Das Kreuz zu tragen - Buchumschlag

Das Kreuz zu tragen

Silver Taurus

Das Reich Etuicia

AMARI

Ein Stoß ließ mich erschrocken aufwachen. Einen Moment lang hatte ich vergessen, wo ich war. Seufzend setzte ich mich auf und richtete mein Kleid.

Es war mein zweiter Tag auf der Straße. Das Reich Etuicia war fünf Tage vom Pallatinischen Reich entfernt. Die holprigen Straßen und leblosen Landschaften bescherten mir eintönige Tage.

Ich öffnete das Fenster der Kutsche und schaute hinaus. Bis jetzt waren wir noch auf Pallatinischen Gebiet. Noch ein Tag und wir würden diesen Ort endlich verlassen. So sehr ich mich auch hinlegen und ausruhen wollte, ich konnte es nicht.

Gut, dass ich ein paar Bücher und Papier dabeihatte, die mich beschäftigt hielten. Ich seufzte noch einmal.

Ich starrte hinauf in den blauen Himmel. So wie es aussah, war es ungefähr Nachmittag. Bald würden wir anhalten, um zu rasten.

Die beiden Kutscher, die mich begleiteten, waren freundlich genug, ab und zu anzuhalten. Sie wussten, dass mir die Fahrt zu schaffen machte. Schließlich war es das erste Mal, dass ich den Palast verließ.

In all meinen Jahren war ich nie hinausgekommen. Noch nicht einmal in eine Kutsche war ich je gestiegen. Es war mein erstes Mal. Es hätte aufregend sein müssen, aber das war das Letzte, was ich in diesem Moment fühlte.

Allein die Erinnerung an die schrecklichen und schmerzhaften Tage, die hinter mir lagen, ließ mich erschaudern. Mein Vater hatte mich nie geliebt. Und meine Schwester hatte sich nicht einmal getraut, mich anzuschauen.

Celine, das war der Name meiner Schwester. Celine war vier Jahre älter als ich. Ihre goldenen Locken und blauen Augen machten sie zu einer der schönsten Prinzessinnen. Sie besaß alles, was ich nicht hatte: Schönheit.

War ich neidisch auf sie? Vielleicht ein bisschen. Während ihre weiße Porzellanhaut in der Sonne glänzte und ihr üppiger Körper alle Herzen eroberte, blieb ich wie die hässliche Ente.

Meine weiße, vernarbte Haut und die Sommersprossen im Gesicht ließen mich schrecklich aussehen. Das Einzige, worüber ich glücklich war, waren meine Augen. Sie waren eisblau, genau wie der Morgenhimmel nach einer langen Regennacht.

Als ich hörte, wie die Pferde ein wenig in Aufruhr gerieten, schaute ich aus dem Fenster. Als die Kutsche anhielt, versuchte ich zu sehen, was vor mir lag.

„Tut mir leid, Mylady, wir mussten anhalten. Es sieht so aus, als würden sie abkassieren”, erklärte der Kutscher mit einem verlegenen Lächeln. Ich nickte ihm zu und setzte mich wieder hin.

Ich hatte es gar nicht bemerkt, aber wir waren schon an der Grenze des Reiches.

Ich beschloss, dass es am besten war, ein Buch zu lesen und suchte nach einem Liebesroman, der mich ablenken würde.

Ich war ein Bücherwurm und süchtig nach Fantasiewelten, die mich aus meinem elendigen Leben herausholten, besonders wenn mein Vater mich bestrafte.

Während die Kutsche wieder anfuhr, wartete ich geduldig. Als ich aus dem Fenster sah, bemerkte ich hohe Holztore. Sie standen weit offen, als Reisende die Mauern des riesigen Reiches betraten und verließen.

Kaufleute boten verschiedentliche Dinge an. Neugierig darauf, was sie verkauften, lehnte ich mich ans Fenster und schaute hinaus. Andersartige farbenfrohe Kleider und Essen fesselten meinen Blick.

Die schönen Farben und Entwürfe ließen mich davon träumen, selber eines davon zu tragen. Aber ich hatte kein Geld dafür übrig.

Das einzige Geld, das ich besaß, war in dem kleinen Beutel, den Maya mir gegeben hatte. Aber das hob ich mir für Notfälle auf. Ich vermisste sie in diesem Moment.

Traurig lächelnd lehnte ich mich wieder zurück und zog die Vorhänge zu. Ich sollte mir lieber nichts wünschen, das eh niemals passieren würde.

Die untergehende Sonne zeigte, dass es schon nach sechs war. Mein Magen knurrte, als ich darauf wartete, dass die Kutscher anhielten. Ich musste etwas zu essen zubereiten.

Als ich noch im Palast lebte, hatte ich oft tagelang nichts gegessen. Wenn mich jemand bestraft hatte, nahmen sie mir mein Essen weg und gaben mir Wasser.

Aber Mayah, als treue und gute Freundin, brachte mir Reste mit, damit ich etwas zu essen bekam.

Als ich ein leichtes Klopfen von vorne hörte, öffnete ich die kleine Luke und schaute nach, wer es war.

„Tut mir leid, Mylady, aber wir werden heute Abend nicht mehr anhalten. Wir müssen früher im Reich Etuicia ankommen”, sagte der Kutscher.

Leise lächelte ich und schloss die Luke. Das bedeutete, dass ich heute Abend nichts zu essen bekam. Ich beschloss, die Idee, etwas zu essen, aufzugeben und legte mich hin.

Mein Gesäß schmerzt vom vielen Auf- und Abhüpfen. Auch wenn die Sitze der Kutsche gepolstert waren, tat es trotzdem weh. Ich hatte das Gefühl, dass mein Rücken jeden Moment explodieren würde, wenn das so weiterging.

Ich holte tief Luft. Ich dachte darüber nach, was nun passieren würde, da ich mit dem Reich Etuicia verheiratet werden sollte.

Als Kind hatte ich Gerüchte über den König des Reiches Etuicia gehört. Die Mägde im Palast hatten untereinander über ihn getuschelt. So hatte ich zufällig von ihm erfahren.

Nachdem ich von ihm gehört hatte, fragte ich Mayah diesbezüglich. Sie hatte gesagt, der König sei jemand, der gut aussehe, aber von allen gefürchtet würde. Man sagte, er würde alle seine Frauen misshandeln. Das war der Grund, warum er nie geheiratet hatte.

Aber warum dann jetzt? Was hatte sich geändert?

Ich erinnerte mich, Mayah nach seinem Namen gefragt zu haben. Meine Neugierde war einfach zu groß gewesen, und hatte mehr über ihn zu erfahren wollen. Sie hatte erwähnt, dass sie sich nicht gut daran erinnern konnte, aber sein Name begann mit einem m.

Aus irgendeinem Grund hatte mich das Thema nicht mehr losgelassen, aber es hatte kein einziges Buch über ihn im Palast gegeben.

Und weil ich nicht in die Bibliothek hatte gehen dürfen, war mir nichts anderes übriggeblieben, als mir die alten, staubigen Bücher anzuschauen, die sie mir überlassen hatten.

Ich hatte seinen Namen nie irgendwo gelesen oder gesehen. Dabei war dies etwas, das ich schon immer hatte wissen wollen. Der König des Reiches Etuicia. Jetzt, wo ich darüber nachdachte, würde ich wahrscheinlich sterben, sofern die Gerüchte wahr waren.

Allein daran zu denken, machte mich nervös. Würde er mich misshandeln? Mich hassen? Würde er mich dafür bestrafen, wie ich aussah?

Ich war nicht das schönste Mädchen und außerdem war ich noch Jungfrau. Was wusste ich also? Ich war nur ein Mädchen, das in seinem eigenen Zuhause misshandelt worden war.

***

Als ich Stimmen hörte, erhob ich mich. Ich war in der denkbar schlechtesten Position eingeschlafen. Mein Nacken und meine Arme waren steif. Ich stöhnte, als ich versuchte, meinen Hals zu bewegen.

Dann hörte ich weitere laute Stimmen, die von draußen kamen. Neugierig spähte ich durch den Vorhang. Die Kutsche bewegte sich langsam. Waren wir irgendwo angekommen?

Ich war mir nicht sicher, was vor sich ging. Ich öffnete die kleine Luke und rief einen der Kutscher.

„Mylady, wir sind in der kleinen Stadt Riverdale. Uns fehlt noch ein Tag. Wir werden eine Weile anhalten und dich ausruhen lassen.

„Bitte bleib sitzen. Wir sagen dir Bescheid, sobald wir einen Platz gefunden haben”, sagte der Kutscher und lächelte mich strahlend an.

Ich lächelte zurück, nickte und bedankte mich kurz bei ihm. Die Stadt machte einen geschäftigen Eindruck. Vor Eifer biss ich mir auf die Lippen und schaute aus dem Fenster hinaus.

Im Ort waren viele Stadtbewohner unterwegs . Auf dem kleinen Markt, an dem wir vorbeikamen, tummelten sich Essensstände und Händler. Ich beobachtete mit Erstaunen, welchen Tätigkeiten die lächelnden Menschen nachgingen.

„Das ist so anders”, sagte ich zu mir selbst. Meine Augen sprangen neugierig umher. Ich konnte es kaum erwarten, wenigstens einen kleinen Spaziergang zu machen.

Nachdem die Kutsche angehalten hatte, klopfte der Kutscher an die kleine Luke. Ich öffnete sie und blickte auf.

„Wir sind angekommen, Mylady”, sagte der Kutscher. Lächelnd räumte ich meine Sachen weg und schnappte mir die kleine Tasche, die ich besaß.

Nachdem die Tür der Kutsche geöffnet worden war, stieg ich aus. Meine Beine zitterten. Es war schon einen Tag her, seit ich zuletzt aufgestanden war. Vorsichtig, um nicht zu fallen, hielt ich mich am schmalen Türrahmen fest. Dann wartete ich aufgeregt darauf, dass die Kutscher mir Befehle erteilten.

Wir würden eine Stunde lang bleiben. Das war genug Zeit für mich, um ein wenig auf Erkundung zu gehen. Da ich mich gut an die Stelle erinnerte konnte, an der wir gehalten hatten, sagte ich ihnen, dass ich gleich zurück sein würde und machte mich auf den Weg zu dem belebten Markt.

Ich hielt meine Tasche fest umklammert und schlenderte umher. Ich wollte unbedingt etwas kaufen, zumindest etwas zu essen.

Mein Magen knurrte, als ich an einem kleinen Imbissstand vorbeikam und den leckeren Fisch roch. Mir lief das Wasser im Mund zusammen, als ich auf den gekochten Fisch starrte.

„Möchtest du etwas kaufen, meine Liebe?”, fragte die Dame mit einem freundlichen Lächeln. Schluckend nickte ich und holte einige meiner Münzen heraus. Ich bezahlte sie, schnappte mir den Fisch und ging zu den anderen Ständen.

Die Zeit verging wie im Flug. Ich musste zurückgehen, bevor noch etwas passierte. Ich bezahlte das Obst, das ich gekauft hatte, und ging zurück zur Kutsche.

Ich hatte es so eilig, dass ich nicht bemerkte, dass jemand um die Ecke bog, sodass wir zusammenstießen. Ich fiel hart auf den Boden und spürte einen leichten, stechenden Schmerz in meiner Hand, der mich zusammenzucken ließ.

„Tut mir leid”, stotterte ich nervös und schaute auf, als ich einen Mann mit einem Umhang sah.

Er schwebte über mir. Ich konnte sein Gesicht kaum erkennen, weil der dunkle Mantel es verdeckte. Ich zuckte zusammen, als seine Augen für den Bruchteil einer Sekunde auf die meinen trafen. Ich entschuldigte mich erneut und stand auf.

Er sagte kein Wort, also verbeugte ich mich und floh. Warum hatte er mir eine Gänsehaut verursacht? Als ich eilig fortging, spürte ich, wie sein Blick immer noch auf mir verweilte.

Als ich über meine Schulter schaute, sah ich, wie er mich noch immer anstarrte. Keuchend floh ich, halb gehend, halb rennend. Das bedeutete nichts Gutes. Ich wusste nicht, wer er war, aber alles, was ich in diesem Moment tun musste, war, aus seinem Blickfeld zu verschwinden.

Endlich erreichte ich die Kutsche. Beide Kutscher waren beim Essen. Als einer von ihnen mich bemerkte, stand er auf und öffnete die Tür.

„Oh, das hier ist für euch”, sagte ich, als ich beiden ein paar Äpfel anbot.

„Danke, Mylady”, sagte der Kutscher und verbeugte sich. Ich nickte und stieg ein.

Ich stellte das Essen auf dem Boden ab, während ich mein Kleid und meine Haare richtete. Als ich mein Haar flocht, spürte ich wieder einen scharfen Schmerz in meiner linken Hand. Ich erkannte getrocknetes Blut auf ihr. Hatte ich geblutet?

Bei dem Sturz hatte ich mir versehentlich die Hand aufgeschürft. Ich wischte mir das Blut mit etwas Wasser ab und erinnerte mich dabei an den Mann.

Er war eine seltsame Erscheinung gewesen. Allein bei der Erinnerung an ihn bekam ich eine Gänsehaut.

„Vergiss es, Amari”, sagte ich zu mir selbst. Mit einem Lächeln im Gesicht drehte ich mich um und nahm mir einen Apfel. Aber ich war nicht mehr so hungrig. Seufzend legte ich ihn wieder hin und griff nach meinem Buch.

Es waren schon ein paar Stunden vergangen, seit wir losgefahren waren. Ich hatte einige meiner Bücher gelesen, gezeichnet, geschrieben, gegessen und geschlafen. Mir war langweilig und ich fühlte mich bedrückt. Es war frustrierend.

Seufzend zerzauste ich mein nun unordentliches Haar und öffnete das Fenster. Die kühle Luft schmeichelte meinem Gesicht. Die Sonne ging gerade unter. War es noch weit bis zum Reich Etuicia?

Ich schaute nach draußen. Ich hatte es vorher nicht bemerkt, aber jetzt konnte ich in der Ferne weite Felder mit hohen Bäumen sehen. Das Grün und der blaue Himmel sahen toll aus.

Als ich mich umblickte, entdeckte ich einen See. Keuchend setzte ich mich auf und starrte zu ihm hinüber.

„Wunderbar”, murmelte ich, während mein Blick auf dem See haftete.

„Das ist der Myriad-See”, sagte der Kutscher, als er mich bemerkte. „Wir sind in der Nähe des Reiches Etuicia. Sei also bereit.”

Ohne zu lächeln, nickte ich. Wir waren jetzt nicht mehr weit entfernt. Ich kam meinem neuen Zuhause immer näher.

Meine Nerven zerrten an mir. Ich spielte mit meinen Händen, während ich mich fragte, wie wohl alles sein würde. Würde ich umgebracht werden? Würde er mich bestrafen? Oder würde er mich misshandeln?

Allein der Gedanke daran brachte mich zum Hyperventilieren. Ich legte meine Hand auf meine Brust und versuchte, mich zu beruhigen.

„Nicht weinen, nicht weinen, Amari”, flüsterte ich. In meinem Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander, was alles passieren könnte. Ich wusste nicht einmal, wer mein sogenannter Ehemann war.

Schniefend schloss ich meine Augen. Ich musste einen guten Eindruck machen und durfte keine Schwäche zeigen.

Ich trocknete meine Tränen mit dem Handrücken. Ich durfte nicht mehr weinen.

Ich atmete tief durch und zog eine kleine Tasche heraus, die mir das oberste Dienstmädchen gegeben hatte. Sie hatte mir erklärt, dass sich dort ein paar notwendige Utensilien befanden. Make-up, Lotionen und etwas Schmuck.

Es überraschte mich, dass sie mir das überhaupt mitgegeben hatten. Aber es war, wie sie betont hatte, nur für die Ankunft in Etuicia gedacht.

„Wir befinden uns an der Grenze des Reiches Etuicia!”, rief der Kutscher.

Ich zuckte überrascht zusammen.

Ich traute mich nicht, die Vorhänge der Kutsche zu öffnen. Nachdem ich mich fertig gemacht hatte, lehnte ich mich zurück und begann, mich innerlich vorzubereiten. Ich schaute auf meine Hände und sah die Narbe von vorhin.

„Du bist ein Monster”, murmelte ich.

Der Anblick dieser kleinen Narbe erinnerte mich an diejenigen, die ich auf meinem Rücken trug. Ich hatte sie während der Reise ein wenig reinigen können. Einige waren noch frisch, andere waren schon ein wenig verheilt.

Das beunruhigte mich. Denn was, wenn die Person sich angewidert fühlte?

Als meine Gedanken abschweiften, spürte ich, wie wir plötzlichen anhielten. Draußen wieherten die Pferde. Ich klammerte mich an den Sitz und wartete darauf, dass jemand etwas sagte.

Als ich ein leises Klopfen an der Tür hörte, geriet ich in Panik.

„Wir sind angekommen, Mylady”, sagte der Kutscher.

„Danke”, murmelte ich nervös.

Ich brachte meine Sachen in Ordnung.

Ich vergewisserte mich, dass ich gut aussah, bevor ich ausstieg. Als der Kutscher die Tür öffnete, holte ich tief Luft und lächelte.

Mit großen Augen blieb ich stehen, als ich den Palast vor mir betrachtete. Der Kutscher reichte mir die Hand. Ich nahm sie und ging langsam die Treppe hinunter.

Ich hatte meine Augen immer noch auf den Palast gerichtet. Durch die prächtigen Säulen und den großen Eingang kam ich mir so klein vor. Doch der ganze Ort war in grau und weiß gehalten.

Was für ein düsterer Ort, dachte ich.

Ich stand am Eingang. Als ich mich umsah, bemerkte ich, dass ein wunderschöner Garten die Öffnung dieses düsteren Ortes schmückte.

Es gab einen weißen Springbrunnen mit einem Engel in der Mitte. Einige Rosensträucher an den Seiten sowie andere Bäume und Blumen umgaben ihn.

Stirnrunzelnd bemerkte ich, dass dieser Ort von einem riesigen Wald umgeben war. Bäume säumten den Weg.

Ich hörte, wie sich jemand räusperte und riss meinen Kopf herum.

Ein Mann mit grauen Augen und schwarzen Haaren schaute auf mich herab. Der Mann war groß und stämmig. Er trug eine schwarze Uniform, aber seine imposante Aura ließ mich schwer schlucken. Wer er wohl war?

„Willkommen, ich bin Sascha, der Chefbutler des Königs. Bitte folge mir”, sagte der Mann namens Sascha.

Dann schaute er mit ernster Miene auf mich herab. Ich fühlte mich unwohl, verbeugte mich vor ihm und stellte mich vor.

Als er einen Blick zu den Kutschern warf, nickten die beiden.

Ich hatte es nicht bemerkt, weil ich abgelenkt gewesen war, aber drei weitere Männer warteten an der Seite. Sie hielten den Blick gesenkt und trugen die gleiche schwarze Uniform mit goldenen Details.

Mit erhobenem Kopf trat ich in ihre Mitte. Ich musste mich zusammenreißen.

Als wir uns dem Eingang näherten, öffneten sich zwei riesige dunkle Holztüren. Einige Wachen standen an der Seite. Sie öffneten die Türen weit, damit wir hineingehen konnten. Ich nickte ihnen zu und schaute zu Boden.

Ich runzelte die Stirn, als ich mein Spiegelbild auf dem weißen Marmorboden erblickte. Der Boden war so sauber, dass es mich irgendwie schockierte. Ich schüttelte den Kopf und richtete meinen Blick geradeaus .

Mir blieb der Mund offenstehen, als ich begriff, was ich da sah. Reihen von Gemälden und Möbeln schmückten den langen Gang, durch den wir gingen. Ich schaute von einer Seite zur anderen.

Sie schmückten die grauen Wände mit verschiedenen Porträts, wobei die dunklen Holzrahmen die Farben besonders gut zur Geltung brachten.

„Ohh”, flüsterte ich, was dümmlich klang.

Als ich den Mund wieder zuklappte, sah ich, wie Sascha mich über seine Schulter hinweg betrachtete. Er rollte mit den Augen und wandte sich ab. Hatte er sich gerade über mich lustig gemacht?

Ich beschloss, es zu ignorieren.

Als ich fortfuhr den Palast zu betrachten, fiel mir die Decke auf. Sie war großartig. Sie war hoch und hatte die Form einer Kuppel. Stirnrunzelnd blickte ich auf. Waren das da oben Zeichnungen?

Ganz oben waren Zeichnungen von kleinen Kreaturen zu sehen. Es war so kunstvoll, dass es wie eine Geschichte aussah. Aber was mich am meisten fesselte, war, dass es dort ein paar Drachen gab.

Ich runzelte die Augenbrauen, als mir der Gedanke durch den Kopf ging. Natürlich gab es keine Drachen, oder?

Ich folgte Sascha weiter. Wir bogen schnell ab und befanden uns nun in einem anderen Gang. Wie weit war es noch?

Als wir um eine weitere Kurve bogen, sah ich Bedienstete auf und ab gehen. Einige verbeugten sich, als sie uns bemerkten. Andere blieben einfach stehen und neigten ihre Köpfe. Keiner von ihnen sah mich an, seltsam.

Ich war zu sehr von meiner Umgebung abgelenkt und stieß mit jemandem zusammen. Ich stöhnte leise und sah auf. Sascha sah mit einem finsteren Blick auf mich herab. Keuchend wich ich nervös zurück.

„Tut mir leid”, sagte ich, während ich meine schmerzende Nase betastete.

Seufzend sagte Sascha etwas zu den beiden Wachen.

„Der König ist da drinnen. Denk daran, respektvoll zu sein und zu tun, was er verlangt. Ist das klar?”, sagte Sascha mit einem Seufzer.

Ich nickte und lächelte ihn an. Sascha drehte mir den Rücken zu und befahl den Wachen, die Türen zu öffnen. Nervös begann ich mit meinen Händen zu spielen. Warum war ich jetzt bloß so nervös?

Als sich die beiden dunklen Holztüren knarrend öffneten, hörte ich einen wütenden Schrei aus dem Inneren. Ich erschauderte, als ich den Mann fluchen hörte. Er klang so wütend, dass mein Körper vor Angst zu zittern begann.

Ich biss mir auf die Lippen, schloss meine Augen und atmete tief durch. Als ich Schritte hörte, schaute ich auf. Eine weitere Person, die wie Sascha gekleidet war, kam zu uns. Er forderte Sascha auf, uns zu verlassen und dann bat er mich, ihm zu folgen. Seufzend folgte ich ihm.

Ich schaute nach vorne. Mit erhobenem Kopf und geradem Rücken machte ich meinen ersten Schritt. Ich wusste nicht, was passieren würde, aber jetzt hatte ich keine Wahl mehr. Nun würde ich auf die Probe gestellt werden. Aber war ich bereit dafür?

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