und ging.
„Richtig, wir sollten auch langsam zurück ins Hotel. Wir müssen morgen früh aufbrechen, oder sollte ich eher sagen, heute.“ Dad seufzte und rieb sich die Stirn.
Niya kam im Arm ihrer Eltern heraus. Sophia sagte, sie würde mir eine Nachricht über den Plan schicken und ging zusammen mit Luke.
Als ich dann gerade selbst aufbrechen wollte, spürte ich eine Hand auf meinem Arm.
Ich drehte mich um, und Adonis stand direkt vor mir.
Er lehnte sich dicht an mich heran, seine Lippen schwebten nur wenige Zentimeter über meinen.
Sosehr ich auch versuchte, mich dagegen zu wehren, eine Welle der Anziehung durchflutete meinen Körper.
„Zwei Tage, Aarya“, flüsterte er. „Und dann gehörst du endlich ganz mir.“
Ich verließ das Schloss und spürte bereits, wie mir die Freiheit genommen wurde.