
Präsident Brutus bahnte sich seinen Weg durch die Menge auf mich zu. Er hatte mich noch nicht bemerkt, da viele Leute versuchten, ihn anzusprechen.
Ich wollte vorwärts gehen, aber meine Füße fühlten sich wie Blei an.
Ich holte tief Luft und zwang mich weiterzugehen. Ich hatte Bammel, er könnte wieder unfreundlich sein.
Dann trafen sich unsere Blicke und er kam näher.
„Hallo“, sagte ich leise.
„Du bist es“, sagte Präsident Brutus und musterte mich genau. Ich fühlte mich wie auf dem Präsentierteller. Er klang nicht gerade begeistert, mich zu sehen...
Bevor wir weiter reden konnten, legte ein Mann seine Hand auf die Schulter des Präsidenten. Als Brutus sich umdrehte, meinte ich, die Tätowierung wieder zu sehen.
„Brutus! Da bist du ja!“, rief der große Mann. Sein Gesicht war vom Alkohol gerötet. Er sah mich an und ich wusste sofort, wer er war. Der Präsident des Winterborn Clubs. „Ah, gut. Hol mir noch einen Drink, Hausmädchen.“
Er drückte mir ein leeres Glas in die Hand und ich trat zurück, während er mich links liegen ließ.
„Also, meine Tochter sagt, du würdest ihr aus dem Weg gehen, Brutus“, sagte er. „Ich dachte, der Blood Riders Club wäre sehr gastfreundlich! Enttäusch uns nicht!“
Taylor trat vor, sie sah in ihrem Kleid umwerfend aus. Ich sah, wie sie Brutus kokett anlächelte.
Präsident Brutus lächelte zurück, aber für mich wirkte es aufgesetzt.
„Das würde ich niemals wollen“, erwiderte Brutus. Er verbeugte sich leicht und reichte Taylor die Hand.
„Ähm“, sagte ich, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen.
„Du bist immer noch hier, Mädchen?“, fragte der Winterborn-Präsident unfreundlich. „Was für Personal hast du denn, Brutus?“
„Eigentlich bin ich nicht deswegen hier...“, begann ich zu erklären.
„Du trägst dieses Outfit also nur zum Spaß?“, fragte Taylor genervt.
Mein Gesicht wurde vor Scham knallrot. Ich sah zu Brutus, aber sein Gesicht war wie versteinert.
„Kennst du dieses Mädchen, Brutus?“, fragte Taylor und legte ihre Hand auf seine Brust.
Ich war stinksauer. Dieses Mädchen war viel zu aufdringlich. Taylor lächelte mich an und ich wusste genau, was ich sagen könnte, um ihr das Lächeln aus dem Gesicht zu wischen.
„Ich bin eigentlich, vielleicht, möglicherweise seine-“
„Willst du einfach nur rumstehen oder holst du seinen Drink?“, fragte Brutus.
Sie warteten nicht einmal auf meine Antwort. Sie wandten sich ab, um die Party zu genießen, als wäre ich Luft für sie.
Ich war wie vor den Kopf gestoßen.
Ich hätte fast angefangen zu heulen. Es fühlte sich an, als würden mich alle anstarren. Sie hatten alles mitbekommen.
Ich schämte mich in Grund und Boden. Ich drehte mich um und rannte so schnell ich konnte.
Weg aus dem Raum...
Weg von den redenden Leuten...
Weg von der Scham...
Ich rannte weiter, bis ich durch die Vordertür und in den großen Garten gelangte, der zu den Toren führte, aber ich hielt dort nicht an.
Ich lief weiter, bis ich zu Hause ankam. Meine Arbeit war mir schnuppe, ebenso wie die Tatsache, dass ich noch meine Arbeitskleidung trug.
„Andi? Bist du das?“, hörte ich meine Stiefmutter aus dem Wohnzimmer rufen.
Ich rannte die Treppe hoch in mein Zimmer, knallte die Tür zu und warf mich auf mein Bett. Ich umarmte mein Kissen fest und heulte Rotz und Wasser.
Kurz darauf öffnete sich die Zimmertür und Tallahassee kam herein.
„Ich dachte, die Party würde länger dauern. Was ist passiert?“
Ich antwortete nicht. Ich weinte einfach weiter.
„Andi, was ist los?“, fragte sie besorgt.
„Lass mich einfach in Ruhe“, sagte ich durch das Kissen, das mein Gesicht bedeckte.
Aber wie üblich hörte sie nicht auf mich, und ich spürte, wie sich das Bett bewegte, als sie sich neben mich setzte. Ich fühlte ihre Hand, die meinen Kopf streichelte.
„Es ist okay“, sagte sie. „Du solltest jetzt nicht weinen, Liebes. Nicht an deinem Geburtstag.“
Dann umarmte sie mich fest. Ich war so dankbar für sie.
Vielleicht war es gar nicht Präsident Brutus gewesen. Vielleicht hatte ich mich getäuscht. Und selbst wenn, wollte ich das überhaupt? Ich konnte die aufregenden Gefühle nicht ignorieren, aber vielleicht lag das nur daran, dass er so wichtig war. Er konnte auch gemein sein.
Ich würde einfach geduldig sein müssen und warten, um meinen Ride or Die zu finden.
„Ich glaube, ich hab da was gesehen, Matt.“
„Was denn?“, fragte er ernst.
„Mein Tattoo.“ Ich hielt die Augen geschlossen und ließ den Kopf hängen, um alles zu verarbeiten. Die Party war vorbei und ich saß in meinem dunklen Büro. Ich musste dem Trubel entkommen, bevor ich noch etwas kaputt machte.
„Hast du in den Spiegel geschaut?“
„Nein. An jemand anderem. Ich hab's zuerst gesehen, als ich sie vor einem Übeltäter im Wald gerettet habe. Das neue Mädchen. Aber es war dunkel, also konnte ich's nicht genau erkennen. Aber ich denke, vielleicht... Ach, vergiss es. Ich hab Wichtigeres im Kopf.“
„Kommt gar nicht in Frage, Brute. Wir haben auf unseren besonderen Menschen gewartet. Und jetzt, wo sie da ist, kneifen wir den Schwanz ein?“, sagte Matt aufgebracht. „Los, such sie.“
Ich erinnerte mich an die unschuldigen grauen Augen des Mädchens, voller Schock und Tränen. Ich fühlte mich mies.
Vielleicht hätte ich nicht so mit ihr reden sollen.
Ich schüttelte den Kopf.
„Und was meinst du, was aus unserer neuen Freundschaft mit Winterborn wird? Es ist doch klar, dass Taylor meine Freundin sein will“, erklärte ich.
„Wen juckt das?“, fragte Matt laut.
„UNS SOLLTE ES JUCKEN!“, brüllte ich wütend. Ich schlug mit den Fäusten auf meinen Schreibtisch und zertrümmerte das Holz. „Keine Freundschaft heißt weniger Fahrer. Weniger Fahrer heißt, dass die Bösen in unser Gebiet einfallen. Und weißt du, was das bedeutet?“
Er antwortete nicht.
„Es bedeutet, dass wir alle draufgehen, Matt. Alle.“
„Du denkst, dass unser besonderer Mensch uns überhaupt nicht helfen würde“, sagte Matt. „Was, wenn sie dich zu einem besseren Mann macht? Einem besseren Anführer?“
„Besser als eine Winterborn-Armee?“, fragte ich.
Er zuckte mit den Schultern, als wollte er sagen „Vielleicht“.
Ich seufzte. Matt würde nicht locker lassen. Und wenn ich ehrlich war... natürlich wollte ich einen besonderen Menschen. Als ich sie sah, wollte ich sie in die Arme schließen und zu meiner machen. Sie war wunderschön.
Aber sie musste gut genug sein. Nicht für mich. Für den Club.
„Na ja, es gibt nur einen Weg, das rauszufinden“, sagte ich. „Ich muss sichergehen, dass das Tattoo dasselbe ist.“
Ich schreckte aus dem Schlaf, als ein merkwürdiges Klopfen an mein Ohr drang.
Mit einem verschlafenen Brummen griff ich nach meinem Handy. Das grelle Display blendete mich für einen Moment. Es war vier Uhr morgens. Was zum Teufel konnte dieses Geräusch verursachen?
»Tap, tap, tap.«
Todmüde schlurfte ich zur Tür. Doch dann ...
War ich mit einem Schlag hellwach.
Vor meiner Tür stand niemand Geringeres als Präsident Brutus ... und es sah ganz danach aus, als wollte er eintreten.