Mutemoonfairy
FAWN
Der Wald war ruhig. Nasser Schlamm sammelte sich unter meinen Zehen und der Geruch von Regen lag in der Luft. Normalerweise war das der Ort, den ich am meisten hasste, aber jetzt war ich mir nicht mehr sicher.
Die leuchtend grünen Blätter der Farne waren alle eingerollt und warteten auf den richtigen Zeitpunkt, um ihre Glieder auszustrecken, und die hohen dunklen Bäume wiegten sich leicht im Wind.
Nicht, dass ich keine Angst mehr gehabt hätte, aber das nagende Gefühl, beobachtet zu werden, kratzte immer noch an meinem Hinterkopf. Ich hatte jedoch nie innegehalten, um diesen Ort als das zu sehen, was er war – ein ruhiger Wald.
Ich bückte mich gerade, um eine Pflanze zu betrachten, als ich plötzlich einen Zweig in der Nähe knacken hörte. Ich drehte mich schnell um und sah einen riesigen schwarzen Wolf, der mich mit seiner Gestalt überschattete.
Seine großen Zähne ließen mich rückwärts stolpern und ich fiel über einen Felsen und landete auf meinem Hintern. Plötzlich bereute ich es, nicht auf Mars gehört zu haben und vor dem Schlafengehen ins Bad gegangen zu sein.
Ich geriet in Panik, als plötzlich das riesige Tier auf den Boden plumpste und sich umdrehte, wobei es seinen Bauch entblößte und seine Zunge träge heraushängen ließ.
Ich weiß nicht, was über mich kam, aber sobald ich ein weiteres Geräusch im Wald hörte, rollte ich mich schnell neben dem Wolf zusammen, wie ein Baby in Mamas Schoß. Ich fühlte mich bei ihm sicher.
Ich spürte, wie weich er war, als ich zaghaft begann, sein Fell zu streicheln, und seine hellgrünen Augen starrten mich voller Freude an. Er gab ein leises, zufriedenes Grummeln von sich und wedelte mit seinem riesigen Schwanz.
Ich weiß nicht, wie lange wir dort zusammengerollt saßen, aber ich wurde plötzlich von dem Gefühl geweckt, dass jemand meinen Hals küsste und knabberte.
Ich hob hektisch die Hände, um den Übeltäter zu verscheuchen, doch da ertönte ein knurrendes Geräusch, genau wie das des Wolfes aus meinem Traum.
Als ich die Augen aufriss, sah ich die tiefgrünen Augen von Mars, die mich anschauten. Er lachte und sein Lachen schien noch tiefer und heiserer, wahrscheinlich weil er gerade erst aufgewacht war.
"Mein Wolf ist froh, dass du deine abwehrende Haltung endlich aufgegeben hast und uns an dich herangelassen hast. Ich habe dich sehr gern, Fawn. Ich hoffe, dass du mich eines Tages so weit heranlässt, dass du spüren kannst, wie gern."
Er schien aufrichtig zu sein, sein Blick war weich und seine großen rosa Lippen verzogen sich zu einem sanften Lächeln. Ich wurde rot und hob meine zitternden Hände zum Gebärden.
"Also warst du das die ganze Zeit in meinen Träumen? Viel mehr als das kann ich dir nicht geben, es ist alles zu viel."
Ich drehte meinen Kopf weg und kletterte aus dem riesigen Bett. Als ich abrutschte, hob Mars mich sofort hoch und setzte mich auf seine Hüfte, was mich aufstöhnen ließ.
"Ich werde dich aber bald markieren müssen, Gefährtin. Ob du bereit bist oder nicht."
Er leckte und knabberte weiter an der gleichen Stelle in meiner Halsbeuge und ein Kribbeln lief mir über die Wirbelsäule. Nervös zog ich mich zurück und biss mir auf die Lippe. "Was ist eine Markierung?"
Schmunzelnd stützte er mich gegen eine Wand und schob mich ein bisschen von seiner Hüfte weg, sodass ich rittlings auf seiner Vorderseite saß und vergrub sein Gesicht weiter in meinem Nacken.
"Eine Markierung ist etwas, das Gefährten tun, um unerwünschte Köter abzuwehren, die zu stehlen versuchen, was ihnen nicht gehört. Ich werde meine Eckzähne genau hier... versenken", sagte er und biss leicht in die Stelle, die er schon die ganze Zeit an meinem Hals malträtiert hatte.
Als ich begriff, was er meinte, stieß ich mich heftig von seiner Brust ab und versuchte, mich aus seinen Armen zu winden. Er knurrte und drückte mich fester an sich, bis ich zusammenzuckte und mich an seine Brust schmiegte.
"Ich werde dich markieren, Gefährtin. Psst, nicht weinen, meine Kleine. Es ist nur zu unserem Besten. Nachdem ich dich markiert habe, wird die Verbindung zwischen uns stärker sein und du wirst sie so spüren können wie ich, wie ein Lykaner."
"Ich will nicht wie ein Lykaner sein, ich will nicht, dass du mich beißt!" Ich begann zu schniefen, während mir dicke Tränen über die geröteten Wangen liefen.
"Genug davon, Fawn, benimm dich nicht wie ein Kind. Du sprichst von Veränderungen in den Beziehungen zwischen den beiden Spezies, aber du bist nicht einmal bereit, selbst den ersten Schritt zu machen."
Vielleicht hatte er recht, aber der Gedanke, dass ich mich körperlich verändern könnte, machte mir Angst. Ganz zu schweigen von dem Horror, von einem der tödlichsten Wesen, die der Menschheit bekannt sind, in den Hals gebissen zu werden.
"Wenn du dich wie ein Kind benimmst, Gefährtin, dann wirst du auch so behandelt und andere werden Entscheidungen für dich treffen."
Er beugte sich zu meinem Ohr hinunter, nah genug, dass ich seinen minzigen Atem an meinem Hals spüren konnte. "Und ich habe das Gefühl, dass unsere Vorstellungen von Grenzen sehr unterschiedlich sind... "
Ich schluckte hörbar und hielt sein Shirt fest umklammert.
"Wir haben zu tun, Gefährtin; lass uns duschen und dir dann ein paar neue Klamotten besorgen. Wir gehen einkaufen."
"Duschen… ? Ich warte hier, geh du zuerst, Mars."
Er knurrte leise, als ob er schnurren würde, seine Stimme war tief. "So sehr mir die Vorstellung gefällt, dass du meinem Namen gebärdest, dein kleiner Plan wird nicht funktionieren. Wir duschen zusammen. Und jetzt los. Du wirst dich daran gewöhnen müssen, dass ich deinen Körper sehe, Kleines."
Ich nahm meinen gesamten Mut zusammen und ließ mich von ihm ins Bad tragen, ausziehen und unter die Dusche stellen.
Ich stand die ganze Zeit mit dem Rücken zu ihm, während er mich wusch, bis es Zeit war, dass er mich wieder hochnahm.
Nachdem er mich abgetrocknet hatte, legte er mich aufs Bett und zog mich dann vorsichtig an. Irgendwie war es peinlich, aber ein anderer Teil von mir mochte es, wenn man sich einmal um mich kümmerte.
"Ich habe dir das hier bringen lassen, damit du etwas zum Anziehen hast, während wir einkaufen gehen. Setz dich mal auf und lass dich anschauen, Gefährtin."
Es war süß. Ich trug einen grau-rot karierten Rock mit einem weißen Longsleeve und einer tiefroten Strickjacke. Außerdem gab es ein Paar Mary Janes und eine schwarze, durchsichtige Strumpfhose. Ich war überrascht, dass alles die passende Größe hatte.
So ein Outfit hatte ich noch nie gesehen, aber es gefiel mir. Mein langes braunes Haar war offen und frisch gebürstet, meine natürlichen Locken fielen mir locker über die Schultern.
Ich hatte das Gefühl, dass mir ein Teil von mir selbst zurückgegeben worden war. Obwohl ich noch nie so ausgesehen hatte, fühlte ich mich normal.
Ich schaute Mars an und stellte fest, dass er mich die ganze Zeit über durch den Spiegel angestarrt hatte. Er schenkte mir ein breites Grinsen, mit seinen perfekten, geraden Zähnen.
"Ich habe dich noch nie lächeln sehen. Wunderschön. Ich habe vor, dich noch viel öfter zum Lächeln zu bringen, süße Fawn."
Ich errötete und Mars hob mich hoch, legte meinen Kopf auf seine Brust und ging durch die Tür die Treppe hinunter in einen Raum, der wie ein Esszimmer aussah.
Er saß am Kopfende des Tisches mit mir auf dem Schoß und ich schaute über den Tisch, um all die Gerüche und Aromen in mir aufzunehmen. Der ganze Tisch war übersät mit Backwaren, Speck, Pfannkuchen und allen möglichen anderen Frühstücksgerichten.
Meine Augen wurden groß und mein Magen gab ein lautes Knurren von sich, sodass ich erneut rot wurde und mein Gesicht in Mars' Nacken versteckte, was ihn wiederum zum Lachen brachte.
"Iss, Gefährtin. Du bist zu dünn."
Ich war hungrig, aber es war alles zu viel. Ich hatte das Gefühl, dass ich das alles nicht verdient hatte. Dann musste ich an Melissa denken und schüttelte den Kopf.
"Nein? So nicht. Nein, kleine Gefährtin. Jetzt iss."
Ich hielt einen Moment lang inne, nervös wegen der ganzen Situation, und setzte mich dann still hin. Er begann, das Essen vor uns in Bissen zu schneiden und es mir zum Mund zu führen. Der Geruch von Sirup stieg mir in die Nase und ich nahm einen Bissen.
Das ging so weiter, bis der Teller halb leer war. Als ich satt war, schüttelte ich den Kopf und er begann, mit meinen Haaren zu spielen, während ich meinen Kopf wieder an seine Brust legte.
Ich bemerkte, wie uns ein paar Dienstmädchen anstarrten, einige überrascht, andere mit einem eifersüchtigen Gesichtsausdruck. "Warum starren uns alle so an?"
"Gefährten füttern sich gegenseitig als Zeichen ihrer Verbundenheit und Zuneigung, sie wissen jetzt, dass du meine Gefährtin und ihre Luna bist."
Er gab ein lautes Knurren von sich. "Geht wieder an die Arbeit!"
Ich sprang auf und er begann, meinen Rücken zu streicheln. Danas große Gestalt tauchte um die Ecke auf und ich zuckte zusammen. Sie warf den Dienstmädchen in der Nähe einen finsteren Blick zu.
"Ihr habt den Alpha gehört! Zeigt eurem Alpha und eurer Luna gegenüber Respekt und geht wieder an die Arbeit!"
Dann drehte sich Dana zu uns um und neigte den Kopf, bevor sie in Richtung der anderen Dienstmädchen davonhuschte. Ich starrte sie überrascht an. Ich schätze, Dana war eine der äußerst loyalen Wölfe, von denen Mars gesprochen hatte.
"Lass uns losfahren, Liebes."
Wir fuhren eine Weile, ich saß auf seinem Schoß auf dem Rücksitz eines verdunkelten BMWs, bis wir vor einem großen, luxuriös wirkenden Gebäude hielten.
Sobald wir drinnen und aus der Kälte heraus war, nahm Mars mich in jeden einzelnen Shop mit und kaufte alles, was ich seiner Meinung nach brauchte oder wenn er bemerkte, dass ich etwas länger anstarrte.
Nach stundenlangem Shoppen ließen wir unsere Taschen vom Fahrer zum Auto bringen und aßen in einem kleinen Werwolf-Restaurant im Einkaufszentrum zu Mittag.
Sobald ich hereinkam, gafften mich wieder alle an und ich wurde unruhig.
"Was ist los, Baby?"
"Ich bin es einfach nicht gewohnt, so angestarrt zu werden", gebärdete ich, sah zu Mars auf und zitterte immer noch, während er mit seiner warmen Hand meinen Oberschenkel auf und ab streichelte.
Mit einem Kopfnicken schaute er sich im Restaurant um und warf einen Blick in die Runde, der alle dazu brachte, sich schnell wieder ihrem Essen zuzuwenden.
"Keine Sorge, Liebes, das wird größtenteils verschwinden, sobald wir unsere Paarungszeremonie vor allen Lykaner-Rudeln abgehalten haben."
Mir schwirrte der Kopf bei dem Gedanken und ich stand schnell auf.
"Was ist los, Gefährtin?"
"Ich gehe nur kurz auf Toilette. Ich bin gleich wieder da."
Mars stand instinktiv ebenfalls auf, aber es gelang mir, ihn davon zu überzeugen, dass ich auch alleine gut zurechtkommen würde, um ein wenig dringend benötigte Privatsphäre zu haben.
Auf dem Weg zum Waschraum, um mich abzukühlen, stieß ich mit jemandem zusammen. Als ich meinen Kopf hob, um mich zu entschuldigen, stand ich plötzlich Melissa gegenüber.
Nach der Tür hinter ihr zu urteilen, die zur Küche führte, nahm ich an, dass sie eine Uniform trug, die für die Arbeit in der Restaurantküche bestimmt war.
Sie wirkte schmaler als sonst, ihre Haut war stumpf und ihr Haar dünn. Sie sah aus, als wäre sie gestorben und wieder auferstanden.
"Melissa! Wo bist du gewesen? Was ist passiert?!"
"Komm mit mir, Fawn, hier können wir nicht reden."
Sie packte mich am Arm und zog mich aus der Hintertür hinaus, in eine feuchte Seitengasse. Ich rang meinen Arm frei, damit ich gebärden konnte – ich war verärgert und ein bisschen ängstlich.
"Melissa, hör auf und sag mir, was los ist! Bitte, ich habe mir solche Sorgen gemacht!"
Als ich Melissa in die Augen sah, konnte ich sowohl Schuld als auch Wut erkennen.
"Tut mir leid, Fawn."
Verwirrt blieb ich stehen und sah wie erstarrt zu, wie sie auf einmal davonhuschte, während zwei große Männer ihren Platz vor mir einnahmen.
Schnell wurde mir klar, dass ich nicht mehr Teil eines Wiedersehens von zwei Freundinnen war, drehte ich mich um und wollte zurück zur Tür eilen, als ich gegen eine harte Brust knallte. Er musste sich hinter mich geschlichen haben, während ich mit Melissa sprach.
"Oh nein, du kommst mit uns, kleines Mädchen."
Der Mann war natürlich nicht so groß wie Mars, aber groß genug, um mich zu überwältigen. Sein Atem roch nach den Mülltonnen, neben denen wir standen. Die etwas schmächtigere Statur verriet mir, dass es sich bei ihm und den anderen um Menschen handelte.
Ein anderer Mann schlich sich von hinten an mich heran und ich spürte, wie seine Hände an den Seiten meines Rocks und unter meiner Strickjacke hinauffuhren und auf meinem Brustkorb liegen blieben, sodass mir ganz schlecht wurde.
"Lass uns erst etwas Spaß haben. Sie kann nicht einmal schreien. Keiner wird bemerken, dass wir hier sind."
In Panik trat ich dem Typen vor mir in die Leistengegend, als er sich auf mich zubewegte. Er beugte sich vor Schmerzen und stöhnte laut auf, während ich wieder zur Tür eilte.
Ich hatte noch nicht einmal die erste Stufe erreicht, als ich ein brennendes Gefühl auf meiner Kopfhaut spürte, während ich an den Haaren nach hinten gezogen wurde und mit dem Steißbein auf den harten Asphalt fiel.
"Du verdammte Schlampe! Jetzt hast du es geschafft!"
Im nächsten Moment war der Mann auf mir, spreizte meine Hüften und riss mir erst die Strickjacke und dann die Bluse vom Leib.
Ich strampelte mit den Beinen und bockte mit den Hüften um mein Leben, als ich einen harten Schlag auf mein rechtes Auge spürte, sodass ich Sterne sah. Während mir die Tränen über das Gesicht liefen, konnte ich nur an einen denken: Mars.
Mich überkam das Gefühl, dass ich die Aussicht, Mars' Gefährtin zu werden, gerade zu leichtfertig aufgab, also packte ich den Kopf des Mannes und schloss fest meine Augen, während ich meine Daumen in seine Augen bohrte.
Als ich ihn vor Schmerzen schreien hörte, verdrängte ich meine Ängste und kroch in eine Ecke der Gasse. Ich hatte keine Kraft mehr, mich gegen die Männer zu wehren.
War es das gewesen? Werde ich vergewaltigt und zum Sterben in einer dreckigen Gasse zurückgelassen?~
Der Mann, den ich vorhin getreten hatte, packte meine Hand mit Kraft und zog mich auf die Beine, nur um mich erneut zu Boden zu werfen und auf mich zu klettern.
"Denkst du, irgendjemand schert sich einen Dreck um Menschen wie dich und mich? Da liegst du falsch, Süße. Er wird dich ficken, ein paar Welpen aus dir herausquetschen und dich mit dem Rest von uns sterben lassen."
Als ich versuchte, ihn loszuwerden, versuchte er, mir den BH aufzureißen und schlug mir auf den Mund, sodass ich plötzlich Blut schmecken konnte.
Ich wollte schon aufgeben, als ich das lauteste Gebrüll, das ich je gehört hatte und das mir einen Schauer über den Rücken jagte, vernahm.
Als Nächstes brach Mars dem Mann das Genick und riss ihm dann den Kopf vom Körper. Kurz bevor ich vor Schreck ohnmächtig wurde, sah ich noch, wie Mars mit großen Schritten auf die beiden anderen Männer zuging.
Mein Kopf hämmerte und meine Augen fühlten sich an, als würden sie vor Schmerz gleich platzen, sobald ich sie öffnen würde.
Ich spürte, dass jemand neben mir lag und mit meinem Haar spielte. Als ich Kiefern und Zimt roch, wusste ich, dass es Mars war.
Als ich versuchte, aufzustehen, fühlte ich, wie geschwächt mein Körper wirklich war. Mars zog mich vorsichtig zurück aufs Bett.
"Nein, Baby, du musst dich ausruhen. Du bist jetzt in Sicherheit, ich bin bei dir. Das hast du gut gemacht, Gefährtin. Ich bin sehr stolz auf dich. Schlaf jetzt wieder ein."
Während ich einen warmen Kuss auf meiner Stirn spürte, machte ich es mir an Mars' Körper bequem und fiel erneut in einen tiefen Schlaf.