The Gentleman (German) - Buchumschlag

The Gentleman (German)

Laila Black

Der Beleidigte

ROSE

Ich ging hinaus, dann zu meinem Büro, um seinem finsteren Blick endgültig zu entkommen. Mir wurde klar: Je öfter er mich sah, desto größer war die Wahrscheinlichkeit, dass er mich erkennen würde.

Wenn er es nicht schon getan hatte.

Als ich die Glastür zu meinem Büro aufschob, ärgerte ich mich über den Anblick des unordentlichen Schreibtischs, auf dem sich die Dokumente in einem wahllosen Haufen übereinander stapelten.

Ich ließ mein Manuskript mit einem dumpfen Aufprall auf den Boden fallen und ordnete die Papiere, wobei ich einige fest zerknüllte, bevor ich blindlings hinter mich in Richtung des Mülleimers zielte.

Die unangenehme Hitze unter meiner provisorischen Maske trieb mir den Schweiß aus den Poren. Ich biss mir auf die Lippen und zögerte einen Sekundenbruchteil, bevor ich den Knoten löste und den Stoff um meinen Hals fallen ließ.

Während die kühle Luft über meine Haut strich, warf ich weiterhin zerknüllte Verträge und Dokumente über die Schulter, aber hielt inne, als mein Blick auf das Titelblatt des Azure-Magazins fiel.

Mein Herz schlug mir wie wild gegen die Rippen, als ich das verführerische Gesicht von Daniel Rossi erblickte, das als Titelbild der Zeitschrift gedruckt war. Ich konnte die Kanten seines Kiefers fast unter meinen Fingerspitzen spüren, als ich die Zeitschrift hochhielt und sie studierte.

Mit einem Augenrollen warf ich das dicke Heft hinter mich und spannte die Schultern an, als ich plötzlich ein Knurren hörte.

Er murmelte einen Fluch und seine tiefe Stimme ließ mich erschaudern. Zittrig beeilte ich mich, den Schal wieder über mein Gesicht zu binden und drehte mich zu ihm um.

Er zog sich das zerfledderte Magazin vom Gesicht und hob die Augenbrauen.

"Als Chef kannte ich viele, die mich nicht mochten, Miss Millar", sagte er, "aber noch nie wurde eine Zeitschrift nach mir geworfen." Das letzte Wort murmelte er im Flüsterton.

"Entschuldigung?"

Er ignorierte das und musterte mich stattdessen eingehend. Seine Haltung wechselte zu autoritär und ein missbilligendes Stirnrunzeln erschien auf seiner Stirn.

"Ich erwarte, dass dieses Chaos beseitigt ist, bis die Vertreter von Lionharte abreisen."

Ich nickte und schluckte hörbar, während ich auf die Haufen zerrissener und zusammengeknüllter Papiere starrte, die neben seinen Schuhen lagen.

Die Seiten wurden unter seinen Schritten zerdrückt und der würzige Holzduft seines Eau de Cologne vernebelte meinen Verstand.

Ich wich automatisch einen Schritt zurück und stieß mit meiner Rückseite gegen den Schreibtisch.

"Ich würde es ebenfalls begrüßen, wenn Sie ihr aktuelles Manuskript abliefern würden." Er hielt in einem angemessenen Abstand zu mir inne. "Der Wettbewerbsaspekt ist natürlich optional, aber es könnte Ihnen einen Vorteil verschaffen, falls es zu weiteren Stellenstreichungen kommen sollte."

In meinem Mund breitete sich ein bitterer Geschmack aus: "Also werden sie einfach weiter Leute feuern und ersetzen? Ist Ihnen klar, wie viele Menschen ihren Lebensunterhalt verloren haben?"

Ich biss mir sofort auf die Lippe und schluckte ein Keuchen wegen meines plötzlichen Wutausbruchs herunter.

Sein Kiefer bebte.

"Ich lasse meine Mitarbeiter nicht im Stich. Sie haben alle einen Job bei einer Schwesterfirma bekommen." In seinen Worten, die in einem dominanten Ton an den Glaswänden des Büros widerhallten, schwang eine Warnung mit.

"Ich entschuldige mich. Es war nicht meine Absicht, Sie zu verärgern."

"Aber das haben Sie."

Ich schaute entschuldigend zu Boden und errötete bei dem Gedanken daran, was passieren würde, wenn er jemals herausfinden sollte, wer ich bin.

Die Frau, die er gebumst hat. Die Frau, die weggelaufen war.

Ich wünschte mir fast, ich hätte nicht wieder aufgeschaut – als meine Augen erneut auf seine trafen, breitete sich ein seltsames Gefühl in meinem Magen aus. Ich schnaubte innerlich, als er hinausging und leise die Tür hinter sich schloss.

Komm mal klar, Rose. Er erinnert sich wahrscheinlich nicht einmal.

Mit diesem Gedanken machte ich mich daran, das Chaos in meinem Büro zu beseitigen, während die Erinnerungen an die Nacht zuvor meine verhüllten Wangen noch immer erhitzten.

Die Stunden vergingen wie im Fluge und das unerbittliche Ticken der Uhr kündigte eine aufkommende Migräne an.

Ich stopfte die restlichen Dokumente in den Mülleimer, schwang mir meine Tasche über die Schulter und schleppte mich im Halbschlaf in Richtung Kaffeeduft.

In der Cafeteria beobachtete ich meine Projektmanagerin mit plötzlichem Interesse, während sie an der Kaffeemaschine herumfummelte: "Hi, Melinda."

Sie warf mir einen knappen Blick zu und brummelte irgendeine Antwort.

Ich schluckte meine Verärgerung über ihre Unhöflichkeit hinunter und räusperte mich: "Ich habe gehört, dass es eine Art Wettbewerb gibt?"

"Ja. Die Deadline ist in sechs Monaten."

"Was ist als Preis ausgeschrieben?", fragte ich und versuchte, die Aufregung in meiner Stimme zu verbergen; ihre Augen verengten sich angesichts meiner Freude.

"Falls du gewinnst, wirst du veröffentlicht", erwiderte sie scharf, bevor sie sich umdrehte, um den Raum zu verlassen.

Meine Träume wurden vor meinen Augen lebendig und die Chance, veröffentlicht zu werden, war nur noch einen kleinen Schritt entfernt. Die Neuigkeit vom Wettbewerb ließ Adrenalin durch meine Adern fließen und füllte – zusammen mit dem Koffein – meine momentan schnell schwindende Energie auf.

Wie in Trance verließ ich den Personalraum mit einem breiten Lächeln im Gesicht.

Das verging mir sofort, als ich ihn erblickte: seine große, schlanke Gestalt. Er befand sich offenbar in einem hitzigen Gespräch, das Telefon mit todernstem Griff ans Ohr gepresst.

Hastig führte ich meine Hände zu meinem Gesicht – mein Schal war gefährlich tief zu meinem Kinn gerutscht und enthüllte meine Gesichtszüge vollständig.

Sein Blick wanderte zu mir, dann verengten sich seine Augen bei etwas, das der Anrufer sagte. Ich nutzte die Gelegenheit und befestigte den weißen Schal erneut.

Mein Herz raste, als er sich plötzlich wieder zu mir umdrehte und Verwirrung in seinen dunklen Augen schwelte. Er beendete das Gespräch, seine Augen durchbohrten meine.

"Rose?"

Aber ich war schon weg, bevor er ein weiteres Wort sagen konnte.

Ich rannte zu den Aufzügen und drückte ungeduldig auf die Knöpfe, bevor ich die Metalltüren vor seinem atemberaubenden Gesicht schließen ließ und ein langer Seufzer der Erleichterung meine Lungen verließ.

***

Die Straßen waren mit der alljährlichen Weihnachtsbeleuchtung geschmückt, als ich vor meinem Haus parkte. Aus einem der Häuser am Ende der Straße schallte dumpf Festtagsmusik.

Ich erinnerte, dass ich letztes Jahr um diese Zeit diejenige mit der dröhnenden Musik und dem überfüllten Haus gewesen war.

Aber dieses Jahr war Melinda an der Reihe und sie würde mich nie zur jährlichen Firmenweihnachtsfeier einladen, vor allem, wenn sie die Gastgeberin war.

Ich schnaubte amüsiert, während ich das piepende Auto hinter mir verriegelte. Meine Schlüssel klirrten in meinen Händen, während ich einen davon in das Schlüsselloch meiner Haustür steckte. Melinda veranstaltet eine Party. Nun, ~das~ wäre doch mal interessant.

Es gäbe keine Musik und sie würde Arbeit statt Geschenke verteilen.

Dennoch wollte ich irgendwo und mit jemandem, der nicht in den leeren Wänden und den schlichten Möbeln meines Hauses wohnte, zusammen sein.

"Frohe Weihnachten, Rose", flüsterte ich mir selbst zu, schlüpfte aus meinem Mantel und ließ mich mit dem Laptop auf meinen Beinen auf dem Sofa nieder und begann, Dutzende ungelesener E-Mails in meinem Posteingang durchzuarbeiten.

Vor allem bei einer schossen meine Augenbrauen hoch. Eine E-Mail von Melinda um diese Zeit konnte nur eines von zwei Dingen bedeuten: zusätzliche Aufgaben oder eine Einladung.

Liebe Rosalie,

wie du weißt, veranstalte ich dieses Jahr die Weihnachtsfeier. Ehrlich gesagt habe ich keine Lust, Leute einzustellen, die mir beim Dekorieren helfen, also wäre es nett, wenn du um 18 Uhr vorbeikommen könntest.

Mit freundlichen Grüßen

Melinda

P.S. Wenn du kommst, reduziere ich dein Arbeitspensum für die Woche.

Ich verzog den Mund. Es war nicht einmal eine richtige Einladung. Sie wollte, dass ich Hausarbeiten erledige.

Von wegen.

Ich klappte meinen Laptop zu, verschränkte die Arme und starrte aus dem Fenster auf die hellen Lichter, die die Straßen säumten. Jedes Haus war voller Gäste, die Autos parkten reihenweise an der Straße.

Verärgert wandte ich meinen Blick ab, nur um ihn auf den weißen Schal fallen zu lassen, den ich heute getragen hatte und dessen leerer Schatten über die Tischkante hing.

Mir entglitt ein zittriger Seufzer, als Gedanken an ihn und diese himmlischen Lippen und die sündigen Dinge, die sie mit mir machten, meinen Verstand vernebelten.

Mit einem plötzlichen Ruck schoss ich hoch und war innerhalb weniger Minuten aus der Tür. Ich musste mich von Daniel ablenken.

Auch wenn dies bedeutete, dass ich Melindas Wohnung dekorieren musste.

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