Bratwa-Geschäfte waren der Grund für meinen Besuch im Black Light, und jetzt, wo ich hier bin, weiß ich ganz genau, wen ich will: die reizende Blondine, die hier völlig fehl am Platze ist. Diejenige, die mit Fingerspitzengefühl angefasst werden muss. Und ich schwöre, wenn ich fertig mit ihr bin, wird sie mich nach mehr anflehen.
Kapitel 1
Erstes KapitelKapitel 2
Zweites KapitelKapitel 3
Drittes KapitelKapitel 4
Viertes KapitelGefährliches Vorspiel
Ravil
Warum irgendwer dafür bezahlen würde, eine Frau auszupeitschen, war mir ein Rätsel.
Andererseits ist Valdemar nicht in der Bratwa, so wie ich. Er ist ein Diplomat. Gediegen. Interessiert sich nur für geschlossene Veranstaltungen, die sowohl Prestige als auch Sexappeal vermitteln. Außerdem genießt er nicht die gleichen Privilegien wie wir, die wir nach dem Diebeskodex leben.
„Du begleitest mich also zum Valentins-Roulette?“, drängt er. Wir befinden uns in seinem Haus in Georgetown und er gießt mir weitere zwei Fingerbreit seines präferierten russischen Wodkas ein, Beluga Noble.
Ich stelle mir vor, dass er sich selbst als eine Art Adliger begreift.
Ich zucke mit den Schultern. „Warum nicht? Da. Natürlich.“
Für gewöhnlich bin ich kein Arschkriecher, aber Valdemar ist der Schlüssel zu unserem Handel mit Schmuggelwaren und ich wurde vom Moskauer Pachan – dem Boss der Bratwa – angewiesen, dieses Rädchen weiterhin fleißig zu schmieren.
Das Valentins-Roulette ist irgendeine Veranstaltung in seinem Sexclub. Eine Gameshow, in der Doms mit Subs gepaart werden, und drei weitere Spiele, um die jeweiligen Szenen auszuwählen.
Ich mag Sex. Ich mag es, Frauen zu dominieren. Ich muss ganz sicher kein Vermögen ausgeben, um in diesen Genuss zu kommen, aber wie auch immer. Valdemar zuliebe werde ich es tun.
Valdemar liebt seinen exklusiven Club, das Black Light in Washington D.C., in dem die reiche Elite sich gegenseitig den Arsch versohlt
Ich hatte geglaubt, er wollte mit mir über wichtige Geschäfte sprechen, aber das ist in Ordnung. Er hat mich gerne als Copiloten dabei. Oder womöglich ist er auch meiner. Ich vermute, er glaubt, dass meine Tattoos und mein gefährliches Auftreten ihm einen zusätzlichen Vorteil in einer Situation verschaffen, in der von Männern erwartet wird, Alphatiere zu sein. Er weiß, dass Frauen mich attraktiv finden, und hofft, dass sie über sein Geburtsmal von der Größe Leningrads hinwegsehen, wenn er mit mir zusammen dort auftaucht.
Das letzte Mal, als wir zusammen unterwegs waren, hat er mich die ganze Zeit über bei Fuß gehalten, hat die Frauen mit mir geteilt, mich eingeladen, für ihn die Ernte einzufahren. Hat eine große Show daraus gemacht, seine Technik zu besprechen. Als ob es nur einen richtigen Weg gäbe, Sex zu haben. Nein, man dominiert die Frau, bis sie um Erlösung bettelt und vor Lust schreit. Oder die Kontrolle verliert und dann vor Lust schreit.
Es ist mir egal. Die Frauen, mit denen wir gespielt haben, fanden es heiß, so objektiviert zu werden. Sie haben Valdemar toleriert. Ich habe dafür gesorgt, dass sie beide gekommen sind.
„Du musst deine Bewerbung ausfüllen.“ Er klappt einen Laptop auf und öffnet das Dokument. „Diese Informationen hier.“ Er schiebt mir den Computer hin. „Ich weiß, dass sie dich aufnehmen werden, weil ich schon angerufen und mein diplomatisches Können habe spielen lassen. Sie sagen, es ist kein Problem, solange sie eine gerade Anzahl an Teilnehmern haben.“
Schnell fülle ich den Antrag aus und klicke auf Senden. „Erledigt.“
Er grinst mich an. „Gut. Dann werden wir morgen Abend auf unsere Kosten kommen.“
„Bin ich deshalb hier?“
Er zuckt mit den Schultern. „Zum Teil. Außerdem benötige ich deine Dienste.“ Er wechselt ins Russische. „Ich will, dass du jemandem eine Lektion erteilst.“
Ich verdrehe um ein Haar die Augen. Ernsthaft? Ist diesem Arsch nicht klar, dass ich in Chicago hundert Männer unter mir habe, die sich um so einen Mist kümmern? Ich bin der Bratwa-Boss. Der Strippenzieher. Ich mache mir nicht mehr die Hände schmutzig.
Ich hätte einen schestjorka schicken können – jemanden in den niedersten Rängen der Organisation, der solche Aufgaben übernimmt. Oder, wenn es vertraulich sein sollte, hätte ich meinen besten Handlanger geschickt, den stummen Oleg, der sich um die Sache gekümmert hätte.
Ich entspanne meinen verkrampften Kiefer und strecke entgegenkommend die Hände aus. „Wie du willst.“
Er strahlt mich an. „Gut. Lass uns sofort los.“
Ich stehe auf und lasse die Wirbel in meinem Nacken knacken.
Na schön.
Aber nur, weil wir diesen Mann brauchen, um die Geschäfte am Laufen zu halten.
Lucy
„Ich habe definitiv Zweifel an dieser Sache.“ Ich schüttle meine Hände aus und kralle die Finger ineinander.
Ich bin bei Gretchen, meiner ehemaligen Mitbewohnerin und besten Freundin aus dem Jurastudium. Sie ist nach unserem Examen in Georgetown in D.C. geblieben. Jetzt ist sie irgendein Ass im Büro des Generalstaatsanwaltes und ich bin …
Vollkommen verloren.
Ich schüttle die Niedergeschlagenheit ab, die mich in letzter Zeit immer mitten ins Herz zu treffen scheint. So hatte ich mir mein Leben mit fünfunddreißig nicht vorgestellt.
„Nö“, erwidert sie, als ob ein Nein meine Zweifel hinwegfegen würde. „Das ist genau das, was du brauchst, um Jeffrey zu vergessen und nach vorn zu schauen.“
Das von einer Frau, die keine nennenswerten Langzeitbeziehungen aufzuweisen hat. Sogar während des Studiums hat sie One-Night-Stands vorgezogen, während ich auf der Suche nach „dem Einen“ war.
Und verdammt, ich hatte geglaubt, ihn gefunden zu haben. Aber letzten Monat musste ich endlich einsehen, dass mein Jeffrey, mein scheinbar perfekter Freund, keine Absichten hatte, mich jemals zu heiraten. Acht Jahre als mein Freund und er hat es nicht geschafft, sich zu binden. Wollte mir keinen Ring anstecken oder mir dabei helfen, die Familie zu gründen, nach der ich mich gesehnt habe.
Also habe ich es endlich losgelassen.
Was schwerer gewesen war, als ich gedacht hätte.
Es ist einfacher, wenn ein Kerl fremdgeht oder die eigenen Freunde oder Familie beleidigt oder etwas Konkretes tut, das man ihm vorwerfen könnte. Aber nein, Jeffrey war ein perfekter, netter, gutaussehender Kerl, dem ich wichtig war, … aber eben nicht wichtig genug.
Wie auch immer.
Thank you, next, wie die süße Ariana Grande sagen würde. Aber ich fühle mich im Augenblick ~verflucht noch mal nicht dankbar~.
Nein, ich fühle mich, als ob ich von einer Dampfwalze niedergemäht worden wäre.
Als Gretchen also mit dieser verrückten Idee ankam, ich solle sie zu einer besonderen Veranstaltung in ihren BDSM-Club begleiten, habe ich zugestimmt.
Aber jetzt fange ich definitiv an, meine Zweifel zu haben. Ich bin nicht abenteuerlustig. Und die Rocky Horror Picture Show verwirrt mich immer nur.
„Was ziehst du an?“, fragt Gretchen und tut so, als ob es abgemachte Sache wäre. Sie zieht den Reißverschluss eines Kleidersacks auf, den ich an den Schrank in ihrem Gästezimmer gehängt habe, und starrt auf die Auswahlmöglichkeiten.
„Ähm …“ Anscheinend findet sie meine Auswahl nicht besonders überzeugend.
„Das rote Kleid“, sage ich leidenschaftslos.
Sie zieht es vom Bügel und hält es hoch. Es ist ein aufreizendes Wickelkleid aus weichem, anschmiegsamem Stoff und hat einen tiefen Ausschnitt. „Das wäre gut – für eine Verabredung mit einem Anwalt.“
„Ich bin Anwalt“, bemerke ich unnötigerweise.
„Aber nicht heute Nacht. Heute Nacht bist du eine Sexsklavin. Eine Sub.“ Sie wirft das rote Kleid auf das Bett und nimmt meine Hand, führt mich in ihr eigenes Schlafzimmer. „Heute Nacht wirst du lernen, dich der Kontrolle zu unterwerfen. Sobald du dich unterwirfst, kann dir das Universum den richtigen Mann schicken. Es wird eine unfassbare Ehre für diesen Kerl sein, dein Mann zu werden, und er wird mit dir ganz viele süße, blonde Babys machen und …“
„Ich verstehe nicht so ganz, wie meinen Körper der Folter auszusetzen das Gleiche ist, wie mich dem Universum hinzugeben.“
Gretchen öffnet die unterste Schublade ihre Kommode, wo sie offensichtlich ihre Outfits für den Kerker aufbewahrt.
Ich schrecke zurück, als ich die winzigen Latexteile entdecke, die sie hervorzieht.
„Na ja, das ist es auch nicht. Aber du wirst Gefallen daran finden, dich zu unterwerfen. Es ist eine Übung. Gib für drei Stunden die Kontrolle ab. Lass jemand anderen die Zügel in die Hand nehmen und für dein Vergnügen sorgen.“
„Was, wenn ich kein Vergnügen daran finde?“ Ich halte ein Paar glänzende, rote Latexshorts hoch, deren Schritt aus Spitze gefertigt ist. Super heiß – für eine Stripperin. „Tut mir leid, ich glaube nicht, dass ich jemals so was tragen könnte.“
„Ein Dom ist für dein Vergnügen verantwortlich.“
„Er ist aber auch dafür verantwortlich, mir Schmerzen zuzufügen.“
Ein breites Grinsen breitet sich auf ihrem Gesicht aus. „Das ist womöglich sein Vergnügen.“ Sie zuckt mit den Schultern. „Und vielleicht auch deins.“
Gretchen ist ein Switch – jemand, der sowohl gerne Top als auch Bottom ist. Natürlich nicht gleichzeitig.
Heute Abend wird sie Domme sein, weil das Black Light – der exklusive BDSM-Club, in dem sie Mitglied ist – sie darum gebeten hat, nachdem sie ihre Anmeldung für das Valentins-Roulette eingereicht hatte. Der Club hält jedes Jahr eine besondere Veranstaltung ab. Gretchen hat mir schon im letzten Jahr darüber erzählt, nur dass ich damals noch als neugieriger Voyeur zugehört habe und mir nie im Leben vorgestellt hätte, selbst einmal meinem Namen in den Ring zu werfen, um daran teilzunehmen.
Die Veranstaltung dreht sich um ein Roulettespiel, bei dem die Partner ausgelost und bis zu drei Szenen festgelegt werden. Auf meiner Anmeldung konnte ich nur vier strikte Limits auswählen, was mich fast umgebracht hätte, weil ich am liebsten alles auf der Liste ausgeschlossen hätte bis auf Geschlechtsverkehr.
Nein, das stimmt nicht. Gretchens Lebensweise hat mich von Anfang an fasziniert. Ich bekomme nur jetzt kalte Füße, wo ich mit dem Gedanken spiele, selbst meine Zehen ins Wasser zu tunken.
„Na schön, zieh das rote Kleid an, wenn du dich dann wohler fühlst. Sag mir nur bitte, dass du sexy Unterwäsche hast.“
Ich versuche, beherzt zu sein. „Ich hatte gedacht, vielleicht auf die Unterwäsche zu verzichten.“ Ich zwinkere ihr zu.
„Das ist mein Mädchen!“ Sie schnippt mir einen Tanga ins Gesicht und ich pruste los, als ich ihn auffange. „Es wird dir Spaß machen. Versprich mir, dass du dir erlaubst, Spaß zu haben?“
Ich hole tief Luft und nicke. Ich bin kein Feigling. Ich bin eine knallharte Anwältin, die gnadenlose Verbrecher verteidigt, ohne ins Schwitzen zu geraten. Zur Hölle, ich verwalte die Konten einer der mächtigsten Verbrecherfamilien in Chicago. Dann werde ich doch wohl mit dem klarkommen, was mich im Black Light erwartet.
Hoffe ich.