
Sünder & Spione
Lyra räumt die Schweinereien der Familie Achlys auf, ohne jemals die Grenze zu ihren Verbrechen zu überschreiten – bis das FBI sie in ihre Schatten zwingt. Jetzt ist sie eine Doppelagentin in einer Welt aus eisigen Blicken und noch kälteren Herzen, wo ein falscher Schritt ihr letzter sein könnte.
Hannibal Achlys, der jüngste und gefährlichste der Familie, scheint ihre Gedanken zu lesen, noch bevor sie sich bewegt. Verdreht, brillant und unmöglich zu entkommen, zieht er sie in einen tödlichen Tanz, in dem die Gefahr genauso berauschend wirkt wie das Verlangen. Jedes Geheimnis, das sie verbirgt, schürt seine Besessenheit … und sich ihm zu widersetzen, könnte sie mehr kosten als nachzugeben.
Prolog: Sperr die verdammte Tür zu
„Schluss jetzt.“
Eine warme Hand packte meinen Nacken und zog mich hoch. Ich kniete im Blut und wurde herumgedreht. Plötzlich sah ich in ein Paar wunderschöne haselnussbraune Augen.
Zu schöne Augen für jemanden, der neben einer Leiche stand.
„Wilde Nacht, was?“, sagte der Mann sanft, fast belustigt. Er sprach ruhig, als würde er ein verschrecktes Tier beruhigen wollen.
Mein Blick fiel auf das Messer in seiner Hand. Es triefte vom Blut des Toten am Boden. Dasselbe Blut, das in den Teppich unter meinen Füßen sickerte.
Ich hatte versucht, das Chaos zu beseitigen. Meine alte Jeansjacke diente als Putzlappen, um das Blut aufzuwischen. Die weißen Blümchen darauf färbten sich rot, aber ich schrubbte verbissen weiter.
Der Anblick einer weiteren Leiche hatte mich die Beherrschung verlieren lassen. Sechs Jahre lang hatte ich dem Putzzwang widerstanden, doch jetzt war es, als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Der Drang, alles in Ordnung zu bringen, beherrschte mich völlig.
Ich hatte weder den Mann mit den haselnussbraunen Augen noch die zwei Männer hinter ihm bemerkt, als ich den Raum betrat. Einer von ihnen hielt eine Waffe. Ich sah nur Blut und fing wie ferngesteuert an zu putzen.
Der Mann hielt mich fest und ich erstarrte wie ein Reh im Scheinwerferlicht.
„Name?“, fragte er bestimmt.
„Fletcher“, sagte jemand hinter mir. Einer der anderen Männer durchwühlte meine Brieftasche aus der Jacke. „Lyra Fletcher.“
Er reichte meinen Ausweis an den Mann mit den haselnussbraunen Augen, der ihn prüfte und mich dann musterte.
Er lächelte und zeigte dabei ein Grübchen. Er sah auf beunruhigende Weise gut aus.
„Nun, Miss Fletcher“, sagte er mit gespielter Höflichkeit. „Sie hätten das nicht sehen sollen. Aber Sie haben es gesehen. Und jetzt ...“
„I-ich habe nichts gesehen“, stotterte ich zitternd. „Ich sage meinen Freunden einfach, ich war auf der Toilette und ...“
Ich verstummte, wusste nicht weiter.
Freunde? Welche Freunde? Meine Mutter hatte mich zu einem Blind Date überredet, aber ich war geflüchtet, bevor es richtig losging. Ich wollte einfach weg und landete stattdessen hier.
Der Mann durchschaute meine Lüge sofort und packte meinen Nacken fester. „Du kleines Lügenmäulchen.“
Ich lief knallrot an. „Ich b-bin kein ...“
Er lächelte und beugte sich vor. In seinen braunen Augen konnte ich grüne Sprenkel erkennen. Mir wurde ganz schwindelig.
„Ach Schätzchen“, flüsterte er mir ins Ohr. „Du bist von oben bis unten mit seinem Blut bespritzt.“
Ich blickte an mir herunter. Das Blut war an meinen Händen angetrocknet und hatte meine Kleidung an den Knien dunkel verfärbt.
Es gab kein Leugnen. Ich steckte bis zum Hals in der Patsche.
Einen Moment lang war ich wütend. Warum zum Teufel schlossen diese Verbrecher nicht ab, wenn sie jemanden umbrachten?
Doch der Mann mit den haselnussbraunen Augen wirkte nicht überrascht, mich zu sehen. Er betrachtete mich nur mit seltsamer Neugier.
Und zum zweiten Mal an diesem Abend lief es mir eiskalt den Rücken runter.
„Du hast Glück“, sagte er leise. „Du hast mich beeindruckt.“ Er begutachtete das Chaos, das ich angerichtet hatte, als würde er meine Arbeit bewerten. „Du hast nicht mal gezögert, bevor du angefangen hast, zu putzen. Ich habe noch nie jemanden so ... eifrig putzen sehen.“
„Das kann nicht dein Ernst sein“, sagte einer der anderen. „Die Frau tickt doch nicht richtig.“
Der Mann mit den haselnussbraunen Augen starrte mich weiter an. Sein Lächeln wurde diabolisch. „Ich mag sie verrückt.“
Ich erschauderte. Er schien sich an meiner Angst zu weiden.
„Also, so machen wir's“, sagte er grinsend. „Da wir gerade eine Stelle frei haben ... hast du ab sofort einen neuen Job.“
Mir wurde speiübel. Nein.
„Und entweder du nimmst ihn an“, fuhr er fort, „oder du endest wie mein Kumpel hier.“ Er blickte auf den Toten am Boden, dessen orangefarbene Kleidung nun dunkelrot war. Blut breitete sich immer noch in alle Richtungen aus und kroch auf mich zu wie ein böses Omen.
„Keine Sorge“, flüsterte er in mein Ohr. Sein Atem war warm an meinem Hals. „Nicht alle meine Angestellten sterben.“ Er spielte mit dem Messer in seinen Fingern. „Nur die, die nicht den Mund halten können.“
Ich konnte weder sprechen noch atmen. Er führte das Messer nah an mein Gesicht, um mir Angst einzujagen. Ein Tropfen Blut vom Messer traf meine Wange als stumme Warnung.
Ich konnte nur leicht nicken, als hätte ich eine Wahl.
Der Mann grinste breit.
„Gute Neuigkeiten, Jungs“, sagte er und wedelte mit meinem Ausweis in der Luft wie mit einer Trophäe.
„Wir haben gerade unseren neuen Orange gefunden.“












































