
Es gab drei Gründe, weshalb ich nervös war.
Erstens war ich noch nie auf einer Hausparty gewesen. Als ich eintrat, dröhnte der Bass aus den Boxen und mein Herz klopfte im Takt. Überall sah ich Leute tanzen, trinken und knutschen.
Er war mein persönlicher Peiniger.
Mr. Heiß, Groß und Grausam machte sich andauernd über mein Gewicht lustig. Nannte mich täglich „Schweinchen“, Zog über meine weiten Klamotten her, mit denen ich meinen Speck verbarg. Sagte, ich würde mich wie eine Nonne kleiden.
Ich grinste, wahrscheinlich wegen des Alkohols, als unsere Blicke sich kreuzten. Unter meinem Mantel trug ich nur Unterwäsche. Keine weiten Shirts mehr, um meinen Körper zu verstecken, keine losen Röcke mehr, um die Cellulite an meinen Beinen zu kaschieren.
Nur meine Brüste, meine Hüften, und meine Kurven, bedeckt von etwas Seide und Spitze.
Niemand beachtete mich, als ich anfing, meinen Mantel zu öffnen. Mein Herz raste. Keiner schenkte dem neuen dicken Mädchen an der Schule Beachtung. Niemand außer ihm.
Ich sah, wie seine Augen sich weiteten, als ich den obersten Knopf meines Mantels öffnete. Mein Dekolleté blitzte aus dem tiefen V-Ausschnitt meines Spitzenmieders hervor .
Er kam auf mich zu und bahnte sich seinen Weg durch die betrunkene, tanzende Menge. Die Mädchen, die um seine Aufmerksamkeit buhlten, ignorierte er.
Ich öffnete den zweiten Knopf, berauscht von dem aufregenden Gefühl in meiner Brust. Mehr von meiner Unterwäsche kam zum Vorschein, die Seide schmiegte sich eng an meinen Körper.
Bevor ich den dritten Knopf öffnen konnte, packten mich starke Hände . Ich blickte auf und sah ihn auf mich herabschauen, Wut in jedem Zentimeter seines attraktiven Gesichts, in seinem markanten Kiefer.
Das gab mir Mut. Das und eine unvernünftige Menge an Alkohol.
„Dir das Gegenteil beweisen.“
Meine Cousine Addison wartete im Auto auf mich. Ihre dunkle Haut glänzte wunderschön in der Sonne und ihre lockigen braunen Haare waren zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden.
Ich zog mein Top ein wenig runter und vergewisserte mich, dass mein Bauch bedeckt war. Das weite Top, das ich heute trug, war länger als sonst, aber es konnte nicht schaden, zweimal zu überprüfen, ob alles verdeckt war, was verdeckt sein sollte.
„Hey“, begrüßte mich Addison, als ich einstieg.
„Hi.“
„Na, aufgeregt? Heute ist dein erster Tag!“, sagte sie fröhlich und startete den Wagen. „Du bist jetzt das neue Mädchen, Keily.“
Ich kicherte, ihre gute Laune war ansteckend. „Du klingst, als wäre ich in einer Teenie-Serie, wo alle heißen Typen auf mich stehen und die Cheerleader mir die Augen auskratzen wollen.“
„Hey! Meine Mädels kratzen nichts aus – die schlagen zu.“ Addison grinste breit.
„Oh, wenn das so ist, erinnere mich daran, meine Nägel zu kürzen und boxen zu lernen“, scherzte ich zurück.
Unser Herumalbern half mir, meine Nervosität etwas abzubauen. Heute war mein erster Tag an der Jenkins High.
Ich hatte 18 Jahre meines Lebens in der Vorstadt von Remington verbracht, daher war der Umzug hierher und der Start meines letzten Schuljahres in einer neuen Stadt ziemlich erdrückend.
Wir hatten nicht geplant umzuziehen, aber als Moms Firma beschloss, hier ein neues Büro zu eröffnen, baten sie sie, das Projektmanagement zu übernehmen. Ablehnen war keine Option
Bradford war Moms Heimat. Sie wuchs hier auf und verbrachte 21 Jahre ihres Lebens hier, also fand sie sich leicht zurecht.
Dad wiederum war es egal, wohin wir zogen, auch wenn es am Ende der Welt wäre. Er war freiberuflicher Software- und Webdesigner
Über den Sommer hatte ich fast zwei Monate Zeit, mich vorzubereiten und in dieser Stadt umzusehen, bevor ich auf die Jenkins ging. Addison, die Tochter vom Bruder meiner Mutter, war eine großartige Hilfe und eine gute Freundin (oder Cousine) gewesen.
Sie hatte sogar versprochen, mich zur Schule zu fahren, da ihr Haus nur ein paar Blocks von meinem entfernt war. Meine Theorie war, dass sie sich dazu verpflichtet fühlte, weil ich ihre Cousine war.
Trotzdem war es besser, von meiner Cousine mitgenommen zu werden, als mich jeden Morgen in enge Bussitze zu quetschen und herablassende Blicke und Sticheleien von anderen Teenagern zu ernten.
Davon hatte ich in Remington genug bekommen.
„Wir sind da.“ Addison hupte, um die Menge auf dem Parkplatz zum Ausweichen zu bewegen.
Ich blickte auf das große Gebäude vor uns, fühlte die schwere Last auf meinen Schultern und wurde wieder sehr nervös.
„Willkommen an deiner neuen Schule, Missy“, scherzte meine Cousine. Sie stieg aus und ich folgte ihr wie ein verlorener Welpe (ein sehr großer Welpe).
Wieder zog ich mein Oberteil runter und fühlte mich unwohl, neben Addison zu laufen.
Meine Cousine war nicht nur Cheerleaderin, sondern auch im Leichtathletikteam – eine der besten Läuferinnen, sagten ihre Freunde. Es war keine Überraschung, dass sie einen Körper hatte, von dem jede Frau träumte.
Sie war schlank, aber dennoch kurvig und definiert, fast 1,80 m groß. In ihrer engen Jeans und dem kurzen Top, das ein bisschen von ihrem flachen Bauch entblößte, sah sie aus wie aus einem Modemagazin.
Ich hingegen reichte ihr kaum bis zu den Schultern. Ich hatte einen weichen Bauch, wabbelige Arme und stämmige Beine.
Die einzigen guten Teile meines Körpers waren wahrscheinlich meine Brüste und Hüften. Aber manchmal war es selbst dafür schwierig, passende Kleidung zu finden.
Heute trug ich ein weites Oberteil – um meinen Speck zu verstecken – und schwarze Leggings.
„Ja, die habe ich am Samstag bekommen. Du musst dich nicht um mich kümmern, egal was meine Mom dir gesagt hat.“ Wir gingen hinein und sofort umgab mich der vertraute Lärm einer Highschool.
Addison machte einen Schmollmund. „Keily, ich bin nicht bei dir, weil deine Mom oder mein Dad es mir gesagt haben. Ich verbringe wirklich gerne Zeit mit dir. Ich sehe dich mehr als Freundin denn als Cousine.“
Das ließ mich meine Worte bereuen.
„Tut mir leid. Ich will dir nur nicht zur Last fallen. Du gibst mir schon eine Mitfahrgelegenheit zur Schule. Ich möchte keine unnötige Belastung sein.“
„Wofür sind Freunde da, wenn nicht um einen zu belasten?“, scherzte Addison und brachte mich zum Lächeln.
„Wenn du es so sagst, verstehe ich das“, erwiderte ich.
Ich ermahnte mich, nicht so zu denken, und versuchte, diese negativen Gefühle zu ignorieren. Stattdessen folgte ich Addison mit einem aufgeregten Lächeln.
„Wie läuft der erste Tag für alle?“, fragte unser Lehrer. Dies war schon die dritte Unterrichtsstunde.
Ein einstimmiges Stöhnen zog durch den Raum und einige sagten „Langweilig“ und „Okay“. Diese Schüler schienen nicht so begeistert wie der Lehrer.
„Für alle neuen Schüler hier“, er sah mich etwas länger an, „ich bin Joseph Crones. Ihr könnt mich Mr. Crones nennen.“
„Da es unser erster Tag im Englischunterricht ist, warum machen wir nicht …“ Er hielt inne, als sich die Klassentür öffnete.
Ein Junge kam herein und gab Mr. Crones einen Zettel. Ich konnte nicht anders, als ihn anzustarren. Er war groß, locker über 1,80 m, und sah aus wie ein Sportler.
An den straffen Armmuskeln konnte man erkennen, dass der Rest seines Körpers genauso stark und muskulös war.
Seine Augen landeten auf mir und mir wurde klar, dass ich ihn anstarrte. Ich senkte schnell den Blick, mein Gesicht wurde rot. Ich hasste es, wie leicht man mir meine Verlegenheit ansah.
„Sagen Sie es ihm selbst“, hörte ich Haynes leise murmeln, als er weiterging. Unser Lehrer hörte es nicht, oder wenn doch, beschloss er, es zu ignorieren.
Mein Kopf war noch gesenkt, also zog ich verwirrt die Augenbrauen zusammen, als ich ein Paar Nike-Schuhe in meiner Nähe sah und blickte auf. Es gab noch einige leere Plätze im Klassenzimmer, aber Haynes setzte sich an den Tisch neben meinen.
Ich wusste, dass ich überreagierte, aber der Typ hatte mich gerade dabei erwischt, wie ich ihn anstarrte. Es war peinlich. Wenn ich auch nur annähernd wie Addison ausgesehen hätte, würde ich nicht so ausflippen.
Aber ich war ich, ein dickes Mädchen, und wir hatten kein Recht, schöne Männer wie ihn zu wollen.
„Wie ich schon sagte“, fuhr Mr. Crones fort, „es ist unser erster Tag, also gebe ich euch allen ein Projekt, das ihr bis zum Ende dieses Semesters fertigstellen müsst. Klingt das gut?“ Er lächelte süß.
Alle stöhnten erneut.
„Sehr gut.“ Er wollte, dass wir eine fünftausend Wörter langes Essay über eines von Shakespeares Werken schrieben.
Für den heutigen Unterricht konzentrierten wir uns darauf, wie die Politik und Kultur von Shakespeares Zeit sein Schreiben beeinflussten.
Ehrlich gesagt war ich begeistert von dem Projekt. Ich mochte Literatur; es machte Spaß.
Aber obwohl ich versuchte, mich auf Mr. Crones’ Worte zu konzentrieren, musste ich immer wieder an den gutaussehenden Jungen denken, der neben mir saß. Jetzt, da er so nah war, konnte ich sein angenehmes Deodorant riechen.
Die ganze Stunde über sah er mich an, wenn er dachte, ich würde es nicht bemerken. Ich dachte die ganze Zeit, er würde mir etwas Gemeines zuflüstern oder mir eine beleidigende Notiz zustecken. Tat er aber nicht.
Also biss ich mir auf die Lippe und versuchte mein Bestes, ihn zu ignorieren, bis es klingelte. Endlich setzte ich die Kappen auf meine Stifte und schloss mein Notizbuch.
Aber bevor ich es wegpacken konnte, landete eine Hand auf meinem Notizbuch und fixierte es auf den Tisch. Ich blickte überrascht auf und folgte dem definierten Arm zum Tisch neben mir.
Einige von Haynes’ dunkelbraunen Haaren fielen ihm in die Stirn, was ihn irgendwie gefährlich attraktiv aussehen ließ. In seinen sehr dunklen Augen lag ein kalkulierender, aber neckischer Ausdruck.
„Hey“, sagte er.