„Das war's, Baby!“
Ich beobachte, wie mein bester Kumpel und Teamkollege nach einem tollen Wurf beim Basketball einen peinlichen Tanz aufführt.
Michael Foster Jr. hüpft herum, tut so, als würde er Müsli löffeln, und klopft unserem anderen Freund West Daniels auf den Kopf.
„Und du sollst der Bescheidene sein“, sage ich kopfschüttelnd, als er mir auf die Schulter klopft.
Die meisten Freunde trainieren vielleicht zusammen oder gehen essen, aber wir spielen Basketball an Mikeys alter Schule, damit er in Erinnerungen an seine Zeit als Starspieler schwelgen kann.
Ich dachte, das wäre besser, als meinen freien Tag allein zu Hause zu verbringen. Ich hoffte, es würde mich ablenken und ich müsste nicht ständig an Noelle denken.
In letzter Zeit ist sie oft sauer auf mich, und ich weiß nicht warum.
Meine Teamkollegen sind wie Brüder für mich, aber Noelle ist meine wahre beste Freundin. Wir stehen uns sehr nahe, seit wir uns kennengelernt haben.
Während viele Kindheitsfreundschaften auseinandergehen, sind wir seit fünfzehn Jahren dicke Freunde geblieben, und das gefällt mir so.
Aber in letzter Zeit wird Noelle schnell wütend auf mich. Sie ist unfreundlicher und fordernder, auch wenn sie sagt, sie mache nur Spaß.
Ich habe mir den Kopf zerbrochen, um herauszufinden, was ich getan habe, um sie so zu verärgern.
Ich kenne Noelle. Normalerweise ist sie nicht so zornig oder launisch.
Nicht wie ich.
Sie ist ganz anders als ich, und wahrscheinlich verstehen wir uns deshalb so gut. Noelle versteht mich besser als jeder andere.
Sie ist das Mädchen, mit dem ich als Kind gespielt habe, mit dem ich jeden Sommer Fahrrad gefahren bin, das mir Gebärdensprache beigebracht hat und an den Wochenenden mit mir und meinem Vater angeln ging.
Als meine Mutter an Krebs starb, als ich noch zur Schule ging, und mein Vater anfing zu trinken, brauchte ich Jahre, um neue Freunde zu finden, aber sie hat mich nie im Stich gelassen. Selbst als ich auf alle wütend war.
Sie ist meine engste Vertraute. Aber in letzter Zeit bin ich sehr vorsichtig in ihrer Nähe. Es ist, als würde man durch ein Minenfeld laufen.
Ich wünschte, sie würde mir einfach sagen, was ich falsch gemacht habe, damit ich es in Ordnung bringen kann, aber jedes Mal, wenn ich versuche, mit ihr darüber zu sprechen, sagt sie entweder, es sei alles in Ordnung, oder sie wechselt das Thema.
Und sie wundert sich, warum ich nicht date.
„Gebt euren Hauptjob nicht auf, Jungs“, scherzt Mikey und räumt den Basketball weg.
Parker Harrison, unser Teamkollege, verdreht die Augen. „Du auch nicht, Junior. Vergiss nicht, dass die Lehrerin deine alten Noten gezeigt hat.“ Er schnalzt missbilligend mit der Zunge. „Ein Wunder, dass du die Schule überhaupt geschafft hast.“
„Ich habe Legasthenie, du Depp!“, kontert er. „Es ist nicht meine Schuld, dass sie es erst herausgefunden haben, als ich einundzwanzig war.“
Ich lache. „Ich fasse es immer noch nicht, dass alle dir abgekauft haben, die Abkürzung für On Base plus Slugging wäre POS. Die arme Reporterin war völlig verwirrt und dachte, du beleidigst sie.“
Er seufzt. „Ich musste ordentlich ran, um das wieder gutzumachen, dass ich sie im Fernsehen blamiert habe. Ich glaube, sie denkt immer noch, ich hätte Park einen Spitznamen verpasst.“
„Du hast mit ihr geschlafen?“, fragt Parker und hebt eine Augenbraue, als wir die Turnhalle verlassen.
Mikey schließt ab und grinst. „Nicht ihre klügste Entscheidung, das gebe ich zu.“
„Du solltest damit aufhören“, warnt West. „Du weißt doch, dass du im Schlaf redest.“
Mikey hält inne und legt eine Hand auf seine Brust. „Hey, so blöd bin ich auch wieder nicht. Sie ist nicht über Nacht geblieben.“
„Du hast echt 'nen Knall“, brummt West.
„Hey, zumindest habe ich Standards. Zwischen Cin und Parker sind die einzigen Mädels in Atlanta, mit denen sie noch nicht im Bett waren, entweder lesbisch oder minderjährig. Mich wundert's, dass noch keine Pharmafirma sie als Werbeträger angeheuert hat.“
Ich runzle die Stirn. So schlimm bin ich nun auch wieder nicht. Klar, ich mag Sex. Aber na und? Es ist ja nicht so, als wäre ich nicht ehrlich oder vorsichtig mit allen, mit denen ich zusammen bin. „Du lässt es klingen, als würde ich Leute ausnutzen“, sage ich, während ich zu meinem Auto gehe.
„Du nutzt Leute aus“, ruft West von seinem Auto aus. „Aber ich würd's genauso machen, wenn meine beste Freundin so aussehen würde wie deine.“ Er pfeift anerkennend. „Bei so viel Versuchung? Du musst den Frust ja irgendwie abbauen.“
Ich verdrehe die Augen. Seit fünf Jahren erzähle ich meinen Teamkollegen, dass Noelle und ich nur Freunde sind, aber sie können nicht glauben, dass wir nie miteinander geschlafen oder es mit dem Daten versucht haben.
Ich schätze, das ist meine Schuld, weil ich diese Tatsache manchmal selbst vergesse - wie wenn sie diese High Heels trägt. Und die engen Röcke. Und Strümpfe.
Ja. Ich bin weder blind noch tot. Ich kann zugeben, dass Noelle verdammt attraktiv ist, aber ich erinnere mich daran, wie wir früher völlig verdreckt nach Hause kamen, nachdem wir an einem Regentag nach Würmern zum Angeln gesucht hatten.
Sie verdient Besseres als mich, selbst wenn ich mein Bestes gebe.
Frauen nerven mich und die Vorstellung, mit einer zusammenzuleben, geschweige denn für den Rest meines Lebens mit derselben, lässt mich mich eingeengt fühlen.
Es liegt nicht daran, dass meine Mutter gestorben ist. Keine Kindheitstraumata oder psychischen Probleme. Ich bin einfach schwierig im Umgang und mag es, allein zu sein.
Wenn wir diese Grenze überschreiten würden, würde es wahrscheinlich in die Hose gehen, und dann würde mich die einzige Person, die ich noch habe außer meinem Vater und meinem Team, hassen.
Ich würde lieber sterben, als ihr wehzutun oder sie für immer zu verlieren.
Außerdem mag ich die Dinge, wie sie sind. Klar, es kann manchmal frustrierend sein - sexuell gesehen - aber ich würde meine Freundschaft mit ihr für nichts eintauschen.
„Ich weiß nicht, wie oft ich es noch sagen muss. Nur. Freunde“, sage ich, während ich in mein Auto steige.
Aber erst als ich den Parkplatz der noblen Privatschule verlasse, hinterfrage ich das zum ersten Mal. Denn Freunde ignorieren sich nicht gegenseitig.
Und meine fehlenden verpassten Anrufe und Nachrichten zeigen die Wahrheit.
Sie hat immer noch nicht angerufen.
Es ist über eine Woche her, seit ich ihr Büro besucht habe, und es wird langsam peinlich, wie ich mich wie ein verknallter Teenager verhalte - jeden Tag neben meinem Handy hocke, als würde ich darauf warten, dass mein Date zurückruft.
Früher habe ich über dieses Verhalten gelacht, von dem ich dachte, es gäbe es nur in Filmen, und mich gefragt, warum die Mädchen nicht merkten, wie verzweifelt sie aussahen - an ihren Nägeln kauend, darauf wartend, dass irgendein Typ sie nach einem miesen Essen und öder Unterhaltung zurückruft.
Es war so weit weg von meiner Realität.
Aber jetzt, wo die meisten meiner Nachrichten an Noelle unbeantwortet bleiben, fühle ich mich wie auf heißen Kohlen und verstehe es endlich.
In der Highschool haben wir alles zusammen gemacht. Tatsächlich waren wir so oft zusammen, dass die Leute dachten, wir wären ein Paar. Jetzt ist es verdammt schwer, überhaupt mit ihr zu sprechen.
Ich muss an meinem eigenen Laden vorbeifahren, nur um zu sehen, wie es ihr geht. Ich weiß nicht, wie oder wann die Dinge zwischen uns so kompliziert geworden sind.
Es könnte daran liegen, dass sie so hart arbeitet. Ich runzle die Stirn, als ich mich daran erinnere, dass sie letzte Woche die ganze Nacht durchgearbeitet hat, um die Gehaltsabrechnung fertigzustellen, nachdem ein Mitarbeiter gekündigt hatte.
Ich habe einundzwanzig Jahre gewartet, um es in die Major League zu schaffen. Ich kann auch dieses Problem aussitzen.
Acht Stunden.
Acht Stunden habe ich durchgehalten, bevor ich meine Schlüssel vom Tresen schnappte und wieder in mein Auto stieg, um zu Noelle zu fahren.
Nach dem Training schrieb ich ihr erneut eine Nachricht und fragte, ob sie heute Abend was vorhabe, nur um zu sehen, dass sie die Nachricht gelesen, aber nicht geantwortet hatte.
Ich dachte darüber nach, sie per Nachricht zur Rede zu stellen, aber dann könnte sie sich einfach was aus den Fingern saugen. Nein. Ich muss das von Angesicht zu Angesicht klären. Noelle war noch nie gut im Lügen und alles, was sie fühlt, steht ihr ins Gesicht geschrieben.
Ich brauche endlich Antworten. Was auch immer ihr Problem mit mir ist, wir werden heute Abend darüber reden, wie Erwachsene, denn ich weigere mich, noch zwei weitere Tage so weiterzumachen, geschweige denn zwei weitere Monate.
Es dauert eine Ewigkeit, bis ich in die Innenstadt von Atlanta komme, wo Noelle mit ihrer Mitbewohnerin wohnt, besonders bei diesem Verkehr.
Aber als ich auf den Parkplatz ihres und Charlottes Apartments fahre, bin ich erleichtert, ihr Auto auf seinem üblichen Platz zu sehen. Sie ist zu Hause.
Ich parke schnell und benutze dann den Schlüssel, den sie mir für Notfälle gegeben hat, um durch die Haupttür zu kommen.
Als ich ihre Etage erreiche, bin ich nicht gerade vorbereitet, aber als ich an ihre Tür klopfe und sie öffnet, verschwinden alle Worte, die ich vielleicht geplant hatte zu sagen.
Ich kann nicht anders, als Noelles Körper in ihrem rosa Atlanta Statesmen T-Shirt und winzigen passenden Shorts zu betrachten.
Sie trägt keinen BH und mir fällt sofort auf, wie sich ihre gepiersten Brustwarzen durch den weich aussehenden Stoff abzeichnen.
Ich fand schon immer, dass Noelle perfekte Brüste hat - nun ja, eigentlich alles Perfekte, wenn ich ehrlich bin - und es ist nicht das erste Mal, dass ich auf sexuelle Weise an sie denke, noch wird es das letzte Mal sein.
Sie bedeckt sich schnell mit dem Bademantel, den sie über ihrem Pyjama trägt, und ihre Wangen werden rot. „Cin, was machst du hier?“
Ich reiße meinen Blick von ihrer Brust los und begegne ihren großen lila Augen. Sie presst ihre Lippen zu einer dünnen missbilligenden Linie zusammen, wodurch der Diamant in ihrem Lippenpiercing hervorsticht.
Ich halte meinen Blick auf ihr Gesicht gerichtet, als sie die Arme unter ihrer Brust verschränkt.
„Erwartest du jemanden?“, frage ich mit hochgezogener Augenbraue.
„Ich dachte, du wärst vielleicht Charlie gewesen“, antwortet sie achselzuckend.
„Du bist den ganzen Weg durch die Stadt gefahren, um zu reden?“, fragt sie.
„Tja, da du meine Nachrichten nicht beantwortet hast, hätte ich vielleicht einen Termin bei deiner Assistentin machen müssen. Nur hast du keine, also ist das Plan B. Rauchzeichen war Plan C.“
„Okay, ich glaube dir. Womit?“, frage ich und spiele für einen Moment mit ihrer Lüge mit.
Ich kenne dieses Mädchen seit dem größten Teil unseres Lebens. Glaubt sie wirklich, ich sei so blöd, dass ich nicht merke, wenn es ein Problem gibt?
„Dinge. Ich habe ein Leben außerhalb von dir, weißt du. Ich sitze nicht nur herum und warte darauf, dass du mir ein bisschen deiner Aufmerksamkeit schenkst, Cin“, faucht sie.
Gott, sie ist so frustrierend, ich könnte sie manchmal übers Knie legen.
Nur dass dann die Wahrheit ans Licht käme, denn allein der Gedanke daran erregt mich sehr. Dann gäbe es kein Verstecken mehr, wie sehr sie mich anmacht, und das selbst ist schon ärgerlich genug.
Als Noelle Pratt zum ersten Mal meine beste Freundin wurde, war sie ein Wildfang, einer der Jungs. Sie mochte es zu angeln und im See zu schwimmen und würde Fahrradfahren und Videospiele jederzeit Puppen und Mädchenkram vorziehen.
Aber es war zu viel gehofft, dass sie so bleiben würde. Nein.
Sie war zu meiner siebzehnten Geburtstagspool-Party in ihrer üblichen Kleidung aus alten Overalls und abgetragenen Schuhen gekommen, hatte sie aber ausgezogen und darunter einen winzigen, hellblauen Badeanzug enthüllt.
Ich schwöre bei Gott, ich war stundenlang in diesem Pool geblieben und hatte erfolglos versucht, meine Erektion zum Verschwinden zu bringen.
Nach diesem Tag war nichts mehr wie zuvor.
In meinen schwächeren und schamloseren Momenten habe ich mich wahrscheinlich öfter selbst befriedigt, während ich an Noelle dachte, als ich zugeben möchte.
So sehr ich auch behaupten möchte, dass es seit der Highschool besser geworden ist, es scheint mit jedem Jahr nur schlimmer zu werden.
Jetzt haben sich meine jugendlichen Tagträume von einem Mädchen im Badeanzug in vollwertige Bürofantasien von einer kurvigen Frau in engen Geschäftsröcken und sexy High Heels verwandelt.
In meinem Kopf hatte ich Sex mit Noelle auf ihrem Schreibtisch in jeder erdenklichen Position, und ich fühle mich nicht schuldig deswegen. Denn genau da wird es bleiben - in meinem Kopf.
Ich atme aus und wische mir mit der Hand übers Gesicht. Das wird eine lange Nacht werden.
