Die Millennium Wölfe - Buchumschlag

Die Millennium Wölfe

Sapir Englard

Der Apfelkuchen

SIENNA

Als ich die Nachricht verschickt hatte, vergrub ich meinen Kopf tiefer in den Kissen. Ich hatte hier nicht enden wollen, in seinem Bett, aber nachdem ich gezeichnet hatte, war ich umhergewandert.

Ich hatte das Gefühl, es nicht mehr länger auszuhalten, den Drang, ihm nah zu sein, ihn bei mir zu spüren. Deshalb hatte ich die verdammte Nachricht geschrieben. Und jetzt war ich in seinem Zimmer, in seinem Bett, weil es das nächste war, was ich im Augenblick haben konnte.

Was geschah nur mit mir?

Ich verschickte aggressive Nachrichten. Ich träumte vom Kuscheln. Ich war genau zu dem geworden, was ich nie sein wollte – die Art Frau, die von ihrem Mann abhängig ist. Diese Erkenntnis brachte mich zum Weinen. Super. Und jetzt war ich das reine Klischee.

Ich drehte das Kissen um und versuchte, mich etwas in den Griff zu bekommen, als die Schlafzimmertür aufflog. Ich hatte kein Auto gehört. Ich hatte die Eingangstür nicht gehört. Aber das machte nichts.

Aiden war da.

Er knurrte und das Geräusch jagte mir einen Schauer über den Rücken. Er hatte seine goldenen Augen auf mich gerichtet, ich konnte sie spüren, obwohl ich die Augen zu hatte.

Es hatte nichts damit zu tun, dass ich Angst davor hatte, ihm gegenüberzutreten. Schließlich war ich dominant. Ich wusste mich zu verteidigen.

Nein, es war die Scham, die ich nicht handhaben konnte. Meine Scham, die den Raum erfüllte und mir die Luft nahm. Weil jetzt wusste nicht nur ich, wie sehr der Alpha mich beeinflusste.

Nein, nun wusste es auch der Alpha.

Und auf einmal war er über mir.

„Sieh mich an“, knurrte er leise und ich konnte die Wärme spüren, die von seinen Händen durch meine Schultern strahlte, als er mich hochzog. Nun saß ich und sah ihn direkt an. Er hielt mich immer noch an den Schultern. „Du weinst.“

Sofort wischte ich mir die Tränen weg. Zumindest versuchte ich es. Ich wusste, wenn ich etwas sagen wollte, würde mir meine Stimme versagen und die Scham wäre ohnehin offensichtlich. Also konzentrierte ich mich auf sein Gesicht. Sein wunderschönes Gesicht. Ich ertrug es fast nicht, es anzusehen.

Aber mit den Händen auf meinen Schultern stellte er sicher, dass ich ihn ansah. Ich versuchte, nach unten zu schauen, aber er schob den Daumen unter das Kinn und zwang mich, ihn anzusehen.

„Sprich mit mir“, befahl er.

„Ich hätte nicht –“

„Du hättest meine Männlichkeit nicht infrage stellen sollen“, knurrte er tief und nachdrücklich, sodass die Scham schwer zwischen uns stand. Ich hatte den Alpha hinterfragt.

„Aber vor allem“, sprach er weiter, „hättest du hier nicht allein sein sollen. Weinend und traurig. Schluss damit.“

Und kurz darauf lag er neben mir, Seite an Seite, und zog mich an sich ran, presste sich an mich. Seine Arme zogen mich näher und ich konnte ihn spüren, sein Haar riechen.

„Ich bin hier.“ Seine Stimme war genau an meinem Ohr und mein Körper fühlte sich an, als wäre er ganz in Samt gehüllt. All die Wärme und Zärtlichkeit.

Ich drehte mich um, damit wir einander ansahen, und legte ihm die Arme um den Hals. Unsere Münder waren nur Zentimeter voneinander entfernt. Unsere Augen waren weit geöffnet und auf einander gerichtet.

„Ich hasse es“, sagte ich leise.

„Du … hasst das hier?“, fragte er ungläubig.

Ich verdrehte die Augen. „Nein … nicht das hier. Nicht dich. Aber ja, das hier. Und ja, auch dich. Ich bin sonst nicht so. Ich war noch nie so. Und jetzt weine ich und vermisse dich und mir gefällt das nicht. Dich zu brauchen.“

„Mich zu brauchen ist nicht das Schlimmste auf der Welt.“

„Es kommt mir aber so vor.“

„Nun ja, ich könnte beleidigt sein“, sagte er und fuhr mir mit dem Finger über die Nase. Der Kontakt ließ mich am ganzen Körper erzittern. „Aber als ein echter Mann sage ich dir … ich werde meine Frau nie wieder alleine lassen. Nicht noch einmal. Ich verspreche es.“

Diese Worte aus seinem Mund zu hören, die körperliche Nähe zueinander, in den Laken verwickelt, ließ die Traurigkeit voll vorhin verschwinden. Es war, als ob alles in mir sagte: Lass ihn rein, vertraue ihm, vertraue auf ihn.

Ich hatte immer noch Angst, aber sie schien mir nun überwindbar. Als ob sie mir nichts anhaben konnte, solange er sein Arme um mich schloss. Ich sah ihn an und fühlte mich geborgen, bei einem Mann, der noch vor ein paar Wochen ein Fremder gewesen war.

***

Wärme. Gedämpftes Licht. Eingekuschelt in … was?

„Mmmm.“ Ich hatte das Geräusch gemacht, bevor ich mir darüber bewusst war, bevor ich die Augen überhaupt aufbekommen hatte. Es war alles zu … zu köstlich. Wie warmer Apfelkuchen.

Ich schlug die Augen auf. Warmer Apfelkuchen.

Und dann fiel mir alles auf einmal wieder ein. Die Tränen, die Nachricht, das Knurren. Und der Mann neben mir, der mich immer noch im Arm hielt und tief und fest schlief.

Die Sonne schien durch einen Spalt zwischen den Vorhängen.

„Hey!“ Ich stupste Aiden am Oberarm. Er sah so friedlich und ruhig aus, dass ich ihn nicht wecken wollte. Das war vielleicht der erste Moment, in dem er verletzlicher war als ich.

Aber ich wusste, er hatte die Arbeit gestern früher verlassen, um bei mir zu sein, und er hatte viel zu tun. Er war schließlich der Alpha.

„Aiden!“ Ich rüttelte wieder an ihm und diesmal reagierte er.

Langsam öffnete er die Augen, gähnte herzhaft und streckte sich ausgiebig. „Guten Morgen“, sagte er und zog mich wieder zu sich.

„Ich … krieg keine Luft“, nuschelte ich lachend und wand mich in seinen Armen. Ich bemerkte seine Erregung, als ich die Hüften bewegte, um mich aus seiner Umarmung zu befreien, aber er hielt mich nur fester. „Aiden!“, sagte ich scharf und er ließ mich los.

Ich drehte mich zu ihm, so nah, dass ich seinen Atem auf meiner Wange spürte. „Du musst zur Arbeit“, sagte ich leise und versuchte, meine Traurigkeit darüber zu verstecken.

Ich war gestern schon so anhänglich gewesen. Ich wollte nicht, dass er glaubte, ich wäre immer so. Und von mir selbst wollte ich das auch nicht glauben.

„Nein, muss ich nicht“, sagte er und warf sich auf mich. Er saß nun rittlings auf mir und fixierte meine Hände über meinem Kopf.

„Musst du nicht?“ Ich versuchte, mich zu befreien, aber er war stark wie der unglaubliche Hulk. Oder ein Alpha, dachte ich lachend. Natürlich war er stärker als ich, obwohl ich auch dominant war.

„Ich habe mir den Tag freigenommen. Ich habe dir doch gesagt, ich lasse meine Frau nicht mehr alleine.“ Er näherte sich meinem Gesicht und begann, mich zu küssen, mit den Lippen über mein Mal zu gleiten.

Augenblicklich flammte meine Hitze auf. Erst langsam, aber dann immer stärker, zwang mich dazu, sie wahrzunehmen.

„Irgendwann musst du aber wieder zur Arbeit.“ Ich stand auf, um mich abzulenken, um ihn abzulenken. Ich hatte immer noch meine Periode und ich würde immer noch nicht mit ihm schlafen.

Merk dir das, befahl ich mir selbst.

Ich habe immer noch meine Periode. Ich werde nicht mit ihm schlafen.

Aber dann griff er mir in den Nacken und setze mich hin, sodass wir einander gegenüber waren. Er ließ seine Finger über meinen Rücken gleiten, der noch feucht von seinen Küssen war und weiter über mein Schlüsselbein.

Er ließ sie meine Arme entlang gleiten bis zu meinen Fingerspitzen. Die Zärtlichkeit, mit der er mich berührte, machte mich vollkommen verrückt.

„Aiden …“ Alles verschwamm, ich schloss die Augen. Und dann war er an meinem Ohr, knabberte an meinem Ohrläppchen.

„Ja?“, raunte er mir zu. Aber nein. Ich musste mir ein Ablenkungsmanöver einfallen lassen. Also sagte ich das erste, was mir in den Sinn kam.

„Ich habe Apfelkuchen gebacken.“

***

Apfelkuchen zum Frühstück. Mir gegenüber der Alpha mit nacktem Oberkörper. Daran könnte ich mich gewöhnen, dachte ich.

„Das … das hier ist wunderbar“, sagte er und stach mit der Gabel in ein weiteres Stück. Sein drittes – ich hatte mitgezählt. Aber nicht, weil ich befürchtete, dass er mir den Kuchen wegaß. Mein Hunger galt etwas ganz Anderem.

Hör auf damit, Sienna.

Ich beobachtete ihn, während er den Kuchen verschlang, scheinbar ohne dabei Luft zu holen. Ich kochte gern für ihn. Ich sah es gern, wenn er genoss, was ich für ihn zubereitete. Es fühlte sich vertraut an. Als ob er mich genießen würde.

„Woher wusstest du, dass das mein Lieblingsdessert ist?“, fragte er und lud sich ein weiteres Stück auf den Teller.

„Jocelyn hat es mir verraten.“

„Ihr zwei redet über mich?“, fragte er kauend und mit einem Grinsen im Gesicht.

„Das hättest du wohl gern.“ Das war selbst für mich gewagt gewesen. Aiden ließ die Gabel fallen, sprang auf mich zu und warf mich zu Boden. Ich musste so heftig lachen, dass ich keine Luft mehr bekam.

„Hätte ich das gern, was?“

Wieder hatte er meine Hände über meinem Kopf fixiert. Diesmal brauchte er aber nur eine Hand und nutze die andere, um mich zu kitzeln. Er fuhr mit den Fingern über meinen Brustkorb und ich dachte, ich müsste in Ohnmacht fallen.

„Stopp, hör auf!“, versuchte ich zu rufen, aber es ging im Lachen unter.

„Sonst was?“, knurrte er und die Hitze schoss wieder in mir hoch.

Er war zwischen meinen Beinen und ich begann, ohne darüber nachzudenken, meine Hüften an ihm zu reiben. Das blieb nicht unbemerkt und er ließ seine Finger langsam nach unten gleiten und begann, mich auf eine andere Weise zu kitzeln. Er schob den Träger meines Shirts runter und küsste die Stelle, die vorher bedeckt gewesen war.

Das war meine Chance. Mit einer raschen Bewegung befreite ich meine Arme aus seinem Griff und drehte uns um, sodass ich nun rittlings auf ihm saß. Verwundert über meine Kraft oder meine Initiative oder sonst etwas, zog er die Augenbrauen hoch.

„Sonst das hier“, sagte ich und küsste ihn. Ich küsste ihn zärtlich und sanft, und dann wanderte ich weiter nach unten. Seine Hände lagen auf meinem Rücken, drückten mich näher an ihn und die Hitze reagierte begeistert.

Nein, dachte ich, also schnappte ich mir seine Hände und fixierte diesmal ihn am Boden. Etwas an der Situation, die Kontrolle zu haben, machte mich noch heißer. Und ich spürte, dass es auf ihn denselben Effekt hatte.

„Weißt du", begann er mit lustvoller Stimme. „Wenn du wirklich meine Frau bist und ich wirklich dein Mann, dann musst du mich auch markieren.“

Im nächsten Moment war ich an seinem Hals und mein Urinstinkt stellte sicher, dass wirklich jeder wusste, er gehörte mir. Als ich fertig war, betrachtete ich mein Werk. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich jemanden markiert. Und dann sogar einen Alpha.

Ich war verrückt vor Stolz und Verlangen.

Also wanderte ich noch tiefer, ließ meine Hände über seine muskulöse Brust wandern, über seine gut trainierten Bauchmuskeln. Ich begann, einen Weg nach unten zu küssen.

„Sienna“, sagte er und es klang gleichzeitig wie Verlangen und wie eine Warnung. Ich war am Bund seiner Hose angekommen, als ich zu ihm aufsah.

„Ich möchte das machen. Für dich.“

Der Blick, den er mir schenkte, hätte genügt, um feuchtes Holz zum Brennen zu bringen.

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