
Moontochter
Nur wenige Tage nach ihrem 18. Geburtstag spürt Aurora Craton die Anziehungskraft eines Gefährten, während sie als Dienstmädchen bei einer Rudelführungsparty arbeitet. Ihr Gefährte entpuppt sich als Alpha Wolfgang vom Blutmond Rudel. Doch als er herausfindet, dass seine Gefährtin nur ein Dienstmädchen ist, weigert er sich nicht nur sie zu akzeptieren, sondern droht ihr, sie als Einzelgängerin zu markieren, wenn sie es wagt, jemandem zu erzählen, dass sie seine Gefährtin ist. Aurora hat keine andere Wahl, als im Rudel zu bleiben, dazu verdammt, allein zu sein. Doch es muss einen Grund geben, warum die Mondgöttin sie zusammengebracht hat...
Altersfreigabe: 16+
Autor: Natchan93
Kapitel Eins
Aurora
Sich paaren…
Auf jemanden prägen…
Lebensgefährten…
Wahre Liebe…
Während meiner Kindheit im Wolfsrudel hörte ich diese Worte in unserem Dorf sehr häufig. Alle sprachen ständig davon. Alle träumten von dem Augenblick, an dem die Mondgöttin sie zu der ihnen vorherbestimmten großen Liebe führen würde.
Und da ich bald achtzehn wurde, schlichen sich diese Gedanken nun auch in meinen Kopf.
Ich blinzelte in die Sonne, während ich die Wäsche zum Trocknen aufhing. Wenn man in Iliamna in Alaska lebte, war die Sonne leider ein seltener Anblick. Aber aus irgendeinem Grund hatte meine Gemeinschaft – das Blutmond-Rudel – beschlossen, sich dort anzusiedeln.
„Aurora! Hast du die Wäsche endlich aufgehängt? Das Abendessen steht auf dem Tisch!“, rief meine Stiefmutter aus dem Haus.
„Ich komme, Montana!“ Als ich das Haus betrat, wurde ich von dem spöttischen Grinsen meiner Stiefmutter begrüßt.
„Warum hast du denn so rumgetrödelt, ich bin am Verhungern!“, rief sie.
„Du hättest doch ohne mich anfangen können“, maulte ich, setzte mich an den Tisch und begann zu essen.
Eines musste ich Montana lassen – ihre Kochkünste waren unübertroffen.
„Also, Rory … du wirst ja bald volljährig“, begann sie.
Ich sah von meinem Teller auf. „Hm? Ach … ja“, murmelte ich und wandte meine Aufmerksamkeit wieder dem Essen zu.
„Wie willst du jemals deinen Gefährten treffen, wenn du nicht aus dem Haus gehst?“, fragte sie.
„Es sieht nicht danach aus, als ob ich überhaupt einen finden würde“, entgegnete ich. „Bei all den rudellosen Wölfen und Menschenjägern werden wir wahrscheinlich bald aussterben …“
Das stimmte.
Trotz der Bemühungen unseres Alpha und unserer Krieger, uns zu beschützen, wurde unser Rudel immer kleiner. Mein Herz krampfte sich schmerzhaft in meiner Brust zusammen, als ich mich an das letzte Mal erinnerte, als ich meinen Vater sah.
Er wurde getötet, als er uns verteidigt hat.
„Bei Tisch wird keine Trübsal geblasen, Fräuleinchen“, sagte Montana. „Du musst mal aus deinem Gedankenkarussell heraus. Deshalb habe ich dir einen Job besorgt.“
Ich hob erstaunt den Kopf.
„Was hast du?“
„Du wirst als Dienstmädchen im Haus des Anführers arbeiten. Sie brauchen noch Leute für die Geburtstagsfeier des Alphas!“
Mir fiel die Kinnlade runter.
„Das ist eine perfekte Gelegenheit!“, schwärmte Montana.“ Vielleicht lernst du deinen Gefährten kennen und du kannst zumindest unseren Haushalt unterstützen. Die Rente deines Vaters wird nicht ewig ausgezahlt, weißt du?“
Ich konnte es nicht fassen. Ich schnaubte verärgert und stapfte in mein Zimmer. Ich ertrug es einfach nicht mehr, in ihrer Nähe zu sein.
Sie war kein schlechter Mensch – nach dem Tod meines Vaters hatte sie mich allein aufgezogen. Aber manchmal war sie echt nervig, weil sie davon ausging, dass alles richtig war, was sie einfach so für mich entschied.
Ich nahm mein Handy, weil ich mir einfach Luft machen musste.
Ich lege mein Handy weg und strecke mich auf meinem Bett aus.
Mir schoss eine Frage nach der anderen durch den Kopf, bis mich dann doch der Schlaf übermannte.
Es dauerte ewig, bis ich mich aus dem Bett geschleppt und angezogen hatte, aber schließlich machte ich mich auf den Weg zum Haus des Alphas.
Als ich mich der Villa näherte, musste ich mich über diese Prunksucht ärgern. Wie viel Platz brauchten die denn eigentlich?
Nach einem kurzen Sicherheitscheck durch einen Wachmann wanderte ich durch die großen Hallen und war mit meinen Gedanken weit weg.
Ich war nur ein einziges Mal im Haus des Alphas gewesen, als mein Vater noch lebte.
Noch immer erinnerte ich mich, wie er mich vor dem Sitzungssaal auf einen Stuhl gesetzt hatte.
„Bleib bitte hier sitzen, Rory. Es dauert nicht lange.“ Er hatte mir den Kopf getätschelt und war dann in einen Raum gegangen, in dem schon viele andere Werwölfe saßen.
Als ich dort saß, kam ein großer Mann auf meinen Stuhl zugelaufen.
Er hatte langes, tiefschwarzes Haar, Augen so dunkel wie Onyx und eine tiefe Schnittwunde im Gesicht. Neben ihm ging ein Junge mit einem sehr ähnlichen pechschwarzen Haarschopf und strahlend blauen Augen. Er hatte offensichtlich Streit mit dem älteren Mann.
„Aber ich bin der zukünftige Alpha, Papa! Darum sollte ich bei der Besprechung dabei sein!“derte
Es war der Alpha des Rudels mit seinem Sohn.
„Du bist noch nicht bereit für solche Besprechungen, mein Sohn“, hatte der Alpha mit emotionsloser Stimme und stoischer Miene geantwortet.
Als sie sich mir näherten, war ich schnell vom Stuhl gerutscht und hatte respektvoll meinen Kopf gesenkt. Das pflegten mein Vater und die anderen Dorfbewohner immer zu tun, wenn sie dem Alpha begegneten. Aber die beiden würdigten mich keines Blickes, obwohl sie direkt vor mir standen. Sie fuhren einfach mit ihrem Streitgespräch fort.
„Die haben meine Mutter getötet! Diese Dreckskerle haben sie umgebracht und ich will, dass sie dafür bezahlen!“, hatte der Junge seinen Vater angeschrien.
Er zitterte und war den Tränen nahe.
Sein Vater hatte ausdruckslos dagestanden, bevor er schließlich fortfuhr.
„Mein Sohn, wenn die Zeit gekommen ist, wirst du mit uns in den Besprechungen sitzen. Aber momentan machst du bitte mit deinem Verteidigungstraining weiter“, sagte der Mann und griff nach dem Türknauf.
„Ich werde deine Mutter rächen“, hatte der Alpha noch in einem todernsten Ton angekündigt, bevor er hinter der Tür verschwand.
Ich hatte meinen Kopf ein wenig angehoben und gesehen, wie der Junge die Tür anstarrte. Seine Augen hatten rot und verheult ausgesehen, und seine Hände waren zu Fäusten geballt gewesen.
Schließlich hatte er mich bemerkt. Er drehte sich zu mir um und wischte sich schnell die Tränen mit dem Ärmel weg.
„Wie lange bist du schon da? Wer hat dich reingelassen?“, fragte er misstrauisch und starrte mich immer noch an.
„Ähm … Mein Papa wurde zu einer wichtigen Besprechung mit dem Alpha und den Ältesten gerufen, Sir“, erwiderte ich schnell und senkte erneut den Kopf.
„Wer ist dein Vater? Wie heißt er?“, wollte er wissen, immer noch nicht überzeugt.
„Rodrick Craton, Sir“, antwortete ich, meine Hände zitterten vor Nervosität und ich versuchte vergeblich, sie ruhig zu halten..
„Craton? Dein Vater ist der Gamma?“, fragte er, diesmal etwas weniger aggressiv.
Damals wusste ich zwar, dass mein Vater eine wichtige Rolle im Rudel spielte, aber ich wusste nicht, wie bedeutend diese Rolle war.
„Ähm … ja?“, antwortete ich.
„Ist das eine Antwort oder eine Frage?“, fragte er spöttisch.
„Ähm … Antwort, Sir. Mein Vater ist der Gamma“, sagte ich und versuchte, selbstbewusster zu sprechen. Er musterte mich einen Moment, schüttelte dann den Kopf und winkte mit der Hand ab.
„Mach weiter mit … was auch immer du gerade tust.“ Und damit machte er auf dem Absatz kehrt und ging.
„Du, da drüben!“ Ich wurde durch lautes Rufen aus meinen Erinnerungen gerissen. Eine Frau Ende fünfzig lief so schnell sie konnte mit finsterem Blick auf mich zu.
„Bist du eines der Dienstmädchen, die bei der Gala aushelfen?“, erkundigte sie sich.
„J-Ja. Ich bin Aurora Craton“ antwortete ich und neigte meinen Kopf.
Ich spürte ein leichtes Tätscheln auf der Schulter und blickte zu der Frau hoch, die sich jetzt die Hand vor den Mund hielt.
„Rory?“, fragte sie.
„Ja“, antwortete ich, ohne wirklich zu verstehen, was ihre Gemütswandlung verursacht hatte.
Sie überraschte mich mit einer herzlichen Umarmung.
„Oooh, Rory! Als ich dich das letzte Mal gesehen habe, warst du noch ein kleines Mädchen. Mein Gott! Wie groß du geworden bist!“ Sie schob mich ein paar Schritte nach hinten und musterte mich von Kopf bis Fuß.
„Hast du schon einen Gefährten gefunden?“, erkundigte sie sich.
„Ähm, nein. Ich werde erst in ein paar Tagen achtzehn. Kennen … Kennen wir uns?“, fragte ich.
„Oh! Das tut mir leid, mein Kind. Ich bin Kala – die rechte Hand der Haushälterin im Haus des Anführers und die Hebamme des Dorfes. Ich kannte deinen Vater, als er noch der Gamma des Rudels war. Ich habe auch deine Mutter gekannt.“
Ihr Gesicht wurde schwermütig. „Ich war dabei an dem Tag, als sie …“, sie brach ab. „Es tut mir leid, dass ich sie nicht retten konnte, Liebes.“
Meine Mutter war bei meiner Geburt gestorben. Ich war dankbar, als ich sah, wie aufgewühlt Kala war. Ich konnte sehen, dass sie wirklich versucht hatte, sie zu retten.
Dann legte ich ihr eine Hand auf die Schulter, um sie zu beruhigen. „Das ist schon gut, Frau Kala“, sagte ich mit einem Lächeln. „Es ist mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen.“
Kala erwiderte mein Lächeln und legte ihre Hände auf meine Schultern. „Ich bin froh, dass du hier bist, Rory. Wir können wirklich jede Hilfe gebrauchen.“
Den Rest des Tages verbrachte ich damit, die Villa für die Geburtstagsfeier des Alphas vorzubereiten und zu putzen. Kala sagte mir, dass über sechshundert Gäste aus unserem Rudel und den benachbarten Rudeln kommen würden; es gab also eine Menge zu tun.
„Wie groß soll die Party denn werden?“, murmelte ich vor mich hin, während ich einen schweren Eimer mit schmutzigem Wasser hinter mir her schleppte. Ich mühte mich ab, um die Ecke zu biegen, als ich plötzlich mit jemandem zusammenstieß und sich das schmutzige Wasser über den ganzen Marmorboden ergoss, den ich gerade so mühsam gewischt hatte.
„Das ist doch nicht zu fassen“, grollte eine tiefe Stimme, die offensichtlich an den Befehlston gewöhnt war.
Ich runzelte die Stirn über diesen Tonfall. Als ob das ausschließlich meine Schuld gewesen wäre. Ich drehte mich um, um dem Kerl eine Standpauke zu halten, aber die Worte kamen mir nicht über die Lippen, als ich sah, um wen es sich handelte. Alpha Wolfgang.
„Bitte entschuldigen Sie, Sir“, murmelte ich kleinlaut, während mein Herz laut in meiner Brust pochte.
Ich erinnerte mich an den Jungen, der mich als Kind ausgefragt hatte. Aber mittlerweile war er erwachsen.
Er hatte immer noch diese widerspenstigen schwarzen Haare und die gleichen strahlend blauen Augen. Aber inzwischen überragte er mich und warf mit seinen breiten Schultern, fast wie ein Baum, einen Schatten auf mich. Ich konnte sehen, wie kraftvoll sein Körper war, wie markant der Kiefer und wie fest er die Zähne zusammenbiss. Seine Kleidung war von dem Wischwasser durchnässt und er blickte extrem grimmig drein.
„Ich kenne dich gar nicht“, sagte er. „Bist du ein neues Dienstmädchen?“
Ich nickte. „Ich bin eine Aushilfe, und helfe mit, die Gala vorzubereiten.“
„Gala?“ Alpha Wolfgang runzelte die Stirn.
„Für Ihren Geburtstag, Sir.“
„Ach, ja. Richtig.“ Wolfgang seufzte und kniff sich in den Nasenrücken.
Er wirkte nicht sehr glücklich über diese große Feier. Hatte er sie überhaupt gewollt?
„Dann mach jetzt hier sauber“, befahl er und deutete auf die schmutzige Pfütze.
Ich nickte und trat einen Schritt zurück, aber leider rutschte ich auf dem nassen Boden aus. Ich schrie auf, während ich taumelte, aber dann legten sich starke Arme um mich und verhinderten meinen Sturz.
Ich war sprachlos. Er drückte mich fest an seine Brust, und ich konnte durch seine Kleidung hindurch spüren, wie hart seine Muskeln waren.
Es fühlte sich an, als stünde mein ganzer Körper in Flammen.
„D-Danke“, stammelte ich, doch dann ließ er mich los und ich fiel zu Boden, wobei ich von Kopf bis Fuß mit dreckigem Wischwasser bespritzt wurde.
„Hey!“, beschwerte ich mich.
Er grinste nur und ich hasste mich dafür, dass mein Herz einen Schlag aussetzte.
„Jetzt sind wir quitt“, sagte er und deutete auf seine eigenen schmutzigen Klamotten. Dann ging er und ließ mich ungläubig zurück.










































