Die Millennium Wölfe - Buchumschlag

Die Millennium Wölfe

Sapir Englard

Die Konfrontation 🌶️

SIENNA

Ich marschierte direkt zum Rudelhaus, wo ich Aiden finden würde. Als ich das Eingangstor erreichte, blieb ich stehen, um zu wittern.

Es roch nach Werwölfen und Menschen, nach Vegetation und stinkenden Fahrzeugen. Ich runzelte die Stirn. Ich roch alles, bis auf den einen Geruch, den ich suchte.

Seinen Geruch.

War es möglich, dass markierte Frauen nicht mehr riechen konnten? Wäre das nicht eine besondere Krönung der bereits chauvinistischen Werwolf-Welt?

Der Wachposten warf mir einen misstrauischen Blick zu. Ich setzte ein unschuldiges Lächeln auf und schlenderte hinüber.

„Entschuldigen Sie“, sagte ich geschmeidig, „ist Herr Norwood hier?“

„Warum willst du das wissen?“

„Weil ich ihn gern sehen würde.“

Normalerweise hätte meine Fähigkeit, die Konversation in meine Bahnen zu lenken, genügen sollen. Aber dieser Wachmann schien darauf trainiert zu sein, dieser Begabung zu widerstehen.

„Hast du einen Termin vereinbart?“, fragte er herablassend. „Viele junge Damen wollen Herrn Norwood sehen.“

Ich hatte keine Zeit für Diskussionen. „Du wirst mich gefälligst reinlassen“, knurrte ich. „Und zwar jetzt.“

Mein Gesichtsausdruck verfinsterte sich, als ich einen Finger in eine lange schwarze Kralle verformte. Ich musste ihn nicht wirklich bedrohen. Der Wachmann wusste genau, mit wem er es zu tun hatte.

Er tastete nach der Schlüsselkarte und stieß das Tor auf.

„Danke“, antwortete ich und ließ die Hand zu ihrer menschlichen Form zurückkehren.

Damit lief ich an ihm vorbei und betrat die Räumlichkeiten des Rudelhauses. Wütend stürmte ich durch die Haustür. Meine Wolfsaugen leuchteten blau in meiner menschlichen Gestalt. Es würde Aiden schon noch klar werden, dass er die falsche Frau gebissen hatte.

Die Menge wich zurück, als ich zur Treppe ging. Bevor ich die Stufen hinaufstieg, hielt ich inne und witterte erneut. Der erste Geruch, den ich wahrnahm, war der sterile Geruch des Raumes, dann der der anderen Werwölfe und der Menschen.

Ich stieß ein frustriertes Knurren aus, als mich plötzlich ein Cocktail von holziger Essenz, Grasaroma und Zitrus traf.

Der Duft war hypnotisierend. Er ätzte sich in meine Schleimhaut und strömte in meinen Mund, aber ich schüttelte den Zauber ab. Aiden Norwood glaubte, er könnte mich wie ein sabberndes Fangirl herumkommandieren, weil er der Alpha war. Er hätte nicht falscher liegen können.

Ich folgte dem Geruch in den dritten Stock, wo ich zu einer großen Eichentür kam. Ich hörte gedämpfte Stimmen auf der anderen Seite und legte mein Ohr an die Tür. Ich hatte ihn gefunden. Den Alpha.

AIDEN

Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück, als Josh durch den Raum lief und sich auf eine seiner langen Reden vorbereitete. Ich hatte nur halb aufgepasst. Etwas anderes hatte meine Sinne geschärft.

Jocelyn, Nelson und Rhys sahen schweigend zu. Sie waren zu schlau, um Josh zu unterbrechen, als er gerade so richtig in Schwung kam.

„Josh, spuck es aus“, knurrte ich.

„Aiden“, begann er und lehnte sich an meinen Schreibtisch. „Wir machen uns Sorgen um dich. Aber nicht nur wir. Auch andere Mitglieder des Rudels haben es bemerkt.“

„Es sind nicht nur Gerüchte und Klatsch. Die Leute hinterfragen deine Fähigkeit zu führen. Sie haben das Gefühl, dass du nicht mehr du selbst bist. Ein Rudel kann nicht funktionieren, wenn seine Mitglieder anfangen, ihren Alpha infrage zu stellen.“

Ich richtete mich auf und spannte die Muskeln an, um meine Dominanz zu zeigen. „Josh, es gibt keinen Grund zur Sorge. Ich habe jemanden gefunden.“

„Du hast ein neunzehnjähriges Mädchen markiert, das du kaum kennst. Wie soll ich da nicht besorgt sein? Du solltest nach deiner Partnerin suchen und nicht mit einem verknallten Teenager herumalbern.“

„Du kennst sie ja selber nicht“, unterbrach ihn Jocelyn. „Es ist nicht fair von dir, so über sie zu urteilen.“

Josh funkelte Jocelyn an und schürzte die Lippen. „Ich hab nicht vor, das Mädchen anzuklagen. Ich sage nur, dass die Zukunft dieses Rudels wichtiger ist als die Bedürfnisse von Einzelnen.“

„Aiden würde alles für das Rudel tun. Hinterfragst du seine Führung?“, fragte Rhys aufbrausend.

Wie immer war Jocelyn die, die alle wieder beruhigte. „Ich bezweifle, dass Josh die Loyalität von jemandem infrage stellen wollte. Dennoch hat er einen wichtigen Punkt angesprochen. Aiden, was machst du jetzt?“

„Ich habe mich wieder fest im Griff, das verspreche ich.“ Ich konnte es mir nicht leisten, Zweifel zu zeigen. Aber ich kannte Josh. Er würde es sowieso merken. Früher oder später.

„Ich möchte nur, dass du ehrlich zu uns bist“, antwortete Josh. „Was ist in letzter Zeit mit dir los?“

Bevor ich antworten konnte, flog die Bürotür mit einem splitternden Krachen auf.

SIENNA

Ich hatte den Wolf in mir voll unter Kontrolle, als ich in den Raum stürmte.

Zwanzig Schritte entfernt, hinter einem massiven Schreibtisch, saß der Mann, den ich sehen wollte. Er war nicht allein, aber das war mir egal.

Alle Augen waren auf mich gerichtet, auch die von Aiden, die wie immer wunderschön aussahen. Er schien von meinem Hereinplatzen erstaunlich wenig überrascht zu sein. Er muss mich schon gerochen haben, als ich das Rudelhaus betrat.

Mein Zorn hatte jetzt den Siedepunkt erreicht und ich stieß ein wildes Heulen aus, das den Raum erschütterte.

„Du“, knurrte ich, biss die Zähne zusammen und fixierte ihn herausfordernd.

Aidens Augen verengten sich, als er aufstand und hinter dem Schreibtisch hervortrat. „Ich habe mich gefragt, wann du auftauchen würdest“, sagte er. „Früher als ich erwartet hatte. Ich bin geschmeichelt.“

Als Wolf hätten meine Haare sich bei dieser arroganten Bemerkung aufgestellt. „Geschmeichelt? Denkst du, ich bin gekommen, um für dich da zu sein?“, knurrte ich ihn an, ohne den Augenkontakt zu verlieren.

„Warum wärst du sonst hier? In meinem Büro? Bei mir und der Führung?“

„Um dir zu beweisen“, spuckte ich aus, „dass ich keine Angst vor dir hab.“

Jetzt hob Aiden eine Augenbraue und trat langsam vor. „Nein?“ Sagte er. „Vielleicht solltest du das aber.“

Ich fühlte, wie mir ein unbehagliches Zittern den Rücken hinunterlief. Die Augen des Mannes waren berauschend. Aber sein Knurren war das eines fleischfressenden Raubtiers. Ich würde nicht seine Beute werden.

„Du bist vielleicht der Alpha“, sagte ich langsam, „aber ich gehöre dir nicht.“

„Das Zeichen auf deinem Hals sagt etwas anderes.“

Ich hatte genug von seinen Spielchen. Alpha oder nicht, niemand hat je so mit mir geredet und ist damit durchgekommen.

Die Krallen flogen zu seinem Nacken. Aber er fing meine Handgelenke auf, bevor ich sie darin versenken konnte. Ich wollte das Knie in ihn bohren, als er mich herumwirbelte und auf seinen Schreibtisch warf. Seine Hüften drückten sich gegen mich, während eine seiner Hände meine Krallen und die andere meinen Kiefer festhielt.

„Raus“, zischte er. Eine Sekunde lang dachte ich, er meinte mich, bis ich Schritte hörte und mich daran erinnerte, dass sich noch andere Leute im Raum befunden hatten.

Jetzt waren wir ganz alleine.

Er beugte sich vor, damit ich die Hitze seines Atems am Nacken spüren konnte. „Zügle deinen Wolf“, befahl er.

Ich wollte nicht nachgeben und knurrte durch die Zähne. Er packte mich fester und drückte sich an mich, sodass die Hitze in mir aufstieg.

„Frau“, murmelte er, während er mit den Lippen über den Biss glitt, den er mir zugefügt hatte. „Ich hab dir gesagt, du gehörst mir und ich hab es so gemeint. Akzeptier es, gib nach.“

Ich knurrte erneut, aber diesmal mit weniger Überzeugung. Er konnte spüren, wie die Hitze in mir aufflammte. Er streckte den Finger aus und fuhr mir über die Unterlippe.

Ein leises Keuchen entwich meinem Mund. Die Augen schlossen sich, als seine Fingerspitze über meine feuchten Lippen tanzte.

„So ist es besser“, sprach er weiter, während er den Biss mit den Lippen streichelte.

Mein Bauch zog sich zusammen, die Brustwarzen wurden hart. Ich glühte. Auf einmal hatte sich der Wolf in mir zurückgezogen und übrig blieben nur die Hitze und fleischliche Lust.

Verflucht noch mal.

„Ich will nicht mit dir kämpfen“, sagte er und nahm seine Lippen von meiner heißen Haut, „aber fordere mich nie wieder öffentlich heraus.“

„Aber dich privat herauszufordern ist in Ordnung?“, murmelte ich und kämpfte gegen das überwältigende Zittern an, das mich erfasste, als die anschwellende Wölbung in seiner Hose an meinem Unterleib rieb.

Er lachte leise. Das Geräusch war berauschend und die Vibration in seiner Brust ließ mich erzittern. „Oh, ich zähle darauf“, sagte er und seine Stimme streichelte mir den ganzen Körper. „Deshalb habe ich dich markiert.“

„Achso, das ist also nur ein Spiel für dich?“, schoss ich zurück und versuchte, mich aus seinem Griff zu befreien.

„Hast du keinen Spaß?“, neckte er mich und drückte mir einen warmen Kuss auf den Nacken.

Na klar! Was für ein Idiot war ich doch. Zu denken, dass er sich tatsächlich für mich interessieren würde, während ich nichts weiter war als eine neue Herausforderung. Eine weitere Frau, die er dominieren wollte, um dann bei seinen Freunden damit zu prahlen.

Also, ich war nicht bereit, seine lustige kleine Abwechslung der Saison zu sein.

Die Hitze, die in mir aufgeflammt war, verschwand so brutal, wie sie gekommen war. Wenn er eine Herausforderung wollte, würde er eine bekommen. Ich machte es zu meiner neuen Mission, Aiden Norwood zum sexuell frustriertesten Werwolf in ganz Nordamerika zu machen.

„Nein, eigentlich nicht", sagte ich steif. „Lass mich los.“

Er drückte sich wieder an mich. „Wirst du bei mir einziehen?“

„Nein.“

So ein Arschloch.

Er lachte erneut. Diesmal hatte ich Lust, ihm das Gesicht einzuschlagen. „Das dachte ich mir schon. Sieht so aus, als müsste ich dich fangen.“

„Zumindest einer von uns scheint sich zu amüsieren“, antwortete ich. „Jetzt lass mich los. Ich sag’s nicht noch mal.“

„Wie du willst“, sagte er und lockerte den Druck um meinen Körper, „aber früher oder später wird die Hitze wieder kommen und du wirst nach meiner Berührung betteln.“

Ich stand auf und schob ihn aus dem Weg. Mit einem leichten Grinsen machte er sich über mich lustig.

„Du kannst gern versuchen, mich zu fangen, Alpha, aber erwarte nicht, dass es dir gelingt.“

Er sah mir nach. Bevor ich die Tür erreichte, rief er leise und grollend: „Sienna.“

Ich drehte mich um. Noch nie hatte ich gehört, dass er meinen Namen sagte. „Nenn mich Aiden.“

Ich blicke ihm noch einmal in die Augen. Sie waren goldener und weniger grün aus als je zuvor. Aber ich würde ihm die Befriedigung nicht geben. Ich drehte mich um und ging hinaus. Hinter mir hörte ich, wie er mich verhöhnte.

„Die Jagd hat begonnen ...“

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