Der Engel der Sünde - Buchumschlag

Der Engel der Sünde

E.J. Lace

Rettung in letzter Sekunde

Mari

Ich will einfach nur noch weit weg von Mr. Keats und dem, was ich gerade getan habe. Ich denke nicht einmal an die Bushaltestelle oder daran, wie spät es ist. Ich renne einfach los.

Ich schaue nicht zurück, um zu sehen, ob er mich verfolgt. Ich kann ihn spüren. Sein ekelhafter Blick verfolgt mich.

Ich renne durch Menschenmassen, von einem Block zum anderen und über Kreuzungen; die Gebäude und Menschen, an denen ich vorbeikomme, beachte ich gar nicht.

Meine Haare peitschen hinter mir her, meine Tasche stößt bei jedem Schritt unangenehm gegen meine Schultern und ich verschränke meine Arme über der Brust, damit niemand merkt, dass ich keinen BH trage.

Als ich schließlich stehen bleibe, knicken meine Knie ein und ich schlage auf dem harten, unnachgiebigen Asphalt auf.

Ich weiß nicht, wo ich bin, aber ich vermute, dass ich in einem ärmlichen Teil der Stadt bin.

„Hey, Süße, geht es dir gut?“ Eine Stimme, die mich an die von Fran Drescher erinnert, lässt mich den Kopf heben und ich sehe eine blutrote Perücke über einem komplett geschminkten Gesicht. Die Frau scheint winzig und trägt einen dicken Pelzmantel.

Ich rutsche von ihr weg und stolpere erneut.

„Oh, Süße, lass mich dir helfen.“ Ihre kleinen Hände packen mich an der Taille und ziehen mich auf die Füße. Ihre haselnussbraunen Augen mustern mein Gesicht und suchen nach Anzeichen von Verletzungen.

„Hey meine Liebe. Hast du was genommen?“ Sie macht eine Kaugummiblase, die beinahe sofort platzt.

„N-nein, Ma'am, ich bin nur gerannt. Es geht mir gut. Danke.“ Ich trete einen Schritt von ihr und ihrem schweren Kirschblütenparfüm zurück.

„Jemand, der so rennt, muss einen Grund dafür haben, Süße“, sagt sie.

In diesem Moment kommt Mr. Keats um die Ecke gerannt. Er ist völlig außer Atem und sieht wütend aus. Schnell verstecke ich mich hinter der Frau.

Sie wirft erst einen Blick auf mich und dann auf Mr. Keats und weiß sofort, was los ist. Dann dreht sie sich zu ihm um.

Sofort habe ich schreckliche Angst um sie. Sie ist nicht viel größer als ich, und hat kaum etwas an. Sie wird sich unter seinen ekelhaften Blicken sicher furchtbar verletzlich fühlen.

Mr. Keats wird sie einfach zur Seite schieben und dann wird er mich mit zu sich nach Hause nehmen und ...

Aber was dann passiert, lässt mir die Kinnlade herunterfallen.

Die Frau stürmt furchtlos auf Mr. Keats zu. Sie schreit ihm ins Gesicht und verlangt, dass er mich in Ruhe lässt. Sie schubst ihn zurück und steht selbst aufrecht und stark da, wie eine Superheldin.

Es ist unglaublich, aber Mr. Keats scheint auf sie zu hören! Er sieht aus, als stünde er unter Schock. Nein, er sieht aus, als hätte er Angst. Als er sich kurz darauf umdreht und geht, schluchze ich erleichtert auf.

Dann spüre ich sanfte Hände an meiner Taille.

„Komm, lass mich dich reinbringen, Süße.“

Ich lasse mich in das nahe gelegene Gebäude führen. Ich merke gar nicht, was passiert, bis ich auf einem Stuhl sitze und einen Becher Wasser in den Händen halte. Ich zittere so sehr, dass ich etwas von dem Wasser verschütte.

Die Frau setzt sich neben mich und beginnt mit tröstender Stimme auf mich einzureden. „Er ist weg, Süße. Es ist alles gut.“

Aber ich schüttele den Kopf. „Nein, ich sollte tun, was er sagt. Jetzt wird er mich durchfallen lassen und ich werde nicht aufs College gehen können und meinen Bruder im Stich lassen. Er hat so hart für mich gearbeitet und ich musste mich nur auf das Lernen konzentrieren, aber ich habe alles vermasselt!“

Ich spüre Wärme an meinen Schultern, als sie ihren Arm um mich legt.

„Mach dir keine Sorgen um diesen Spinner, Baby. Wenn er noch etwas anstellt, sorge ich dafür, dass er in den Knast wandert. Ich bin eine Zeugin. Die Polizei wird uns glauben.“

Ihre Worte beruhigen mich, und ich atme tief durch. Mit einem dankbaren Lächeln auf den Lippen blicke ich zu der Frau auf, die mich gerettet hat, und bedanke mich sicher tausendmal.

Sie schüttelt den Kopf. „Du musst dich nicht bei mir bedanken. Wir Mädchen müssen doch zusammenhalten. Frauenpower und so ein Scheiß. Mein Name ist übrigens Brittany Hicks.“

„Ich bin Mari“, sage ich. „Danke nochmal.“ Dann spüre ich die erdrückende Last dessen, was ich getan habe. Diese Schuld fühlt sich an wie eine Kette um meinen Hals und ich weiß nicht, wie ich sie loswerden soll.

„Erzählst du mir, was passiert ist, Süße?“, fragt sie leise.

Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass ich das Gefühl habe, dass Brittany wirklich helfen will, oder ob ich einfach nur naiv und leichtgläubig bin, aber kurz darauf erzähle ich ihr alles.

Ich erzähle ihr, dass meine Mutter gestorben ist und dass Erik sich nun um mich kümmert. Ich erzähle ihr, wie viel er arbeitet, und dass ich auf jeden Fall die Highschool abschließen muss.

Ich erzähle ihr, wie viel ich lerne und dass Mr. Keats der Schlimmste ist. Ich erzähle ihr alles, was passiert ist, wie ich eine gute Note bekommen muss und wie schuldig ich mich fühle.

Brittany hat die Wahrheit gesagt, als sie sagte, sie würde zuhören, denn genau das tut sie. Nachdem ich fertig bin, umarmt sie mich. Sie klopft mir sogar auf den Rücken, wie eine Mutter es bei ihrer Tochter tun würde, und schenkt mir ein beruhigendes Lächeln.

„Okay, also erstens: Das war nicht deine Schuld. Du bist eine unschuldige junge Frau und er ist ein erwachsener Mann, der dich ausgenutzt hat. Die Schuld liegt allein bei ihm. Du bist so stark, weil du das alles jeden Tag mit dir herumträgst.“ Sie gibt mir Raum zum Atmen.

„Wie hast du es geschafft, dich ihm gegenüber so zu behaupten?“, frage ich erstaunt. „Ich konnte kaum atmen, als er mich so ansah. Als er mir sagte, ich solle ...“ Ich halte inne und versuche erneut, die Tränen zurückzuhalten.

„Ach bitte, wir haben hier ständig mit Spinnern wie ihm zu tun. Lass dir den Scheiß nicht gefallen. Er ist ein schwacher, kleiner Mann, und wenn du dich gegen solche Leute wehrst, schrecken sie zurück.“

„Wir?“, frage ich und sehe mich um. Jetzt erst erkenne ich, wo ich bin. Ich sehe die Bühnen, die Neonlichter, die langen Metallstangen.

Oh mein Gott, ich bin in einem Stripclub.

„Willkommen im Silky Bunny“, sagt Brittany und lächelt.

Ich blinzle überrascht und verwirrt und spüre, dass ich rot werde.

„Ich wünschte, ich wäre auch so mutig wie du“, sage ich. „Du hast wie eine Superheldin ausgesehen, als du dich gegen Mr. Keats gewehrt hast.“

Brittany lacht. „Ich bin keine Superheldin, Süße. Nur eine Stripperin. Allerdings eine sehr gute.“ Sie zwinkert mir zu und ich werde rot.

Sie mustert mich, aber ich fühle mich nicht halb so angewidert wie als Mr. Keats mich angestarrt hat. Ich merke, dass ich Brittany sich wirklich um mich sorgt, obwohl wir uns gerade erst kennengelernt haben.

„Und du kannst so mutig sein wie ich“, sagt sie.

Mein Herz setzt einen Schlag aus. Ich könnte mir nicht einmal vorstellen, so selbstbewusst zu sein wie sie. Wie war das überhaupt möglich?

„Und wie?“, frage ich mit hoffnungsvoller Stimme.

„Ich weiß, das hört sich verrückt an, aber als mir mal so etwas passiert ist, wollte ich auch unbedingt die Kontrolle zurück. Und die habe ich bekommen, indem ich mich mehr mit meinem Körper auseinandergesetzt habe. Es ist ein bisschen ausgefallen und vielleicht nichts für dich, aber ich habe die Kontrolle zurückgewonnen, mein Selbstwertgefühl gestärkt und als Stripperin im Bunny bereits viel Geld verdient.“

„I-ich? Eine Stripperin?“ Mein Gesicht wird so rot wie eine Tomate.

Sie lächelt sanft.

„Denk einfach darüber. Ich könnte dir beibringen, wie man sich an der Stange bewegt und ein paar Tanzschritte. Ich glaube, es wird dir gefallen. Vor allem, wenn du gutes Geld verdienst. Damit wirst du deinem Bruder auf jeden Fall helfen können.“

Sie wirkt so sicher, so positiv. Ich will ihr nicht sagen, dass ich das auf keinen Fall tun kann. Ich kann keinen normalen Job haben, geschweige denn einen als Stripperin. Mein Bruder würde mich umbringen.

Ich danke ihr und sage ihr, dass ich darüber nachdenken werde. Dann fährt sie mich sogar nach Hause.

Es ist schon so spät und ich merke erst, wie erschöpft ich bin, als ich das Haus betrete.

Erik ist nicht da. Er ist wahrscheinlich noch bei der Arbeit. Ich hinterlasse ihm einen Zettel, um ihm zu sagen, dass ich ihn liebe und ihn heute vermisst habe. Ich danke ihm, dass er so hart arbeitet, und sage ihm, wie stolz ich bin.

Als ich ins Bett falle, kann ich nicht anders als darüber zu lachen, was für eine furchtbare Stripperin ich abgeben würde. Ich bin mehr als dankbar, als ich endlich einschlafe.

Ich wache durch ein klirrendes Geräusch auf. Dann knallt eine Tür und ich höre mindestens zwei verschiedene Stimmen schreien und fluchen. Ich weiß, dass eine die von Erik ist.

Ich springe aus dem Bett, schnappe mir den Baseballschläger, der hinter meiner Tür steht, und renne den Flur entlang, um ihm zu helfen.

Im Fenster sehe ich die Spiegelung einer blutigen Lippe. Als ich dann noch sehe, wie Erik sich die Nase hält, sehe ich rot.

Mein Bruder wendet mir den Rücken zu und ein schwarz gekleideter Mann, der ein Eindringling sein muss, der es auf meinen Bruder abgesehen hat, rückt ins Blickfeld.

Ich hebe den Schläger und ziele auf den Oberkörper des Mannes. Als der Schläger in der Luft zischt, beginnt der Mann sich zu drehen, so dass mein Schlag genau auf seinem Brustkorb landet.

Der Mann fängt ihn mit der Hand ab und starrt mich an, während Erik zu lachen beginnt. Ben krümmt sich, hält sich die Seite und stößt eine Reihe von Schimpfwörtern aus.

Ich erstarre, lasse den Griff los und starre Ben an wie die schwache Beute, die ich für diesen Grizzlybären von einem Mann bin. Erik lacht so sehr, dass ihm Blut aus der Nase schießt und er anfängt zu husten.

Ben und ich brechen den Blickkontakt ab und sehen Erik an.

Ich eile zu meinem Bruder und halte seinen Kopf still, während Ben den Deckel des Erste-Hilfe-Kastens aufklappt. Er arbeitet so schnell, dass es schwer zu erkennen ist, was er tut.

„Warum blutest du?“ Meine verängstigte Stimme klingt wie die, eines kleinen Kindes.

„Es geht mir gut, Mari, es ist nur eine blutige Nase. Das passiert manchmal.“

Mit diesen Worten legt Ben je eine Hand an die Seite von Eriks Nase, bewegt sich mit einem Ruck und ein lauter Knall hallt durch den Raum.

Erik schreit auf. „Aua! Aua! Aua!“, ruft er immer und immer wieder.

„Du hast eine gebrochene Nase, du blutest nicht nur. Was ist passiert?“ Ich halte das Verbandszeug, während Ben die Wunde verbindet und ihn abtastet.

„Kein Grund zur Sorge. Du hast morgen früh Schule und musst wieder ins Bett.“ Er versucht, mich zu verscheuchen, aber so schnell lasse ich mich nicht abwimmeln. Mein Bruder hat eine gebrochene Nase. Das werde ich nicht einfach so ignorieren.

„Erik, war es wieder Scotty?“ Mein Herz hämmert wie wild in meiner Brust. Nach dem Tod unserer Mutter hat sich ihr Freund sofort auf die Suche nach uns gemacht, damit wir die Schulden begleichen, die Mom angeblich bei ihm hat.

Zuerst dachten wir, dass er nach Moms Tod verschwinden würde, aber als er in meiner Schule auftauchte und mich vom Unterricht abmeldete, wussten wir, dass er es ernst meinte.

Scotty fuhr mich zu einer Sporthalle, die in einem scheinbar verlassenen Gebäude untergebracht war, und sperrte mich stundenlang in einer Besenkammer ein, bis Erik und Ross kamen, um mich zu holen.

Ich hatte noch nie in meinem Leben so viel Angst gehabt. Ich rannte in Eriks Arme und ließ ihn nicht mehr los, bis ich einschlief.

„Nein, es geht mir gut. Geh einfach wieder ins Bett. Bringst du sie in ihr Zimmer, während ich abschließe, Ben?“, fragt Erik und wir sehen beide Ben an, der nickt und zur Küchentür geht.

„Ich liebe dich, gute Nacht.“ Ich winke Erik zum Abschied zu und folge Ben dann.

Erst als wir die Küche verlassen, fällt mir ein, dass ich mich vermutlich dafür entschuldigen sollte, dass ich ihm einen Schlag mit dem Baseballschläger versetzt habe. „Oh mein Gott, es tut mir so leid. Ich habe ganz vergessen, dass ich dich geschlagen habe. Geht es dir gut?“

Ich bleibe noch einen Moment vor meiner Tür stehen, bevor ich sie aufstoße.

Bens schiefes Grinsen ist ein echter Hingucker. Er ist eine Bestie, aber wenn er lächelt, scheint er der liebste Mensch der Welt und erinnert mich beinahe an ein süßes kleines Hündchen.

„Mein kleines Kätzchen verwandelt sich in eine Dschungelkatze. Das hast du gut gemacht, aber wenn tatsächlich mal jemand einbricht, will ich nicht, dass du dich mit ihnen anlegst. Dann musst du einfach verschwinden“, sagt er, während er sich gegen die Wand lehnt.

Sein Körper und seine Muskeln sind eindeutig größer geworden. Seine Arme sind bereits so dick wie kleine Baumstämme.

„Okay, bist du sicher, dass es dir gut geht? Es tut mir wirklich leid. Wenn ich gewusst hätte, dass du es bist, hätte ich dich bestimmt nicht geschlagen. Das schwöre ich.“ Ich gehe einen Schritt in mein Zimmer und fummle dabei an meinen Ärmeln herum.

„Ist schon gut, Mari. Ich weiß, dass es keine Absicht war. Es geht mir gut. Es geht uns gut. Ich mag mein kleines Kätzchen immer noch.“

Er lächelt wieder und ich werde ganz rot, während ich die Augen verdrehe.

So hat er mich schon immer genannt. Ich weiß noch, wie es anfing. Ich war vielleicht sechs und Erik hatte mich sitzen lassen, um mit Ross zu spielen.

Da die beiden vier Jahre älter waren, war ich „zu klein, um mit großen Jungs zu spielen“, und um es ihnen heimzuzahlen, bin ich von zu Hause „weggelaufen“.

In Wirklichkeit bin ich einfach nur auf einen Baum in der Nähe unseres Hauses geklettert. Aber als ich so weit oben war, bekam ich große Angst vor der Höhe und fing an zu weinen.

Zum Glück kam kurz darauf ein kleiner Junge mit einem Kopf voller brauner Locken und himmelblauen Augen vorbei. Ich rief ihn um Hilfe. Ich erklärte ihm, dass ich auf den Baum geklettert war, dann aber Angst bekommen hatte, und so half er mir.

Da ich buchstäblich von einem Baum gerettet wurde, hatte ich den Spitznamen „Kätzchen“ bekommen, der bis heute hängengeblieben war. Ben brachte mich nach Hause, wo meine Mutter gerade mit Erik schimpfte, weil er mich aus den Augen verloren hatte, und seitdem sind die beiden Freunde.

Ross war nicht immer mit mir befreundet, aber Ben schon.

Nicht, dass ich Ross nicht mögen würde. Es ist nur klar, dass er eher mit Erik als mit mir befreundet ist, während Ben zuerst mein Freund war, weshalb Erik und ich uns ihn teilen müssen.

„Gute Nacht, Benny. Es tut mir trotzdem leid.“ Ich lächle, schließe meine Tür und lasse mich zurück ins Bett fallen. Ich schlafe fast sofort ein.

***

Durch das Chaos der Nacht kommt der Morgen viel zu schnell. Ich weiß, dass Erik noch schläft und erst in drei Stunden aufstehen wird, also bereite ich sein Frühstück vor und mache mich dann auf den Weg zur Schule.

Als ich die Haustür öffne, bleibe ich stehen. Eriks Auto ist mit roter Farbe beschmiert. Auf die Windschutzscheibe ist etwas gemalt worden, aber von der Veranda aus kann ich nicht erkennen, was es ist.

Als ich näherkomme, zucke ich zusammen, als ich erkenne, was da steht.

„Die Zeit läuft ab.“ Neben den Worten sind drei Strichmännchen zu sehen, wobei eines von ihnen durchgestrichen ist.

Nun bin ich mir sicher, dass es eine Nachricht von Scotty ist. Ich wusste es und Erik hat mir direkt ins Gesicht gelogen.

Obwohl ich weiß, dass ich zur Schule muss, laufe ich zurück ins Haus und gehe zu Eriks Zimmer. Ich beuge mich zu seinem Bett hinunter und rüttle ihn, um ihn aufzuwecken.

„Erik, Erik, Erik, wach auf.“

Er stöhnt mit geschlossenem Mund, bevor er mich mit halbgeöffneten Augen ansieht. „Was ist?“, krächzt er.

„Bubba, dein Auto ist vollkommen beschmiert.“ Ich hasse es, ihm das zu sagen und damit ein weiteres Problem auf seine nicht enden wollende Liste zu setzen.

Er hebt den Kopf aus dem Kissen und reißt die Augen auf. „Wie bitte?“ Seine Müdigkeit scheint augenblicklich verschwunden.

„Überall ist Farbe und es gibt eine Nachricht, die was mit Mom zu tun haben scheint.“

Erik springt aus dem Bett; seine Füße berühren kaum den Boden, bevor er draußen ist.

„Geh zur Schule. Ich werde mich darum kümmern. Ist schon gut. Komm ja nicht zu spät.“ Erik ist plötzlich hellwach.

„Wenn du meine Hilfe brauchst, kann ich auch später gehen. Du musst schlafen“, sage ich, obwohl ich weiß, dass er mein Angebot nicht annehmen wird.

Tatsächlich wiederholt er nur, dass ich gehen soll und dass er sich darum kümmern wird. Also verabschiede ich mich und mache mich auf den Weg zur Schule.

***

Ich besuche einen Kurs nach dem anderen und als ich in den Kurs von Mr. Keats komme, beachtet er mich kaum.

Es ist schwer, in seiner Nähe zu sein, und als der Unterricht vorbei ist, bittet er mich doch tatsächlich zu bleiben. Auch, wenn ich es eigentlich nicht will, tue ich es. Zum Glück sagt Mr. Keats nur, dass er mich bestehen lassen wird, wenn ich niemandem erzähle, was passiert ist.

Ich stimme schnell zu. Was auch immer Brittany zu ihm gesagt hat, muss ihn nachhaltig beeinflusst haben.

Als ich nach Hause komme, sehe ich, dass Erik mir einen Zettel hinterlassen hat, auf dem steht, dass er erst spät nach Hause kommt und dass das Auto in der Werkstatt steht, weshalb jemand anrufen könnte.

Ich fühle mich so gefangen.

Ich habe das Gefühl, dass ich Erik nur noch zur Last falle. Er arbeitet so hart, um kaum etwas zu essen auf den Tisch zu bekommen, und jetzt muss er sich auch noch um die Autoreparatur kümmern.

Wir haben nicht genug Geld. Ich kann nicht einfach herumsitzen und nichts tun. Ich muss ihm helfen.

Plötzlich höre ich ein Klopfen an der Tür. Als ich durch den Spalt schaue, bin ich erstaunt, als ich Brittany Hicks vor mir sehe.

„Hey, Süße, nach gestern wollte ich nur nochmal nach dir sehen. Geht es dir gut?“ Ihr rotes Haar glänzt im Sonnenlicht und wird vom Wind zerzaust.

Ich trete nach draußen und atme tief durch. Könnte ich vielleicht doch das tun, was sie tut?

„Kannst du mir wirklich beibringen, wie man Stripperin wird?“, frage ich.

Ihr Lächeln reicht von einem Ohr zum anderen, als sie eifrig nickt.

„Und es ist auch sicher? Ich würde nicht verletzt werden? Und ich kann eine Menge Geld damit verdienen?“

Brittany legt mir eine Hand auf die Schulter und beantwortet mir geduldig jede meiner Fragen.

Sie erzählt mir, dass alle Mädchen im Silky Bunny einen Künstlernamen und eine Rolle haben, die sie spielen, und dass viele von ihnen sogar Masken oder Perücken tragen, um ihre Identität zu verbergen.

Dann versichert sie mir, dass die Besitzerin eine nette Dame ist, die die Sicherheit der Mädchen sehr ernst nimmt und dafür sorgt, dass alle Regeln eingehalten werden.

Niemand darf die Tänzerinnen anfassen und in der letzten Woche hat sie fast dreitausend Dollar verdient.

Bei diesen Worten werden meine Augen ganz groß.

Drei Riesen! So viel Geld würde uns unglaublich helfen. Erik könnte sich etwas ausruhen. Er müsste nicht mehr zwei Jobs machen und hätte sein Leben zurück. Ich würde ihm nicht mehr zur Last fallen.

Ich atme tief durch.

„Ich würde dein Angebot gerne annehmen, aber mein Bruder darf es nie erfahren.“

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