
„Du bist meine Schwester, Ellie! Ich liebe dich und nichts kann das ändern. Egal was du tust, ich werde immer für dich da sein. Du könntest mich niemals anwidern. Verstehst du das?“, sagte ich bestimmt. Es stimmte. Ich würde für sie durchs Feuer gehen. Sie könnte mich niemals abstoßen. „Jetzt erzähl mir alles.“
Ich hatte viele Fragen und musste einiges klären, bevor ich überlegen konnte, wie ich die Situation für sie und das Baby verbessern könnte.
Ellie seufzte und versuchte ihre Hände wegzuziehen, aber ich hielt sie fest. Sie musste wissen, dass ich sie niemals im Stich lassen würde.
„Ich habe Philip letzten Oktober in der Schule kennengelernt. Er war als Gastredner dort. Er hielt einen Vortrag über internationales Business. Obwohl er ein paar Jahre älter ist, haben wir uns auf Anhieb verstanden. Es war, als würden wir uns schon ewig kennen und es war Liebe auf den ersten Blick. Es war wie in einem Liebesroman; unsere Blicke trafen sich und ich wusste, er ist der Richtige.“
Ellie schien in Gedanken weit weg zu sein, ich konnte es in ihrem Gesicht sehen. Sie erinnerte sich an den Moment, als sie Philip zum ersten Mal traf. Aber ich konnte nicht nachvollziehen, was sie meinte. Ich hatte noch nie so etwas gefühlt und diese Erkenntnis machte mich traurig.
„Wir verbrachten immer mehr Zeit miteinander und nach ein paar Monaten gestand er mir seine Liebe und ich erwiderte sie. Und aus unserem großen Glück wurde ... das hier.“
Wieder liefen ihr Tränen über die Wangen.
„Ich glaubte, wir hätten eine gemeinsame Zukunft. Wir träumten davon und in diesem Traum war alles perfekt – so perfekt, dass ich hätte wissen müssen, dass es nicht wahr sein kann.“ Ellies Stimme brach.
„Letzte Woche fiel mir auf, dass meine Periode überfällig war und ich machte einen Test. Ich dachte, Philip würde sich freuen, aber ich kam nie dazu, es ihm zu sagen.“
Sie weinte erneut und es brach mir das Herz, weil ich ahnte, was als nächstes kommen würde.
„Er sagte ... es ist aus ... er sagte, es ist vorbei. Er sagte, ich solle ihn nicht suchen ... und log, als er sagte, er würde mich lieben.“ Sie hatte Mühe, deutlich zu sprechen, aber ich verstand.
Was konnte ich dazu sagen? Ich war so wütend. Am liebsten hätte ich ihm wehgetan. Dieser Mistkerl hatte meiner Schwester das Herz gebrochen! Ich würde ihn zur Rechenschaft ziehen, koste es, was es wolle.
„Gestern war ich in der Klinik. Ich hatte einen Termin ...“
Ich fühlte mich unendlich traurig. Sie musste nicht mehr sagen. Ich wusste, was für ein Termin das war. Am meisten schmerzte mich zu wissen, dass sie das alles alleine durchgemacht hatte; es traf mich bis ins Mark.
„Aber ich konnte es nicht tun.“
Ich atmete erleichtert aus, ohne zu merken, dass ich die Luft angehalten hatte.
„Als die Schwester meinen Namen aufrief, bin ich davongelaufen. Ich konnte es nicht über mich bringen.“
Ellie sah mich nicht an, als sie leise sprach, aber ich verstand alles, was meine Schwester sagte. Tränen liefen unaufhörlich über ihre Wangen und auch mir stiegen die Tränen in die Augen.
„Ich verstehe, Liebes, ich verstehe ...“, flüsterte ich und nahm sie wieder in den Arm. Mir wurde bewusst, wie lange es her war, dass wir uns so nahe waren.
„Ich verspreche dir, alles wird gut. Wir stehen das zusammen durch, wie immer.“ Ich küsste ihre Stirn und bettete ihren Kopf an meine Schulter.
Aber der Gedanke an einen kleinen Jungen, der mich Tante nennen würde – und ich war mir sicher, es würde ein Junge sein, ein Junge, den ich lieben, verwöhnen und beschützen würde – gab mir die Kraft, Ruhe zu bewahren.
„Ich verstehe nicht, warum du nicht sauer auf mich bist“, sagte Ellie und überraschte mich. „Wie kannst du ... Hasst du mich nicht dafür, dass ich alles zunichte gemacht habe, wofür wir so hart gearbeitet haben?“
„Ellie, ich könnte dich niemals hassen. Aber ich bin wütend. Nein, ich bin mehr als wütend! Ich bin stinksauer, dass du das alles für dich behalten hast. Ich bin sauer, weil du das alles alleine durchgestanden hast. Ich bin sauer, weil du mir nicht genug vertraut hast, um mir zu erzählen, was los war. Ellie, egal wie beschäftigt ich bin, du und das Baby sind immer das Wichtigste für mich. Zweifle nie daran.“
Während wir auf der Couch saßen und uns umarmten, kam mir eine Idee. Ich wusste, es könnte nach hinten losgehen, aber ich musste es versuchen.
„Wie heißt er?“, fragte ich beiläufig und bemühte mich, normal zu klingen.
„Philip King“, sagte Ellie, und ich konnte ein leichtes Lächeln nicht unterdrücken.
King, King, King ... warum kam mir das so bekannt vor? Das war zwar eine Großstadt, aber ich meinte, diesen Namen schon einmal gehört zu haben.
Und dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
„King wie in King Enterprises?“ Ich war schockiert bei dem Gedanken, dass meine Schwester mit einem der einflussreichsten Geschäftsmänner des Landes liiert gewesen sein könnte.
Aber als ich darüber nachdachte, war ich nicht überrascht, dass sie von so einem reichen Schnösel, der nur mit ihr gespielt hatte, das Herz gebrochen bekommen hatte.
Ellie hatte ein Herz aus Gold und selbst nach allem, was uns widerfahren war, glaubte sie immer noch an das Gute im Menschen und sah nur das Positive.
„Ich glaube schon ... warum? Bitte sag mir, dass du keine Dummheiten machen wirst!“ Sie sah besorgt aus und ich versuchte schnell, sie zu beruhigen.
„Nein, Schatz, mach dir keine Sorgen. Ich werde nichts Unüberlegtes tun“, sagte ich ihr. Aber in meinem Kopf arbeitete es bereits auf Hochtouren. „Aber du musst mir etwas versprechen ...
Du wirst nie wieder, aus keinem Grund und unter keinen Umständen, versuchen, dir selbst wehzutun wie heute. Haben wir einen Deal?“
Ellie nickte und ihre Augen verrieten, dass sie es ernst meinte. Ich stand auf und streckte ihr meine Hand entgegen, die sie sofort ergriff.
Ich hatte meine Schwester zurück und im Bewusstsein, wie knapp ich sie beinahe verloren hätte, schwor ich mir im Stillen, sie nie wieder von mir wegdriften zu lassen.
„Komm, lass uns dich ins Bett bringen. Du brauchst Ruhe. Du hast genug geweint und von jetzt an ist das tabu. Okay?“
Ellies Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, das diesmal ihre Augen erreichte. In ihnen lag Hoffnung und der Wille, für ihr Leben zu kämpfen.
Ich half ihr ins Bett und zog die Decke über sie, bevor ich die Jalousien herunterzog und das Licht löschte.
„Sophia?“, rief sie, als ich gerade dabei war, unsere Schlafzimmertür zu schließen. „Warum bist du so früh nach Hause gekommen? Ist bei der Arbeit alles in Ordnung?“
„Klar doch, Ellie. Was sollte denn nicht in Ordnung sein? Ich bin nur hundemüde, also hat Herr Saunders mir freigegeben, damit ich mich ausruhen kann“, flunkerte ich.
Auf keinen Fall würde ich ihr erzählen, was mir kurz bevor ich unsere Wohnung betrat, widerfahren war.
Sobald ich die Tür geschlossen hatte, holte ich mein Handy aus meiner Handtasche und begann im Internet nach den Kings zu recherchieren. Ihre Firma war, wie zu erwarten, das erste Suchergebnis und ich erkannte ihr Gebäude in der Innenstadt auf den Bildern wieder.
Es war später Nachmittag und bis ich dort ankäme, wäre er wahrscheinlich schon aus dem Büro verschwunden und ich könnte ihn nicht zur Rede stellen und ihm heimzahlen, was er getan hatte.
Seine Privatadresse ausfindig zu machen war knifflig, aber ich stieß auf eine Website, auf der Mädchen die Informationen teilten, die ich brauchte und mehr.
Kings Adresse war dort aufgelistet. Ich hoffte inständig, die verrückten Fans lägen richtig.
Voller Tatendrang notierte ich sie auf einem Zettel, schloss die Wohnungstür ab und machte mich auf den Weg in das noble Viertel, in dem King residierte.