Moontochter - Buchumschlag

Moontochter

Nathalie Hooker

Kapitel Sechs

Wolfgang

Verdammt! Was zum Teufel stimmt nicht mit mir?

Ich war mit einer klaren Aufgabe hierhergekommen: Sie abzulehnen und mein Leben weiterzuleben.

Aber ich konnte die Worte einfach nicht aussprechen.

Ich schwafelte, dass sie eine Belastung wäre, dass sie als meine Gefährtin keinen Wert für das Rudel und mich hätte, aber ich schaffte es trotzdem nicht, sie abzulehnen.

Sie stand vor mir, zitterte und weinte, während sie sich anhören musste, warum ich sie nicht wollte.

Ich spürte ein Verlangen danach, sie in den Arm zu nehmen und nie wieder gehen zu lassen.

Aber das konnte ich nicht. Ich konnte nicht ihretwegen die Sicherheit des Rudels aufs Spiel setzen.

„Hör auf mit dem Gerede, Kleiner! Du brichst ihr das Herz!“,~ rief Kronos in meinem Kopf.~

Ich sah ihr in die Augen. Diese großen grauen Augen, die sofort jede Emotion offenbarten, die sie empfand. Ich hatte Angst, dass ihr kleiner Körper jeden Moment zusammenbrechen könnte.

„Ich … Ich verstehe“, sagte sie endlich. Sie blickte auf ihre Füße und fummelte an der Tasche in ihren Händen herum, wobei sie immer noch zitterte.

Jetzt oder nie. Bring es hinter dich und lehne sie ab.

„Ich—“, brachte ich heraus, bevor ich von einem seltsamen Mädchen mit rotem Haar und langen Beinen unterbrochen wurde, die ins Wohnzimmer kam, zu Aurora rannte und sie in die Arme nahm.

„Rory, geht’s dir nicht gut?“, fragte sie und umarmte Aurora, während diese immer noch weinte.

„Emma!“, sagte Aurora, mit tränenerstickter Stimme.

In diesem Moment kamen mein Gamma und Kala aus der Küche zurück, gemeinsam mit Mrs. Craton, die sofort zu Aurora eilte.

Auf ihren Gesichtern spiegelte sich Mitleid für das Mädchen, das nun anfing, in den Armen des anderen Mädchens zu schluchzen.

„Alpha, du hättest nicht so streng zu ihr sein sollen“, rügte mich Remus. „Es ist doch offensichtlich, dass sie die Uniform unabsichtlich mitgenommen hat. Sie war verstört, weil irgendein Arschloch gestern ihre Gefühle verletzt hat. Ich bin mir sicher, dass sie so etwas nie wieder macht.“

Wenn er nur wüsste, dass ich dieses Arschloch gewesen war.

„Ist das die Uniform, Liebes?“, fragte Kala und zeigte auf die Tasche in Auroras Händen.

Aurora nickte nur.

„Ich nehme sie für dich mit, Liebes.“ Kala nahm Aurora die Tasche ab und lächelte mich an.

„Sehen Sie? Nichts passiert. Wir haben die Uniform zurück“, sagte sie, als sie zurück an meine Seite kam.

Ich versuchte, so gut ich konnte, meinen gleichmütigen Gesichtsausdruck zu bewahren. Aurora weigerte sich noch immer, zu mir aufzublicken.

urch die zusammengebissenen Zähne saugte ich Luft ein und wandte mich zur Tür. „Gehen wir.“

Als ichaus dem Haus ging, konnte ichnoch immer ihr Schluchzen hören.

Kronos hielt mir wieder einen Vortrag darüber, dass ich ihre Gefühle verletzt habe, aber ich konnte nur daran denken, wie verdammt schwach ich war.

Und dass ich sie noch immer nicht abgelehnt hatte.

Aurora

Sobald Montana die Tür schloss, rannte ich nach oben in mein Zimmer und schloss hinter mir die Tür ab. Ich wollte weder ihre noch Emmas Fragen hören.

Was sollte ich denn sagen? Ich konnte ihr nicht sagen, warum ich so aufgebracht war.

Es lag nicht daran, dass sie mich eine Diebin genannt hatten. Es lag an der Gewissheit, dass Alpha Wolfgang mich nicht wollte.

Aurora, nicht weinen … Er will dich. Er kann das nur noch nicht akzeptieren“, startete Rhea erneut einen Versuch, mich zu trösten.

Aber ich konnte einfach nicht aufhören zu weinen.

„Aurora! Komm schon. Mach die Tür auf. Was ist denn los?“, hörte ich meine beste Freundin von der anderen Seite aus rufen.

„Ich will nicht darüber reden“.

„Komm schon, Schätzchen. Nicht weinen. Das war nichts Ernstes. Sie haben alle verstanden, dass das nur ein Versehen war“, rief Montana.

„Mach bitte auf. Es bricht mir das Herz, dich so zu sehen“, fuhr sie fort.

„Geht weg … Lasst mich in Ruhe“, schleuderte ich ihnen von meinem Bett aus entgegen.

Ich hörte sie seufzen. „Ich glaube, du gehst jetzt besser nach Hause, Em“, hörte ich Montana sagen, als sie sich von der Tür entfernte.

„Ruf mich an, wenn du dich besser fühlst, okay? Ich bin immer für dich da“, sagte meine Freundin noch, bevor auch sie ging.

Ich weiß nicht wann, aber irgendwann bin ich dann doch eingeschlafen.

Als ich aufwachte, ging die Sonne schon fast unter, also beschloss ich aufzustehen und einen Spaziergang zu machen, um den Kopf ein wenig freizubekommen.

Ich ging runter und sah meine Stiefmutter, die auf dem Sofa im Wohnzimmer eingeschlafen war.

Da ich sie nicht stören wollte, verließ ich leise das Haus und ging zu dem Park, in den mein Vater mich oft zum Spielen gebracht hatte.

Als ich dort ankam, war die Sonne untergegangen und der Mond schien hell am Himmel. Ich setzte mich auf eine der Schaukeln und dachte über die Ereignisse des Tages nach.

Wie Alpha Wolfgang mich behandelt hatte. Was er über mich gesagt hatte.

Meine Traurigkeit verwandelte sich bald in Wut. Mein Körper kochte geradezu vor Empörung. Ich hatte das Gefühl, jeden Augenblick in die Luft zu gehen.

„Es ist Zeit für unsere Verwandlung, Aurora. Da es dein erstes Mal ist, wird es etwas wehtun“,~ erklärte Rhea in meinem Kopf.~

„Ich schlage vor, dass du in den Wald läufst, deine Kleider ausziehst und irgendwo ablegst. Sie würden zerreißen, wenn wir uns verwandeln, und dann wärst du nackt, wenn du wieder in deiner menschlichen Gestalt bist“,~ fügte sie hinzu.~

Ich erinnerte mich vage, wie mein Vater Witze darüber erzählt hatte, dass er nach seiner ersten Verwandlung nackt war und sich auf dem Nachhauseweg mit Blättern oder Pappschachteln bedecken musste.

Als ich mich umsah, stellte ich fest, dass ich allein war. Ich stand auf, lief in den Wald, der direkt an den Spielplatz angrenzte, und versteckte mich hinter einem Baum.

Nachdem ich sicher war, dass ich auch wirklich allein war,zog ich schnell meine Kleider aus.

Ich versteckte sie in einem hohlen Baum und wartete auf Anweisungen von Rhea.

„Okay, konzentrier dich. Fühl die Aura, die ich dir schicke. Du wirst spüren, wie sich Hitze in deiner Brust bildet und auf deinen ganzen Körper ausbreitet. Kämpfe nicht dagegen an. Lass die Hitze einfach deinen Körper durchdringen.“

Ich tat wie geheißen und spürte ein Kitzeln in der Brust. Es wurde langsam immer stärker.

Plötzlich verspürte ich einen stechenden Schmerz in mir, als würde jeder Knochen in meinem Körper entzweibrechen.

„Aua!“ Ich umklammerte meine Arme, als der Schmerz stärker wurde.

„Kämpfe nicht dagegen an! Gib die Kontrolle ab!“,~ sagte Rhea in meinem Kopf.~

Ich tat mein Bestes, nicht dagegen anzukämpfen. Loszulassen. Der Schmerz breitete sich in meinen Armen und Beinen und in den Fingern und Zehen aus.

I Jeder Knochen in meinem Körper schien sich zu dehnen und . meine Beine verbogen sich merkwürdig nach hinten.

Ich fiel zu Boden und sah, wie sich meine Hände langsam in Pfoten mit scharfen Krallen verwandelten. Fell breitete sich auf meiner Haut aus und verbarg meinen nackten Körper.

Mein Mund wurde ganz spitz und lang und verwandelte sich schließlich in eine Schnauze, wobei scharfe Reißzähne meine Zähne ersetzten.

Ich blickte zum Mond hinauf und spürte, wie alle meine Sinne geschärft wurden.

Meine Sicht war plötzlich so gut wie die einer Katze. Ich konnte einen kleinen Marienkäfer sehen, der ein paar Meilen entfernt über einem Busch flatterte.

Mein Geruchssinn wurde auch stetig schärfer und erlaubte mir, den Tau zu riechen, der sich gerade erst auf dem Gras niederließ. Ich konnte Hasen riechen, die an einem Baum in meiner Nähe vorbeirannten.

Ich konnte alles aus meilenweiter Entfernung riechen.

„Du hast es geschafft, Aurora! Du hast dich in einen Wolf verwandelt. Wie fühlst du dich?“, erkundigte sich Rhea.

„Ich … will laufen!“,~ sagte ich zu meiner Wölfin, was ihr ein Kichern entlockte.~

„Nur zu! Worauf wartest du?“

Da zögerte ich nicht lang und raste los wie ein wilder Hund.

Ich rannte so schnell, dass mir die Sicht verschwamm. Ich fühlte mich so frei und lebendig.

Nach ein paar Meilen erreichte ich einen riesigen See. Da ich plötzlich großen Durst verspürte, ging ich hinüber und senkte meinen Kopf, um zu trinken.

Aber ich hielt inne, als ich mein Spiegelbild sah.

Mein Fell war weiß wie Schnee und meine Augen leuchteten violett wie ein Amethyst. Von einer Verwandlung wie meiner hatte ich noch nie gehört.

Vielleicht bist du einzigartig“,~ sagte Rhea.~

Ich schnaubte und trank, bis ich keinen Durst mehr hatte.

„Ja, klar. Ausgerechnet ich“,~ entgegnete ich.~

Ich legte mich auf der Lichtung hin, um mich nach dem Auslauf etwas auszuruhen.

„Du bist etwas Besonderes, Aurora. Du weißt es nur noch nicht“,~ fuhr Rhea fort.~

„Ich bin nichts Besonderes, Rhea. Ich bin einfach nur nutzlos. Du hast doch gehört, was der Alpha gesagt hat. Er wird mich nicht als seine Gefährtin akzeptieren, weil ich schwach bin. Ein wertloser Wolf.“

Ich erinnerte mich, während ich sprach, an seine verletzenden Worte und musste laut wimmern.

Das ist sinnlos. In diesem Dorf habe ich keine Zukunft. Vielleicht sollte ich meine Siebensachen packen und abhauen, dachte ich mir.

Ich könnte in das Dorf gehen, in dem meine Mutter aufgewachsen ist, irgendwo im Osten. Das war doch immer schon mein Traum. I

Ich war tief in Gedanken versunken, als ich einen Zweig knacken hörte.

Voller Angst stand ich auf und blickte in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war.

In einiger Entfernung stand mir ein riesiger schwarzer Wolf mit eiskalten blauen Augen gegenüber. Die Augen wirkten irgendwie vertraut, aber ich konnte mich nicht erinnern, wo ich sie schon mal gesehen hatte.

Bedrohlich näherte sich der Wolf. Er knurrte und entblößte die Zähne.

Scheiße.

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