Kann diese Frau noch reizvoller sein? Ihre helle Haut lässt mich sie berühren wollen, während ich sehe, wie sich ihr Mund beim schnellen Atmen öffnet.
Am liebsten würde ich meine Hände in ihr weißes Haar graben, ihren Kopf sanft nach hinten neigen und ihren Hals mit Küssen bedecken.
Ich stelle mir vor, wie ihre grünen Augen zu mir aufblicken, während sie meinen ganzen Schaft mit ihren Lippen umschließt und mich vor Erregung erzittern lässt.
Doch ich darf diese Dinge nicht mit ihr tun. Noch nicht, bis wir uns sicher sind.
Selbst wenn sie nicht unsere Königin wäre, würde ich gerne mit ihr schlafen. Erik wird mich wahrscheinlich nicht an sie heranlassen; wahllose Liebeleien bringen uns nicht weiter.
Ich habe mit jeder weißhaarigen Frau im Umkreis von tausend Kilometern geschlafen - manchmal haben wir sie uns sogar geteilt. Aber wie oft hatte ich Sex, ohne es ihnen zu sagen? Zu oft, um es zu zählen.
Es ist bedauerlich, dass keine von ihnen unsere Königin war. Ich glaube, der Zauberer lacht sich ins Fäustchen, wo auch immer er steckt.
"Also, woher kommst du?", frage ich und versuche, die Unterhaltung vorerst locker zu halten. Erik wird Antworten erwarten, wenn ich zurückkehre, und ich weiß, dass er Small Talk schätzt.
"Aus Neuengland. Genauer gesagt aus Maine. Das ist ein Bundesstaat in-"
"Nordamerika", unterbreche ich sie. "Ich kenne es."
Wir waren schon ein paar Mal in Nordamerika, aber wir hätten nie gedacht, dass unsere Königin dort sein könnte.
Warum sollte der Zauberer unsere Geliebte in ein Land schicken, das wir nie besucht haben?
Oder vielleicht ist genau das die Tücke seines Fluchs - er will, dass wir müde werden sie zu suchen, aber nie an den richtigen Orten nachsehen.
"Entschuldigung", sagt sie leise. "Woher kommst du?"
Ich lächle. Ich könnte ihr die Wahrheit sagen, dass ich 927 n. Chr. in dieser Gegend geboren wurde, aber sie würde mich nur auslachen. Also gebe ich ihr stattdessen die Antwort, die ich allen Frauen dieser Zeit gebe.
"Ich wurde in Oslo geboren, habe aber in Großbritannien Archäologie studiert."
Das stimmt zwar nicht, aber ich kann den Leuten ja schlecht erzählen, dass ich ein uralter Wikinger bin, der über tausend Jahre alt ist, oder?
"Ich kenne deinen Namen noch gar nicht", sage ich.
"Runa. Runa Liv."
Mein Herz macht einen Satz. Runa Liv. Warum kommt mir dieser Name so vertraut vor? Es ist fast, als würde ich ihn kennen. Rückwärts wäre es...
Donnerwetter. Eine bahnbrechende Entdeckung. Ein Funken Hoffnung, den ich seit vielen hundert Jahren nicht mehr gespürt habe. Vilanur war der Nachname unserer Geliebten.
"Woher hast du diesen Namen?", frage ich und bemühe mich, meine Aufregung zu verbergen.
"Meine Großmutter hat mich nach einer meiner Lieblingsgeschichten zum Einschlafen benannt." Sie lacht und streicht sich eine weiße Haarsträhne hinters Ohr.
Ich kann den Blick nicht von ihr abwenden. Es ist zu lange her, dass wir so eine Entdeckung gemacht haben. Das letzte Mal war 1867, als wir nach Westen zogen und Nordamerika erreichten.
Obwohl sie kein weißes Haar hatte, war sie die Frau, die unserer Königin am nächsten kam, seit über hundert Jahren.
Sie erfüllte alles auf unserer Liste außer dem Haar, aber wir erfuhren bald, dass sie es nicht war. Sie war nicht unsere Königin und wir mussten von vorne anfangen. Wieder einmal.
Aber diesmal? Diesmal gibt es zu viele Übereinstimmungen, als dass sie es nicht sein könnte. Aber wenn ich mich irre und sie nicht unsere Königin ist, werden wir vielleicht alle den Verstand verlieren.
Wir können nur eine begrenzte Anzahl von Enttäuschungen verkraften. Wir brauchen wirklich gute Nachrichten.
"Also, sag mir, Runa... hast du einen Freund? Eine Freundin? Bist du verheiratet? Erzähl mir mehr über dich", frage ich.
Sie lacht und es klingt bezaubernd. "Nichts davon, fürchte ich. Ich bin seit Jahren solo. Aber das heißt nicht, dass ich nicht gerne mit Männern zusammen bin. Oder Frauen.
Jetzt muss ich lachen. Sie ist eine wunderbare Frau und ich kann es kaum erwarten, sie Erik und Torsten vorzustellen. Sie werden sie genauso mögen wie ich.
"Ich mag es, wenn du redest", sage ich aufrichtig. "Deine Stimme hat etwas sehr Beruhigendes für mich. Erzähl mir mehr, Runa Liv."
Sie schluckt und nickt langsam. "Okay, ähm - Was genau soll ich sagen? Manchmal habe ich viel zu sagen, aber ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll.
"Manche Leute finden mich nervig, andere finden mich lustig. Also, was bin ich, Leif? Nervig oder lustig?"
Ich lache wieder und schüttle den Kopf. "Warum unterhältst du mich nicht einfach?"
Während sie eine Geschichte erzählt, der ich nicht wirklich zuhöre, denke ich an etwas anderes.
Erik hat mir einmal erzählt, er habe etwas in dem einzigen alten Geschichtsdokument gelesen, das wir haben - einem Stein mit Inschriften über unseren Fluch und wie wir erkennen können, ob wir unsere Königin gefunden haben.
Wir hatten keine Gelegenheit, es auszuprobieren, seit wir davon erfahren haben, aber jetzt kann ich es tun.
"Und weil ich mir den Zeh gestoßen habe, habe ich mir viele neue Schimpfwörter ausgedacht, und meine Oma hat mich nicht dafür ausgeschimpft.
"Weißt du, wie weh es tut, sich den kleinen Zeh an einer Metallstange zu stoßen? Es ist das Schmerzhafteste-"
"Minn dróttning", sage ich in unserer alten Sprache - Altnordisch.
Sie verstummt augenblicklich und ihre Augen blinzeln nicht. Ihre Schultern straffen sich und ihr Gesicht wird ausdruckslos. Ich kann es kaum fassen.
Ich winke mit der Hand vor ihrem Gesicht und lache, als sie nicht blinzelt oder sich bewegt. Ich habe sie mit zwei einfachen Worten erstarren lassen.
Worte, die alles für uns bedeuten.
Ehrlich gesagt dachte ich nicht, dass das möglich wäre. Der Stein sagte, unsere Königin würde für einen Moment erstarren, nachdem diese Worte gesprochen wurden, und hier sind wir. Ich bin völlig verblüfft.
Sie scheint nicht zu wissen, was gerade passiert. Sie hat keine Ahnung, dass ich ihr das angetan habe, oder?
Ich war seit Jahren nicht mehr so aufgeregt. Das ist es. Das ist es wirklich. Wir haben sie gefunden.
Ich schnippe mit den Fingern vor ihrem Gesicht, sie blinzelt schnell und spricht genau da weiter, wo sie aufgehört hat.
"Der Welt, Leif. Ich dachte, ich hätte mir den kleinen Zeh gebrochen. Er wurde schwarz und blau und blieb monatelang so. Er sieht seitdem nie mehr gleich aus.
"Willst du ihn sehen?", fragt sie und zeigt auf ihren Fuß in Stiefeln.
Aber ich schüttle den Kopf und denke nur an eines.
"Es tut mir leid, dich zu verlassen, Runa, aber ich muss zurück zur Hütte. Etwas sehr Wichtiges ist aufgetaucht. Du solltest wieder an die Arbeit gehen, okay?" Ich kratze mich am Hinterkopf, unsicher, was ich tun soll.
Wir haben nicht wirklich einen Plan dafür.
Als wir dachten, wir hätten unsere Königin früher gefunden, trugen wir sie wie die Krieger, die wir sind, in unser Bett. Aber ich glaube, Runa würde so ein Verhalten nicht schätzen.
Die Frauen dieser Zeit sind anders als alle, die wir je kennengelernt haben.
Erik wird wissen, was zu tun ist, da bin ich mir sicher.
Ich drehe mich um, um von ihr wegzugehen, sehe sie ein letztes Mal an und halte den Atem an. Ich kann nicht glauben, dass ich gerade vielleicht unsere geliebte Königin gefunden habe.
