
Brimstone Brüder Buch 6: Rider
Kiera klammert sich an ein altes Märchen, während der Winter seinen tödlichen Griff immer enger zieht. Ihre Stadt steht kurz vor einer Hungersnot, und die Angst richtet sich gegen sie – denn man sagt, Hexen bringen Flüche. Als man beschließt, sie als Opfer darzubringen, das die Stadt retten soll, scheint alle Hoffnung verloren.
Doch dann – Hufschläge im Schnee. Ein geheimnisvoller Reiter erscheint, reißt sie aus den Flammen und in eine Welt, die wie einem wilden Wintertraum entsprungen scheint.
Dunkler Retter, verzauberte Landschaften – und vielleicht ein paar höchst unangebrachte Gedanken mitten im Schneesturm.
Liebe, Magie, Kaninchen, Eisbären und ja – Zuckerstangen. Kieras Geschichte ist kein Märchen, wie sie es kannte. Sie ist wilder, dunkler … und unendlich süßer.
Die Schlacht um March
Buch 6: Rider
UNBEKANNT
Die verschneiten Ufer waren von roten und braunen Spuren des dreitägigen Kampfes gezeichnet. Erschöpft lehnte sich Emerald an einen Schneehaufen und rang nach Atem.
Mit ehrfürchtigem Blick sah er zu seinem mächtigen Gegner hinüber. Der Wintergott lag nur wenige Meter entfernt, das Gesicht im Schnee vergraben, ebenso zerschunden und ausgezehrt wie er selbst.
Emerald konnte das schwere, rasselnde Atmen des Gottes hören, doch er war nicht töricht genug zu glauben, der Wintergott sei besiegt. Götter erholten sich rasch – bald schon würde dieser wieder zu Kräften kommen.
Zwar hatte Emerald dem Gott keine bleibenden Wunden zugefügt, doch empfand er einen Anflug von Stolz. Selbst in ihrer menschlichen Gestalt waren Götter von unermesslicher Macht. Er hatte nicht erwartet, so lange standzuhalten – vermutlich hatte der Wintergott einfach Gefallen an diesem Kampf gefunden. Nur deshalb ließ er ihn weiterleben.
Bis jetzt hatte der Wintergott mit ihm gespielt wie eine Katze mit einer Maus. Emerald wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis ihn die Langeweile packte und er das Spiel beenden würde.
Sein Blick fiel auf den verbogenen Stab, der dem Gott aus der Hand geglitten und ein Stück entfernt im Schnee liegen geblieben war. Einst war er schneeweiß gewesen, nun aber von rötlich-braunen Streifen überzogen – Spuren des Zorns, den der Gott an all jenen ausgelassen hatte, die ihn gereizt hatten.
Emerald selbst hatte die Wucht dieses Stabes zu spüren bekommen. Für einen Moment überlegte er, ob er danach greifen sollte, doch schon der Gedanke ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.
Er war nicht gekommen, um zu kämpfen. Als er den Wintergott zum ersten Mal aufgesucht hatte, war er auf die Knie gefallen und hatte gefleht:ht „Ich bitte Euch, beendet die kalte Jahreszeit, damit die Menschen ihre Felder bestellen können.“
Doch der Wintergott hatte nur gelacht – ungerührt von Emeralds Bitten, die grausame Kälte zu beenden, die bereits zahllose Leben gefordert hatte. In seinem Zorn hatte Emerald den ersten Schlag ausgeführt – eine Tat, die er nun bitter bereute.
Als Magier war es Emeralds Aufgabe, das Gleichgewicht zwischen Himmel und Erde zu wahren, doch der Wintergott gehörte weder zum einen noch zum anderen. Er war eine Naturgewalt – und gegen Naturgewalten anzukämpfen war selten von Erfolg gekrönt.
Der Gott hatte wohl erwartet, dass Emerald sich geschlagen geben würde. Doch der Magier blieb standhaft. Da ließ der Wintergott das Eis unter seinen Füßen bersten – eine Machtdemonstration, die den lästigen Zauberer einschüchtern sollte.
Doch Emerald war nicht nur ein Meister der Magie, sondern auch schnell und wendig. Er entkam dem sicheren Tod und schlug zurück: Mit einem Zauber löste er eine Lawine aus, die das eisige Reich des Wintergottes unter sich begrub. In der Hoffnung, nun endlich Gehör zu finden.
Aber die Lawine machte den Gott nur noch wütender. Bald darauf fand sich Emerald in einem Nahkampf wieder. Der Wintergott, stark und unbeugsam nach Jahrhunderten der Herrschaft, schlug erbarmungslos auf ihn ein. Emerald wehrte sich mit aller Kraft, doch schließlich wurde er in einen Schneehaufen geschleudert.
Als der Kampf sich von Magie zu roher Gewalt gewandelt hatte, beschloss Emerald, dass dies kein Moment war, um Regeln einzuhalten. Er rief Magie herbei und ließ Eiszapfen von den umliegenden Bäumen auf den Gott niederregnen. Jetzt wurde es ernst.
Drei Tage lang tobte ein Kampf aus Verstand, Magie und Stärke. Schließlich brachte Emerald den Gott so weit, innezuhalten – erschöpft, aber nicht besiegt. Emerald wusste, dass er diesen Kampf nicht gewinnen konnte, und rechnete damit, noch heute zu sterben.
Er hatte sich kaum erholt, als der Wintergott sich zu regen begann. Emerald spannte sich an und betete zur Göttin Luna um einen schnellen Tod. Doch zu seiner Überraschung griff der Gott ihn nicht an.
Stattdessen kroch der Wintergott über das geborstene Eis, hob einen großen Ast auf – und Emerald war sicher, dass er ihn damit erschlagen würde. Er hob die Arme, um sich zu schützen, und wartete auf den letzten Schlag.
Er schloss die Augen – Sekunden dehnten sich zu einer Ewigkeit. Schließlich, von der Stille zermürbt, öffnete er sie wieder. Gerade wollte er dem Gott zurufen, er möge es endlich hinter sich bringen – doch was er sah, verschlug ihm den Atem.
Der Wintergott hatte den Ast in eine Fackel verwandelt. In seiner Hand brannte sie ruhig, golden und warm. Ohne jede Feindseligkeit reichte der Gott sie Emerald entgegen.
Beeindruckt von Emeralds Mut schloss der Wintergott in jener Nacht einen Pakt mit ihm. Er versprach, den Winter zu beenden, indem er eine Fackel entzündete, die Emerald in den März tragen sollte – als Zeichen des Frühlingsanfangs.
Seit jenem Tag kehrte Emerald jeden Winter in das Reich am Pol zurück, um die Fackel entgegenzunehmen. Nach seinem Tod führte er diese Aufgabe als Geist fort. Zu seinen Lebzeiten war dies eine wahre Geschichte. Doch im Lauf der Jahrhunderte wurde sie zur Legende – und schließlich von den Menschen vergessen.
Bis zu jenem verschneiten Winter, als der Wintergott die Fackel nicht entzündete – und Emerald sie nicht tragen konnte.










































