
Unter Vampiren 2: Die Saat, die wir säen
„Mein“, knurrte ich, meine Hände umklammerten ihre Hüften und zogen sie auf mich herab. Sie keuchte, ihre Nägel kratzten über meine Haut, ihr Atem warm an meinem Hals. Ayas kirschrote Augen fixierten meine, wild, ungezähmt, erfüllt von etwas Tieferem als Lust. Ein Versprechen. Ein Anspruch.
Er war ein Prinz. Sie war eine Dienerin. Jetzt sind sie beide etwas völlig anderes.
Einst hatte Alexander Night alles – Macht, Privilegien, eine Zukunft, die in Blut und Ruhm gemeißelt war. Dann kam die Revolution. Jetzt, seines Throns beraubt, gejagt wie ein Tier, klammert er sich an das Einzige, was noch zählt: seine verschwundene Schwester zu finden, bevor es seine Feinde tun.
Aya war einst ein Niemand. Eine Dienerin. Ein Mädchen, das einen Prinzen liebte, den sie niemals haben sollte. Die Revolution befreite sie von diesem Leben, von ihm. Aber manche Geister weigern sich, begraben zu bleiben, und als das Schicksal sie erneut in Alexanders Weg führt, trifft sie eine Entscheidung, die sie nicht treffen sollte – sie hilft ihm.
Doch die Vergangenheit steht noch immer zwischen ihnen, scharf wie eine Klinge. Die Liebe, die sie einst teilten, hat sich in etwas Unberechenbares, Gefährliches verwandelt, durchzogen von Verrat und Sehnsucht. Die Welt will sie tot sehen, aber der wahre Kampf tobt zwischen ihnen – zwischen Groll und Verlangen, Rache und Vergebung, Ruin und Erlösung.
Und in einer Welt, in der alle ihren Tod wollen, könnte das Verlangen die gefährlichste Waffe von allen sein.
Requiem für die Verlorenen
ALEXANDER
BUCH 2: Die Saat, die wir säen
Man sagt, die Liebe eines reinblütigen Vampirs sei ewig. Unerschütterlich und alles verzehrend. Doch niemand spricht darüber, was geschieht, wenn diese Liebe verloren geht.
Als sie ihm entrissen wurde, brach es ihn. Der Mann, der er einst gewesen war – der sie vergötterte, sie wie einen Schatz hütete – wurde von der Leere verschlungen, die sie hinterließ. Was aus ihm hervorging, war ein anderes Wesen.
Ein Ungeheuer mit blutbefleckten Händen und einem zerstörten Herzen, bereit, die Welt in Flammen zu setzen – aus Rache. . Über Jahrhunderte hinweg trug er seine Sünden wie eine zweite Haut, ritzte seinen Schmerz in die Geschichte und ertränkte seine Trauer in Krieg und Vernichtung.
Denn wenn er sie nicht haben konnte, hatte nichts anderes das Recht zu existieren. Doch das Schicksal ist eine grausame Herrin. Denn jetzt steht sie wieder vor ihm.
Und jetzt werde ich vor nichts zurückschrecken, um sie wieder zu meiner zu machen.
Ich bewegte mich leise durch die verfallenen Flure. Das Anwesen hatte seinen einstigen Glanz verloren. Die Marmorböden waren zerkratzt und stumpf.
Die Teppiche, die früher die Treppen schmückten, waren zerrissen, ausgefranst und verschmutzt. Die Wandteppiche und Gemälde unserer Familie – der königlichen Familie – waren zerstört, verbrannt oder in Fetzen gerissen.
Unser Anwesen war nur noch ein Schatten seiner selbst: eine Farce für unsere Familie, ein Käfig. Ich glitt in den Raum, der einst die große Halle gewesen war.
Von den fünf Kronleuchtern, die einst stolz von der gewölbten Decke hingen, war nur einer übrig – flackernd und kaum noch funktionstüchtig, sodass der Saal in ewige Dunkelheit gehüllt war. Die einst prächtigen Loungesessel, Sofas und Lehnstühle waren längst verschwunden.
Auch die Elite, die einst auf ihnen thronte und sich an den Kehlen unfreiwilliger Menschen labte, war verschwunden. Ich sehnte mich nach jenen Tagen des Überflusses – nach Menschen, die entspannt in Sesseln lagen und mir bereitwillig ihr Blut, ihre Körper darboten.
Ich ging an den Thronen vorbei, den einzigen Möbeln, die noch im Raum verblieben waren. Aus massivem Gold gefertigt, waren sie nun von Staub und Blutflecken bedeckt.
Seit fünfzig Jahren hatte sie niemand mehr berührt – seit mein Großvater während der Revolution getötet wurde. Die neue Königin interessierte sich weder für eine Krone noch für einen Thron.
Sie regierte von dort, wo es ihr beliebte, und trat unsere Traditionen mit Füßen, als wären sie bedeutungslos. Ein schwacher Schimmelgeruch lag in den Ecken der Halle.
Einst polierte Geländer waren von jahrzehntelangem Staub stumpf geworden, das Holz verzogen und gesplittert. Dies war nicht nur eine Ruine – es war ein Grab, in dem die letzten Echos all dessen hallten, was wir verloren hatten.
Am hinteren Ende des Saals drückte ich kräftig gegen das zerrissene Gemälde, das früher meinen Großvater und seine Schwester Elizabeth zeigte, und glitt durch den Zugang in den geheimen Tunnel. Er war vor Jahrhunderten für die königliche Familie erbaut worden, um Menschen unbemerkt in das Schloss hinein- und wieder hinauszuschleusen – ohne dass sie wussten, wo sie gewesen waren oder wie sie zurückkehren konnten.
Ehemals voller menschlicher Sklaven und überflutet von ihrem Blut, war der Tunnel nun dunkel, feucht und erfüllt vom Gestank nach Ratten. Ich hörte sie umherhuschen, ihre winzigen Krallen klickten auf dem Steinboden.
Mit angewiderter Miene glitt ich durch den Tunnel. Er führte an der Seite des Anwesens hinaus und endete ein paar Meilen weiter oben am Berg.
Mit einem leisen Knarren schob ich die Falltür auf und schlüpfte hinaus in die Nacht – wie ein Phantom. Die kühle Luft empfing mich, durchzogen vom Geruch nach Vieh, Salz und dem stechenden Dunst von Benzin.
Einen Moment lang hielt ich inne, sog die Luft tief ein – der Geschmack der Freiheit fast so schneidend wie die Kälte der Nacht. Meine Sinne waren geschärft – jedes Rascheln in den Büschen, jeder Schritt in der Ferne ließ mein Blut vibrieren.
Ich atmete einige Sekunden lang tief durch, kostete den Geruch der Freiheit. Das Anwesen roch nur nach verrotteten Wandteppichen, modrigen Möbeln und Tod.
Es war die schlimmste Art von Gefängnis – ein Ort, an dem man nichts tun konnte außer in Verlust und Demütigung zu versinken. Draußen spürte ich, wie meine Stärke zurückkehrte, mein Geist ein flirrendes Netz aus Möglichkeiten.
In der Ferne entdeckte ich die Männer von Mcnoxnoctis, wie sie ihre Runden um das Anwesen drehten. Angeworbene, verwandelte Vampire, die jede Nacht patrouillierten – und dafür sorgten, dass meine Familie drinnenblieb. Abgeschottet. Isoliert vom Rest der Welt.
Ich beobachtete sie ein paar Minuten lang, wie sie belanglosen Smalltalk austauschten und weiter ihre Bahnen zogen. Als sie außer Sicht waren, stürzte ich mich den Berghang hinab und glitt in die nahegelegenen Weinberge, immer dicht am Boden.
Es waren frisch verwandelte Vampire – weder so schnell noch so stark wie ich. Ihr Geruchssinn war lächerlich, ihr Gehör kaum besser.
Kein Wunder, dass sie nicht bemerkten, wie ich mich davonstahl. Das Einzige, was mich davon abhielt, für immer zu verschwinden, war ihre nächtliche Zählung.
Ich bewegte mich wie ein Schatten durch die Weinberge. Der feuchte Boden sog an meinen Schuhen bei jedem Schritt, während das sanfte Rascheln der Reben meine Haut streifte. Mondlicht sickerte durch das dichte Blätterdach und warf sich ständig verändernde Schatten auf meinen Weg.
Ich blieb geduckt, im Wissen, dass selbst das kleinste Geräusch mich verraten konnte. Es dauerte nur wenige Minuten, bis ich die nahegelegene Stadt im Laufschritt erreichte.
Die Stadt pulsierte vor Leben – auf eine Weise, wie ich es seit Jahren nicht mehr gespürt hatte. Ihr Lärm war ein greller Kontrast zur geisterhaften Stille des Anwesens.
Helle Lichter tauchten die Schaufenster in Farbe, und die Menschen lachten unbeschwert, ihre Lebenskraft vibrierte knapp unter ihrer Haut. Ich zog die Kapuze tiefer ins Gesicht und mischte mich unter die Menge, die in die U-Bahn strömte.
Ich presste ein dickes Taschentuch gegen meine Nase, während ich den Atem anhielt. Der schwere Geruch von frischem Blut war überwältigend.
Meine Kehle zog sich zusammen, wurde trocken – der Durst flammte in mir auf. Ich blinzelte hastig, zwang meine Gedanken zur Ruhe, zwang meinen Durst zurück, bis sich meine Augen wieder in ihr blasses Blau färbten.
Ein Mädchen sah mich an. Ich erstarrte. Für einen Moment glaubte ich, sie wusste es – wusste, was ich war, was in mir lauerte.
Doch sie lächelte nur, zog am Mantel ihrer Mutter – und der Moment verflog. Trotzdem blieb ich wachsam. Menschen waren harmlos, aber Vampire konnten sich überall verbergen.
Ich bewegte mich rasch durch die belebte U-Bahn-Station, meine Schritte verschluckt vom stetigen Murmeln der Menge. Kaum war ich draußen, traf mich die Nachtluft wie ein Adrenalinstoß.
Die Bar war nicht weit, und schon aus der Entfernung drang Musik nach draußen – vermischt mit menschlichem Lachen, dem beißenden Geruch von Alkohol und dem unverkennbaren Duft von Blut, der knapp unter der Oberfläche lauerte.
Die örtliche Bar war bekannt dafür, ausländische Austauschstudenten anzulocken – perfekte Beute in der modernen Welt. Ich stieß die Tür auf und trat ein.
Der Raum war schummrig beleuchtet, Rockmusik aus dem letzten Jahrhundert donnerte aus den Lautsprechern, und die Luft war schwer von Schweiß, Bier und Menschen. Kein anderer Vampir war anwesend.
Ich schlängelte mich durch die tanzende, taumelnde Menge und glitt in eine freie Nische im hinteren Bereich der Bar.
Ich blieb nicht unbemerkt. Tat ich nie. Ich war deutlich größer als die meisten Männer – und breiter gebaut.
Trotz der Kapuze spürte ich ihre Blicke, als ich vorbeiging. Ich ließ mich auf den abgewetzten roten Sitz fallen, schob die Kapuze zurück, fuhr mir durch das Haar und lehnte mich zurück, die langen Beine vor mir ausgestreckt.
Jetzt musste ich nur noch warten. Und es dauerte nicht lange, bis eine Gruppe kichernder Mädchen auf mich zukam. Ich hörte ihre Herzen in ihren Brustkörben pochen, roch das Blut, das ihre Wangen erröten ließ, und spürte ihre gespannte Vorfreude.
Leichte Beute. Sie trugen hauchdünne, kurze Kleider, die sich eng um ihre schmalen Körper spannten. Ich erinnerte mich mit einer gewissen Wehmut an die Frauen von früher – so verhüllt, so tugendhaft, so sittsam.
Früher war die Jagd so viel aufregender gewesen – das Entblättern, das Entwirren, so viel befriedigender. Heute entscheiden Frauen selbst, mit wem und wann sie zusammen sein wollen. Damit kommt ein gewisser Stolz, eine Selbstsicherheit, die zweifellos anziehend ist – aber sie macht die Jagd auch deutlich kürzer.
Und ich bin ein Jäger. Ich liebe das Spiel. Ein Liedwechsel durchschnitt das wummernde Grundrauschen des Clubs.
Eine Kellnerin zog mit einem Tablett voller Bier vorbei, und ein Mädchen nutzte den Moment, um scheinbar zu stolpern – und landete direkt auf meinem Schoß. Ihr Gesicht war gerötet, ihr Blut verströmte einen berauschenden Duft, und hinter ihr kicherte ihre Freundin über die inszenierte Szene.
Viel zu einfach. Ich schmunzelte. Ihr Herz setzte für einen Schlag aus, als sie zu mir aufsah, eine Hand auf meiner Brust.
Ich hörte, wie ihr Atem stockte. Sie war zierlich, mit dichtem, lockigem braunem Haar, einem schmalen Gesicht und großen rehbraunen Augen.
„Oh, scusa. Sono così maldestra“, sagte sie, als sie endlich ihre Stimme wiederfand.
Ich lächelte, ließ meine Finger sanft ihre Wange entlanggleiten, fuhr an ihrem Kiefer entlang. Sie fror ein, starrte mich mit geweiteten Augen an – unfähig zu glauben, dass ich sie nicht sofort von meinem Schoß schob.
„Non preoccuparti“, sagte ich sanft. „Geht es dir gut? Vielleicht hast du ein bisschen zu viel getrunken. Möchtest du dich lieber neben mich setzen?“
Sie nickte und warf einen raschen Blick zu ihren Freundinnen, die ganz in der Nähe standen – ebenfalls mit großen Augen, gespannt beobachtend. Ich rückte zur Seite, machte ihr Platz, damit sie sich neben mich in die Sitznische schmiegen konnte.
Mein Arm fand wie von selbst seinen Weg um ihre Schultern, während ich ihren betörenden, blutreichen Duft einatmete. Ich war hungrig. Sie würde ein Festmahl sein.
Wir verbrachten gute zwei StundenSeite an Seite, sprachen über ihre Familie, ihre Ausbildung und ihre Träume, die Welt zu bereisen. Ihre Augen weiteten sich staunend, als ich von meinen Reisen durch Afrika, Asien und Amerika erzählte.
Sie trank fröhlich jedes Bier, das ich für sie bestellte. Schließlich tauchten ihre Freundinnen auf, um sie abzuholen – es sei Zeit, nach Hause zu gehen, sagten sie.
Doch sie weigerte sich, erklärte, sie wolle lieber bei mir bleiben. Ich versicherte ihnen mit einem charmanten Lächeln, dass ich auf sie aufpassen würde. Sie kicherten – und verschwanden.
Solch verantwortungslose Freundinnen. Wenig später führte ich das leicht angetrunkene Mädchen aus der Bar hinaus, die Kopfsteinpflasterstraßen entlang.
Während wir gingen, erzählte sie mir von ihrem furchtbaren Ex-Freund. Ich grunzte zustimmend, wenn es angebracht schien, und legte eine Hand auf ihren unteren Rücken, um sie sanft zu lenken.
Sie bemerkte kaum, wie ich sie immer weiter von der Stadt fort, tief hinein in die Weinberge führte. Im Mondlicht drehte sie sich lachend, strahlte mich an, als wäre ich ihr Retter.
Sie ahnte nicht, dass ich eher ein Dämon war. Und ihr Geplapper begann mich zu ermüden.
„Komm her“, sagte ich mit ruhiger Stimme und deutete ihr, näherzukommen. Sie gehorchte – zögerlich, aber doch.
Als ich schließlich ihr Gesicht in meinen Händen hielt, neigte ich ihren Kopf sanft zur Seite und strich ihr Haar aus dem Weg. Kaum berührten meine Lippen ihre weiche Haut, hörte ich, wie sie scharf die Luft einsog.
Jetzt zitterte sie – auch wenn sie es hinter einem Lächeln zu verbergen versuchte. Ich hörte ihren rasenden Puls, spürte ihre flachen, schnellen Atemzüge. Sie überdeckte es mit einem nervösen Lachen.
Als ich erneut ihr Haar zur Seite schob, erstarrte sie. „W-was machst du da?“, stotterte sie – doch sie wich nicht zurück. Tun sie nie.
Ohne zu zögern, grub ich meine Zähne in sie. Der warme, berauschende Blutstrom füllte meinen Mund. Ein kehliges, zufriedenes Knurren entrang sich meiner Kehle, während meine Arme sie festhielten – ihren zarten Körper dicht an meinen gepresst.
Sie wand sich, versuchte zu schreien oder zu stöhnen, doch meine Hand erstickte jeden Laut. Langsam, gierig, kostete ich das reiche, berauschende Blut.
Ihr Widerstand wurde schwächer, jeder Versuch vergeblich gegen meinen Griff, und ich trank ausgiebig. Ihre Lebensenergie durchflutete mein ausgehungertes System. Es war Wochen her, seit ich das Blut eines Menschen gekostet hatte.
Ich spürte, wie mich ihre Wärme füllte, wie ihre Lebenskraft meine Adern neu belebte. Ihr Herzschlag begann zu flackern. Widerwillig ließ ich von ihr ab, leckte mir die Lippen und blickte mit glühend roten Augen auf sie herab.
In ihrer Erschöpfung war sie schön – ein Anblick tödlicher Anmut. Sie sah zu mir auf, halb bewusstlos. Ihr Kopf sank zur Seite.
Rasch riss ich die Zähne in mein eigenes Handgelenk, durchbrach die Haut, ehe sie sich schließen konnte, und presste es gegen ihre Lippen. Instinktiv versuchte sie, sich zu wehren, doch ich zwang sie, zu trinken.
Ihre Augen verdrehten sich, ihre kleine Zunge leckte an der Wunde. Sobald sie verheilt war, kehrte ich zu der Wunde an ihrem Hals zurück – und sog jeden letzten Tropfen aus ihr heraus, bis sie leblos zu meinen Füßen zusammensank.
Ich ließ mich neben ihr nieder, wischte mir den Mund mit dem Ärmel ab, grinste zu den Sternen hinauf und schmatzte zufrieden. In diesem Moment war es mir gleichgültig, ob sie die Verwandlung überleben würde – sie ganz auszutrinken hatte mich bereits erfüllt.
Sechs Stunden später hörte ich ein schwaches Stöhnen.












































