The Game (Deutsch) - Buchumschlag

The Game (Deutsch)

J.A. White

Kapitel 4

TY

Ich wache von dem Klingeln meines Telefons auf dem Nachttisch auf. Ich schaue nach, wer anruft, und es ist eine Nummer aus New York. „Ich kenne niemanden in New York, hinterlass’ mir eine Voicemail“, murmele ich vor mich hin.

Ich drehe mich um und schlafe wieder ein.

Ein paar Stunden später wache ich auf und verlasse das Bett. Langsam schlurfe ich in die Küche und mache mir eine Kanne Kaffee.

Als ich auf den Balkon gehe, sehe ich Frank, der das tut, was er jeden Morgen und den ganzen Tag tut: Er sucht nach dem heiligen Gral der vergrabenen Schätze.

Über das Wochenende hinweg haben ein paar Kids am Strand eine Party gefeiert. Also sucht Frank jetzt jeden Quadratzentimeter ab, um etwas Gutes zu finden.

In der Ferne sehe ich eine Frau, die wild mit den Armen fuchtelt und um Hilfe schreit. Ich stehe auf und schaue über das Geländer. Plötzlich hält sie inne und schaut zu Frank.

Frank sieht sie kurz an und sucht dann weiter den Strand ab. Sie steht aus dem Wasser auf und entblößt ihren nackten Körper. Frank bleibt wieder stehen und sieht sie kopfschüttelnd an.

Marsha verschränkt ihre Arme unter ihren Brüsten und wirft Frank einen bösen Blick zu. Sie beginnt, sich auf den Weg zurück zur Wohnung zu machen. Unterwegs bückt sie sich, hebt ihr Handtuch auf und wickelt es um ihre Taille.

Sie zeigt ihm zwei Mittelfinger und geht davon. Ich fange laut an zu lachen. Ich glaube, Marsha hört mich, denn als ich wieder nach unten schaue, zeigt sie mir auch den Finger.

„Tut mir leid, Marsha“, sage ich. Ich setze mich wieder hin und nehme mir eine Tasse Kaffee. Mein Telefon klingelt und es ist Ted, der Besitzer des Surfshops. Ich nehme den Hörer ab und lasse ihn reden.

Er lässt mich wissen, dass die Aktionäre mit dem Surfshop in eine andere Richtung gehen wollen. Sie haben ihre Anteile an ein anderes Unternehmen verkauft, das neue Surfshops im ganzen Land vermarktet und etabliert.

Auch wenn Ted nur 49 Prozent der Anteile besaß, wollte er den Laden nicht verkaufen. Er wollte keinen Haufen Geschäfte; er wollte nur seins.

Die neue Firma hat alle gefeuert, die dort arbeiteten, sogar Ted. Denjenigen, der das Unternehmen vor fünfzehn Jahren gegründet und zu dem gemacht hat, was es heute ist.

„Es tut mir leid, Ty“, sagt er immer wieder.

„Muss es nicht. Ich hoffe nur, sie haben dir eine hübsche Abfindung für den Aufkauf gezahlt.“

„Das haben sie. Ich wollte in etwa zehn Jahren in Rente gehen, aber es sieht so aus, als würde ich es schon früher tun. Meine Frau und ich wollen ins Landesinnere ziehen. Sie hat das Strandleben jetzt wirklich satt.“

„Viel Glück an dich und deine Frau bei eurem neuen Abenteuer“, sage ich ihm.

„Danke. Und hey, wenn du eines Tages ein Geschäft eröffnen willst und Partner brauchst, sieh zu, dass du mehr als 50 Prozent der Anteile besitzt, sonst wirst du auch aufgekauft.“

„Das werde ich, und danke noch mal, dass du mir die Chance gegeben hast, mit dir zu arbeiten“, sage ich und wir legen beide gleichzeitig auf. Wow, das habe ich nicht kommen sehen.

Ich starre auf mein Telefon und bemerke, dass ich eine Voicemail habe. Ich frage mich, ob es noch mehr schlechte Nachrichten sind. Ich öffne die Mailbox und höre mir die Nachricht an. Meine Augen werden groß, als ich erkenne, worum es geht.

Ich breche die Voicemail ab und rufe die Nummer an, die in der Nachricht angegeben wurde. Cassie nimmt den Anruf an und ich bestätige ihr, dass ich bei The Game mitspielen werde.

Als ich das Gespräch mit Cassie beende, habe ich das größte Lächeln im Gesicht.

„Verdammt, ja!“, schreie ich laut auf.

„Verdammt ja was?“, höre ich von über mir.

„Bist du das, Marsha?“

„Das bin ich.“

„Hey, komm runter in meine Wohnung. Ich habe etwas, das ich dir erzählen möchte.“

Bevor ich ein weiteres Wort sagen kann, höre ich, wie die Tür zu ihrer Wohnung zugeschlagen wird und innerhalb von Sekunden klopft es an meiner Tür. „Komm rein“, sage ich und meine Tür schwingt auf.

Marsha steht da, immer noch mit dem Handtuch um die Hüfte.

„Mein Gott, du hättest dir doch was anziehen können, bevor du herunterkamst.“

„Ich kann mich nicht mehr nackt am Strand sonnen, also mache ich es auf meinem Balkon. Du hast mich gerade zum richtigen Zeitpunkt erwischt. Was ist los, Baby?“, sagt sie, während sie sich auf meinem Sofa niederlässt und ihre Beine spreizt.

Jetzt kann ich alles sehen. Ich blinzle zweimal und schaue weg.

„Du magst mein rasiertes Kätzchen. Stimmt’s? Ich habe gehört, dass alle jungen Männer auf rasierte Muschis stehen.“ Sie legt ihre Hand auf ihre Muschi.

Ich lächle und nicke ihr kurz zu. „Hör mal, ich werde für ein paar Monate weg sein und würde gerne wissen, ob du währenddessen hier einziehen möchtest? Du weißt schon, eine Auszeit von Frank nehmen und so.“

„Wohin gehst du?“, fragt sie.

„Ich habe mich für etwas angemeldet. Dafür werde ich jetzt ein paar Monate lang auf Reisen gehen.“

„Ich kann hier nicht einziehen. Ich kann mir kaum meine eigene Wohnung leisten – bei all dem Geld, das Frank eintreibt“, sagt sie.

„Marsha, Baby, du musst dir um nichts Sorgen machen. Ich habe bereits alles für die nächsten sechs Monate bezahlt.“

Ihre Augen werden groß, als sie sich vorstellt, alleine ohne Frank zu leben. „Wann gehst du?“, fragt sie.

„Ich fliege in zwei Tagen nach New York.“ Marsha steht auf und sieht sich um. „Versprich mir, dass du hier drin keine verrückten Sexpartys schmeißt.“

„Gott, du bist so langweilig. Okay, ‚keine verrückten Sexpartys’“, sagt sie und setzt mit ihren Fingern Anführungszeichen. „Ich verspreche, dass ich nicht überall abspritzen werde.“

„Was meinst du mit ‚überall abspritzen’?“

„Ich mache nur Spaß. Ich werde es über das Balkongeländer machen“, sagt sie und lacht.

„Ich will es nicht wissen.“ Ich schüttle den Kopf.

***

Am Tag vor meinem Flug versuche ich, jemanden zu finden, der mich zum Flughafen bringen kann. Alle meine Freunde, mit denen ich gearbeitet habe, sind bereits verschwunden, nachdem sie gefeuert oder entlassen wurden.

Ich will mein Auto nicht am Flughafen stehen lassen, weil ich sonst über die Monate hinweg Unsummen an Geld für den Parkplatz zahlen müsste. Die einzige Person, die mir einfällt, ist Frank.

Mein Flug startet um sieben Uhr morgens und ich muss ein paar Stunden früher bei der Sicherheitskontrolle sein. Frank ist der einzige Mensch, den ich kenne, der um diese Zeit schon auf ist.

Ich entdecke ihn, wie er mit seinem Detektor am Strand umherläuft. Ich gehe auf ihn zu. „Hey, Frank. Wie geht’s?“, sage ich.

„Du brauchst eine Mitfahrgelegenheit zum Flughafen, oder?“, sagt er und sieht zu mir auf.

„Woher weißt du das?“

„Nun, meine Frau kann nicht aufhören, davon zu reden, dass sie ein paar Monate alleine leben wird. Dass du nach New York gehst, um deine neue Frau kennenzulernen.“

„Meine Frau?! Ich habe Marsha gegenüber nie etwas von einer Ehefrau gesagt“, sage ich und lache.

„Wie auch immer, du hast sie mir vom Hals geschafft – wenn auch nur für eine Weile – und dafür bin ich dankbar“, sagt er, während er seinen Detektor ausschaltet.

„Hör zu, ich liebe meine Frau von ganzem Herzen. Aber ich hatte meinen sexuellen Höhepunkt in meinen Zwanzigern. Sie hatte ihren in ihren späten Vierzigern. Sie versucht ständig, mich dazu zu bringen, Dinge zu tun, an die ich nie auch nur gedacht hätte.

Ich will einfach nur in Ruhe gelassen werden und das tun, was ich liebe – am Strand spazieren gehen und mein Rentnerdasein genießen.“

„Ich verstehe. Vielleicht braucht sie ein Spielzeug, mit dem sie sich beschäftigen kann.“

Franks Augen werden groß, als er mich ansieht und mit den Fingern schnippt.

„Du bist ein Genie, Junge“, sagt er.

„Was meinst du?“

„Ein Spielzeug! Ich werde auf Craigslist oder Tinder, was auch immer, gehen und ihr einen jungen Hengst suchen, der die ganze Drecksarbeit für mich erledigt.

Bis du zurückkommst, hat sie vielleicht genug davon und kommt zu mir zurück, damit wir uns wie ein normales altes Ehepaar zur Ruhe setzen, Margaritas trinken und uns über die Kinder am Strand lustig machen können“, sagt Frank, der plötzlich ganz glücklich ist.

„So habe ich das nicht gemeint, aber wenn es das ist, was dich glücklich macht, bitte sehr.“ Im Hinterkopf denke ich: Vielleicht hört sie ja auch auf, mich anzubaggern.

***

Der Tag meines Fluges. Ich schnappe mir meine Taschen und Schlüssel und schließe die Tür ab. Als ich zum Parkplatz gehe, sehe ich, dass Frank bereits in seinem Auto auf mich wartet. Ich öffne die Beifahrertür und steige ein.

Frank sieht mich mit einem breiten Lächeln an.

„Warum so glücklich?“, frage ich.

„Ich habe einen Hengst für sie gefunden!“, sagt er.

„Schon?“

„Natürlich. Direkt nachdem wir uns gestern unterhalten haben. Ich habe ihr erzählt, was ich für sie plane. Sie war so glücklich, dass wir gleich beide zusammen im Internet geschaut haben. Sie fand ihn auf Craigslist unter ‚Hengste zum Verkauf’.

Ich dachte, sie sucht nach einem Pferd. Er ist dreiundzwanzig und schlank wie ein Pferd, stell dir das mal vor. Er wird in ein paar Tagen hier sein. Sie haben gerade vor einer Stunde per Video gechattet.“

„Darf ich fragen, wie viel er verlangt?“, frage ich.

„Zu verdammt viel! Aber ein paar Monate allein zu sein war jeden Penny wert“, sagt er, während er den Schlüssel in der Zündung umdreht.

Wir erreichen den internationalen Flughafen von Orlando im Handumdrehen. Frank hält am Abholbereich an. Ich beginne, meinen Wohnungsschlüssel vom Ring zu befreien.

„Ich nehme ihn gerne, aber sie wird ihn nicht brauchen.“

„Was meinst du mit ‚Sie wird ihn nicht brauchen’?“, sage ich verwirrt.

„Sie hat bereits einen Schlüssel. Weißt du noch, als du vor einiger Zeit deinen Schlüsselbund verloren hast? Sie hat ihn gefunden und eine Kopie deines Wohnungsschlüssels gemacht, bevor sie ihn zurückgegeben hat“, sagt er kichernd.

„Ist das dein Ernst? Das sagst du mir erst jetzt?“

Frank nickt nur.

„Das ist in so vielen Hinsichten falsch“, sage ich, als ich aus seinem Auto aussteige. „Danke noch mal fürs Mitnehmen.“

Während der ganzen Zeit, in der ich in der Schlange vor der Sicherheitskontrolle stehe, denke ich nur: Wie oft hat sie mich beim Schlafen beobachtet oder sich in meinem Schrank versteckt und mir beim Duschen oder Umziehen zugeschaut?

Mir läuft ein Schauer über den Rücken, wenn ich nur daran denke.

Ich schaffe es durch die Sicherheitskontrolle und warte im Terminal, mittlerweile will ich nur noch weg von hier.

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