
„Entschuldige mal!“, rief ich verblüfft aus.
„Gib mir einfach die Karte und verschwinde“, forderte er barsch, seine Geduld hing eindeutig am seidenen Faden.
Dieser Kerl war wirklich unverschämt! Er war genauso arrogant wie gutaussehend, eine Kombination, die ich ungefähr so unangenehm fand wie Platzregen beim Sonntagsausflug.
„Du scheinst ja schon genug Karten für die ganze Party zu haben“, gab ich zurück, während ich an meinem Martini nippte und beschloss, diesen hochnäsigen, egoistischen Schnösel links liegen zu lassen.
„Hör zu, ich interessiere mich für dich genauso wenig wie für diesen Kartenhaufen hier“, sagte er kühl und schob die Karten beiseite.
„Großartig. Ich wollte sowieso nur meine Ruhe haben, ohne dass mich jemand nervt. Wenn du also die Klappe halten kannst, tu ich’s auch, und wir können so tun, als wären wir gar nicht hier“, schoss ich zurück.
Ich spürte seinen Blick, als ich fertig war. Als ich aufsah, bemerkte ich seinen verdutzten Gesichtsausdruck, als hätte ihm noch nie jemand Kontra gegeben. War er es etwa nicht gewohnt, dass ihm jemand eine Abfuhr erteilte?
Seine strahlend blauen Augen, so klar wie der Ozean, musterten mich. „Wie heißt du?“, fragte er, sein anfänglich feindseliger Ton klang nun etwas freundlicherr. Sein Blick war intensiv, seine Stimme eine reiche, sanfte Melodie mit genau dem richtigen Maß an Rauheit.
„Das spielt keine Rolle.“
Ich spürte ein Kribbeln im Bauch. Ich versuchte, es zu ignorieren und biss mir auf die Zunge. Er wollte mich nur aus der Reserve locken. „Jade“, sagte ich tonlos.
„Ich habe nach deinem richtigen Namen gefragt, nicht nach deinem Künstlernamen“, sagte er verbittert. Dieser Typ war wirklich herablassend.
„Wie gesagt, ich heiße Jade. Mehr musst du nicht wissen“, erwiderte ich und nahm einen weiteren Schluck. „Warum interessiert dich das überhaupt?“
„Nur so“, sagte er mit einem umwerfenden Lächeln, das jedes Höschen feucht werden lassen konnte. Sein Grinsen war so ansteckend wie das der Supernatural-Brüder.
„Neugierige Katzen verbrennen sich die Tatzen“, sagte ich. Als ich wegsah, bemerkte ich meine Freundin im blauen Kleid, die auf uns zusteuerte.
„Ich hab dich überall gesucht!“, rief Mia. „Tut mir leid, dass ich dich allein gelassen habe. Ich musste noch was erledigen“, entschuldigte sie sich mit einem aufgesetzten Lächeln.
„Kein Ding“, antwortete ich, und meine Erleichterung war nicht zu überhören.
Mia warf dem Mann neben mir einen koketten Blick zu. „Ich bin Paris. Falls du mal eine Begleitung brauchst, meld dich“, sagte sie, zwinkerte ihm anzüglich zu und legte eine ihrer Karten neben ihn. Er schenkte ihr nicht einmal Beachtung.
„Komm, lass uns tanzen“, sagte Mia, griff nach meiner Hand und zog mich von der Couch weg.
Ich konnte nicht anders, als zu dem Mann zurückzublicken. Er bemerkte es. Er grinste verschmitzt, während seine hypnotisierenden blauen Augen mich weiter fixierten.
Sie war die erste Frau des Abends, die mir nicht ihre Visitenkarte gab. Das war ungewöhnlich. Gerade das machte sie für mich interessant.
Mir fiel die Narbe an ihrem Schlüsselbein auf. Sie versuchte, sie mit ihrem goldbraunen Haar zu verdecken, aber ich bemerkte sie trotzdem. Sie sah alt aus, vielleicht hatte sie sie schon als Kind bekommen.
Ich beobachtete, wie ihre Freundin sie wegführte. Etwas zu früh für meinen Geschmack.
Sie war atemberaubend, mit genau den richtigen Kurven. Ihre Taille war schmal genug für meine Hände und ihre Hüften waren betörend. Das rote Kleid passte perfekt zu ihrer leicht gebräunten Haut. Ihre Lippen waren voll und verführerisch. Und ihre Augen waren die verführischste Palette an Grüntönen, die ich je gesehen hatte.
Als ich sie betrachtete, wünschte ich mir, nicht vergeben zu sein. Aber wenn ich in einer Beziehung bin, bleibe ich treu. Ich verabscheue Untreue. Mein Vater hatte vor Jahren meine Mutter betrogen und ich hatte gesehen, wie sehr sein Egoismus sie verletzt hatte.
„Hey, Kumpel. Ich dachte, du wärst schon weg“, sagte Lucas, als er aus der Menge auftauchte.
„Warum hat das so lange gedauert?“, fragte ich leicht genervt.
Lucas war der einzige Grund, warum ich hier war.
Ich mochte Partys nicht besonders, es sei denn, ich musste hingehen. Aber für Lucas machte ich eine Ausnahme. Wir kannten uns seit unserer Kindheit und er war der einzige Mensch außerhalb meiner Familie, dem ich wirklich vertraute.
In meinem Job traf ich viele unaufrichtige Menschen, aber ich hatte schon immer ein gutes Gespür dafür gehabt, wer aufrichtig war. Lucas war einer der wenigen aufrichtigen Menschen, die ich kannte.
„Gerade fertig. Bereit zu gehen?“, fragte er.
„Du kannst Gedanken lesen“, antwortete ich.
Als ich aufstand, landeten meine Augen wieder auf dieselben Frau von vorhin. Sie tanzte inmitten des Raumes unter den Stroboskoplichtern, umgeben von vielen Leuten.
Ihre Hüften bewegten sich im Takt der Musik, ihr Hintern schwang perfekt zum Beat. Ein Mann versuchte, mit ihr zu tanzen, aber sie wies ihn mit einem Winken ab. Ich musste schmunzeln.
„Was ist so lustig?“, fragte Lucas und sah sich um, um herauszufinden, was meine Aufmerksamkeit geweckt hatte.
„Nichts“, sagte ich knapp, bevor ich zum Ausgang ging.
Nachdem ich Lucas nach Hause gebracht hatte, fuhr ich zu meinem Penthouse. Es befand sich im obersten Stockwerk und bot einen atemberaubenden Blick über die Stadt, was der Grund war, warum ich es so sehr mochte.
Als ich eintrat, sah ich zwei Weingläser auf dem Tresen. Eines hatte einen rosa Lippenstiftabdruck – Joannas. Das andere musste von ihrer Freundin sein, aber sie hatte mir nicht gesagt, dass jemand vorbeikommen würde.
Als ich zum Schlafzimmer ging, hörte ich gedämpfte Geräusche. Eindeutig männliche Geräusche.
Mir wurde schlecht, als ich die Tür öffnete und Joanna, meine Freundin, nackt auf einem anderen Mann in meinem Bett sah. Sie bewegte sich auf und ab auf ihm.
Ihre normalerweise warmen schokoladebrauen Augen weiteten sich, als sie mich sah. Schnell kletterte sie von dem Mann herunter und wickelte sich ein Laken um. „Ich dachte, du kommst erst in einer Stunde nach Hause“, stammelte sie.