
Ich trat überrascht wieder ein und zeigte Mia die Karte.
Sie sah genauso verdutzt aus wie ich. „Wer würde dir so viel Geld in den Schoß werfen und wofür?!“, fragte sie.
„Keine Ahnung, aber 50.000 Pfund sind nicht gerade Peanuts!“, erwiderte ich. Da musste doch ein Haken dran sein, bei so einer Summe vermutlich sogar ein ziemlich großer.
Langsam wurde mein Kopf klarer. „Nein. Es ist egal, von wem es kommt oder warum. Das Angebot gilt Jade. Ich will es nicht“, sagte ich entschieden.
„Bist du dir sicher? Das ist eine Stange Geld. Du könntest damit einiges auf die Beine stellen. Es würde dein Studium für die nächsten Jahre finanzieren und du könntest den Rest zurücklegen, um nach dem Abschluss deine eigene Tierklinik zu eröffnen“, meinte sie.
„Wir wissen ja nicht, was für eine ‚Gelegenheit' das sein soll. Ich verdiene lieber mein eigenes Geld“, sagte ich, zerriss die Karte und warf sie weg.
„Oh!“, rief Mia und stürzte zum Mülleimer, um die Karte herauszufischen.
Ich starrte sie mit großen Augen an. „Nein“, sagte ich bestimmt.
Sie grinste, als sie mir die Karte in die Hand drückte.
„Auf gar keinen Fall, Mia!“
„Warum sträubst du dich so? Du weißt doch gar nicht, was sie im Schilde führen“, sagte sie genervt.
„Ich will nicht jemandes Freundin spielen, nur für Geschenke und Kohle“, erwiderte ich zu schroff.
„Wow!“, sagte Mia verletzt.
„Tut mir leid. Das war unfair. Ich wollte nicht so ausrasten“, entschuldigte ich mich und vergrub mein Gesicht in den Händen, als ich mich aufs Sofa plumpsen ließ.
„Du weißt, dass ich nichts gegen deinen Job habe. Ich finde es sogar gut. Es ist nur zu viel für mich. Ich will einfach nur ein stinknormales Leben führen, zur Uni gehen, büffeln und meinen Teilzeitjob als Kellnerin behalten.
Außerdem habe ich nicht das Zeug zu einem Sugar Baby. Ich bin nicht so selbstsicher wie du.“
„Hör auf, dich schlechtzureden. Du bist schlau und hübsch – Dinge, die viele in meinem Job nicht vorweisen können.“ Mia setzte sich neben mich und nahm meine Hand, um mich aufzumuntern.
„Hör zu, ich finde, du solltest dir zumindest ihr Angebot zu Gemüte führen. Es könnte was Gutes dabei rauskommen. Außerdem habe ich von denen gehört. Es ist eine seriöse Firma“, sagte sie ermutigend.
Ich sah sie an und wusste, dass ich keine andere Wahl hatte. Vielleicht sollte ich ihnen eine Chance geben. „Na schön“, seufzte ich.
„Es ist erst fünf Uhr. Du könntest in einer halben Stunde dort sein, wenn du dich sputen würdest.“
Ich nickte nur und Mia schob mich fast zur Tür hinaus.
Sie ließ mich nicht einmal umziehen. Ein Teil von mir wollte das, aber ich versuchte nicht, für irgendjemanden gut auszusehen. Ich wollte nur zuhören. Also machte ich mich in meiner dunkelblauen Jeans, dem weißen Tanktop und der kurzen Jeansjacke auf den Weg.
Als ich bei Winters Security ankam, traute ich meinen Augen kaum, wie riesig das Gebäude war.
Ich ging hinein und fühlte mich völlig fehl am Platz. Alle trugen teure Klamotten. Sie wirkten, als gehörten sie hierher, und ihre Gesichter zeigten, dass sie wussten, dass ich nicht dazugehörte.
Ich überlegte gerade den Rückzug anzutreten, als eine Frau auf mich zukam.
Sie trug einen schwarzen Bleistiftrock und eine grüne Bluse. Ihr hellbraunes Haar war zu einem ordentlichen Dutt frisiert, kein Haar lag falsch.
„Kann ich Ihnen behilflich sein?“, fragte sie freundlich.
Ihre Augen wurden groß und sie wirkte erschrocken. „Oh. Natürlich. Sie müssen Frau Ailana sein“, sagte sie nervös. „Hier entlang!“
Sie führte mich zu einem speziellen Aufzug am Ende des Flurs. Drinnen schenkte sie mir ein kurzes, nervöses Lächeln und drückte den Knopf für die oberste Etage.
Ich folgte ihr aus dem Aufzug und einen schmalen, dunklen Flur entlang. Schöne silberne Lampen an den Wänden warfen sanfte Schatten.
Sie klopfte leise an die Tür am Ende des Flurs. Ihre Stirn glänzte leicht und sie knetete nervös ihre Hände.
„Herein“, ertönte eine kräftige Stimme von drinnen.
Sie öffnete die Tür und ließ mich eintreten. Ich war so baff von dem Anblick des Büros, dass ich nicht mitbekam, wie sie leise die Tür hinter mir schloss.
Das Büro war atemberaubend. Im Gegensatz zum dunklen Flur draußen war der Raum groß und hell. Riesige Glaswände vom Boden bis zur Decke boten einen Blick über die ganze Stadt.
In der Mitte stand ein großer Schreibtisch aus weißer Eiche. Dahinter ein weicher weißer Sessel, der sehr bequem aussah.
Neben einem der Fenster stand eine große weiße Couch auf einem weichen silbernen Teppich. Davor ein kleiner Glastisch. An der gegenüberliegenden Wand hing ein riesiger Fernseher.
Obwohl der Raum sehr edel war, fiel mir auf, dass es keine persönlichen Gegenstände gab. Alles war picobello, vom Schreibtisch über die Couch bis zum Fernseher. Es war offensichtlich, dass der Besitzer des Büros Ordnung und Sauberkeit schätzte.
Plötzlich nahm ich einen vertrauten würzigen Duft mit einem Hauch von Holz wahr. Er ließ meine Knie weich werden und meine Brust eng.
„Schön, dass Sie gekommen sind“, sagte eine tiefe, raue Stimme.
Ich drehte mich um und sah den einschüchternden Fremden hinter einer Tür hervorkommen. Vielleicht ein Badezimmer?
Dann fiel der Groschen…
Es war derselbe Mann von gestern Abend!
Er trug ein schlichtes weißes Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln und den obersten drei Knöpfen offen, sodass ein Stück seiner muskulösen Brust zu sehen war. Seine Arme schienen das Hemd fast zu sprengen und der kleine Teil seiner Brust, den ich sehen konnte, war sehr muskulös.
Ich schluckte schwer.
Vielleicht lag es am natürlichen Licht im Raum, aber er war noch attraktiver, als ich ihn in Erinnerung hatte.
Sein hellbraunes Haar war auf eine sehr sexy Art zerzaust. Seine strahlend blauen Augen blickten in meine, als versuchten sie, tief in mich hineinzusehen.
Der Raum schien immer heißer zu werden. Nervös spielte ich mit meinen Jackenärmeln, während sich immer mehr Fragen in mir aufstauten.
Ich beschloss, die Stille mit denselben Worten zu brechen, die ich zu der Frau in der Lobby gesagt hatte: „Ich bin hier, um Chase zu sehen.“
„Den haben Sie gefunden“, sagte er leicht amüsiert.