N. K. Corbett
Aidan
Der ganze Tag war ein Albtraum.
Angela war sauer auf mich, weil ich Jack angeschnauzt hatte, Jack mochte mich deswegen auch nicht besonders, und Michelle ignorierte mich einfach und warf mir verächtliche Blicke zu.
Alle anderen gingen mir aus dem Weg. Aber das lag wahrscheinlich daran, dass ich jeden angeschnauzt hatte, der mir zu nahe kam.
Ich war noch nie der vor Freude strahlender Typ, aber heute war der Tag, an dem ich am liebsten jemandem eine reingehauen hätte.
Ich habe den ganzen Tag über alle blöd angemacht und angeschrien, sodass sie versucht haben, sich so gut es ging von mir fernzuhalten. Und als das nicht klappte, hatte ich mich in meinem Büro verkrochen.
Es gab viel zu tun, aber nachdem ich etwa zwei Stunden an meinem Schreibtisch gesessen hatte, starrte ich immer noch auf dasselbe Schriftstück, das ich als erstes in die Hand nahm.
Ich konnte an nichts anderes denken als an sie und ihre verdammten tiefbraunen Augen. Manche Leute glaubten, dass Braun gewöhnlich und nichts Besonderes sei. Aber das waren sie nicht, sie waren fesselnd und faszinierend.
Man konnte ewig in sie hineinschauen, ohne ihnen wirklich auf den Grund zu gehen oder sich an ihnen satt sehen, denn sie verbargen so viele Dinge und Gefühle, besonders ihre.
So viele Gefühle, dass ich nicht einmal die Hälfte davon entschlüsseln konnte.
Ihre Augen waren natürlich nicht das einzige, was interessant war. Ihre Lippen und die Worte, die aus ihrem Mund kamen. So frech und voller Sarkasmus.
Ihr Körper und die Kurven an genau den richtigen Stellen, und die Beine, die an einem perfekten Hintern befestigt waren.
Ich spürte, wie mein Schwanz anschwoll, als ich mir vorstellte, wie sie gebeugt mir ihren Arsch entgegen streckte, während ich von hinten in sie stieß.
„Es reicht, das war's. Ich habe es satt, dass du hier drin sitzt und dich versteckst", ich wurde aus meiner kleinen Fantasie gerissen, als die Tür aufging und Angela hereinkam.
Sie betrat mein Büro mit selbstbewussten Schritten und einem Haufen Einkaufstüten in der Hand, die sie auf einen der Stühle warf, bevor sie mit verschränkten Armen auf mich zuging.
„Ich bin nicht in Stimmung, Angela", stöhnte ich, während ich mich in meinem Stuhl aufrichtete und einen Stapel Unterlagen auf meinem Schreibtisch durchblätterte.
„So ein Pech", sie knallte ihre Hände auf die Unterlagen, und ich stieß ein leises Knurren aus, als ich meinen Blick auf sie richtete. Ich wusste, dass meine Augen schwarz waren und mein Wolfsblick durchschien. Wütend über die Respektlosigkeit, die sie ihrem Alpha entgegenbrachte. Sie zuckte leicht zusammen, wich aber nicht zurück.
„Spar dir das, Aidan. Ich erzähl dir jetzt mal was und du wirst zuhören", knurrte sie zurück und ließ ihre Wölfin ebenfalls durch ihre Augen scheinen.
Normalerweise wäre das eine Herausforderung oder ein unmittelbares Vergehen gegenüber dem Alpha, aber das hier war etwas anderes.
„Kiarra." Sie sprach den Namen langsam aus, was sofort mein Interesse weckte. „Das ist ihr Name, falls du ihn vergessen hast", ich spürte, wie sich ein leises Grollen in meiner Brust bildete, aber ich ließ sie fortfahren.
„Sie ist 24 Jahre alt und lebt im Grunde das Leben einer Obdachlosen. Sie hat keine Familie, keine Freunde und war ihr ganzes Leben lang allein." Mein Wolf wimmerte in meinem Kopf, zog sich weiter zurück und leuchtete mir nicht mehr so stark in meinen Augen. Sie war allein?
„Sie ist von Haus zu Haus gezogen, hatte nie eine Bleibe, nie jemanden, der sie wollte oder sie als Familie betrachtete, Aidan. Es ist ein Wunder der Mondgöttin selbst, dass sie irgendwie den Weg hierher gefunden hat.
„Weil sie hierher gehört! Das ist ihre Familie!" Sie sprach langsamer als sonst, aber ich nahm an, das lag daran, dass sie wollte, dass ich ihr zuhörte, statt ihrem gewohnten Sprechtempo zu folgen.
„Ich schwöre bei der Göttin Aidan, wenn du dich nicht benimmst und wir sie verlieren ...?" Sie war wütend, normalerweise war das Mädchen immer fröhlich und lächelte, aber nicht heute. Nein, sie war mehr als wütend, aber auch traurig. Als sie über das Leben meiner Gefährtin sprach, löste sich eine leise Träne aus ihrem Auge und lief langsam ihre Wange hinunter.
„Sie ist unsere Familie, Aidan. Und wenn du deine nicht verlieren willst, lässt du sie besser nicht wieder gehen."
Ihre Wölfin leuchtete immer noch stark in ihren Augen, während mein Wolf sich lieber zurückgezogen hatte. Ihre letzten Worte ließen mich verstehen, warum ich ihr Verhalten keineswegs als respektlos empfand.
Sie war eine Wölfin, die ihre Luna beschützte. Und das war eine so starke Bindung, die man niemals unterschätzen sollte.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Also schwieg ich und schaute unberührt. Es sollte mich nichts angehen. Es durfte es einfach nicht. Sie war ein Mensch. Und das machte sie schwach und verletzlich.
Angela sah, dass ich keine Absichten zeigte, etwas zu sagen also schnaufte sie verärgert und fuhr fort.
„Das arme Mädchen ist ganz allein auf dieser Welt, und das muss sie nicht sein. Denn sie hat dich tatsächlich gefunden. Ihren Gefährten. Ihr beide seid füreinander bestimmt, ob es dir nun passt oder nicht." Ich warf ihr einen finsteren Blick zu.
„Ich kann nicht, Angela" Meine Stimme blieb so gefühllos wie mein Gesicht, während ich sie weiter ansah.
„Warum Aidan. Warum ist das so verdammt schwer für dich? Es ist ja nicht so, dass menschliche Partner selten sind. Sicher, es kommt nicht jeden Tag vor, dass ein Alpha eine menschliche Gefährtin hat, aber es ist schon vorgekommen. Also warum?" erkundigte sie sich, wobei ihre Stimme dieses Mal etwas weniger wütend klang.
„Weil Menschen schwach sind. Und ich brauche niemanden schwachen an meiner Seite", schnauzte ich sie an und ballte die Fäuste.
„Du würdest also lieber deine Gefährtin zu einem Leben in Einsamkeit verdammen, als so zu enden wie dein Vater?" Den letzten Teil fauchte sie mir so heftig entgegen, dass ich fast zusammengezuckt wäre. Danach drehte sie sich um, schnappte sich ihre Taschen und knallte die Tür zu, als sie hinausging.
Ich blieb an meinem Schreibtisch sitzen und versuchte, mich wieder auf meinen Papierkram zu konzentrieren, aber ich musste wieder an sie denken. Das war die richtige Entscheidung. Sie musste es sein.