Die verlorene Prinzessin - Buchumschlag

Die verlorene Prinzessin

Holly Prange

Kapitel 4

EVERLY

Gänsehaut überzieht meine blasse Haut, als eine Reihe von Mädchen mit mir an der Spitze durch die Kerker geführt wird.

Das durchsichtige Kleidungsstück, das ich trage, überlässt nichts der Fantasie und schützt mich nicht vor der bitteren Kälte.

Meine Hand- und Fußgelenke wurden zusammengefesselt und dann mit den Mädchen hinter mir durch eine Kette verbunden.

Mein Herz donnert in meiner Brust und ich mir ist übel.

Zum einen, weil ich Angst habe. Richtige Scheißangst vor dem was jetzt kommt. Und zum anderen, weil meine Erschöpfung bereits jetzt droht mich zu überwältigen.

Seitdem ich erfahren habe, dass meine Jungfräulichkeit versteigert werden soll, habe ich täglich versucht zu fliehen.

Doch jedes Mal haben sie mich erwischt und fast zu Tode geprügelt.

Meine Augen scannen ununterbrochen meine Umgebung, hoffend und betend, einen Weg zu finden, diesem Ort zu entkommen.

Leider scheint meine jetzige Situation völlig aussichtslos. Ich wünschte, ich könnte alle Mädchen retten, aber ich weiß, dass es hoffnungslos ist. Eines Tages, wenn ich mich tatsächlich befreien kann, werde ich einen Weg finden zurückzukommen, um die armen Seelen zu befreien und dieses Loch nieder zu brennen, bis nur noch Schutt und Asche übrig sind.

Eine nach der anderen werden die Mädchen, die vor mir aufgereiht sind, vom Rest der Gruppe losgelöst und auf eine riesige Bühne geführt.

Meine Augen weiten sich, als ich auf das Publikum schaue, welches in Massen das Stadion füllt. Ich habe einen Klos im Hals, mir fällt das Atmen schwer.

Es werden Gebote aufgerufen und kleine Anzeigetafeln in die Luft gehalten. Sobald eine Sklavin verkauft ist, wird sie die Treppen am vorderen Ende der Bühne hinunter und in den Zuschauerraum geführt.

Hier trifft jedes Mädchen zum ersten Mal auf ihren neuen Herren, es wird bezahlt und Handschellen werden gewechselt.

Einige Mädchen werden sogar angekettet und angeleint wie Hunde, und mir dreht sich bei dem Anblick der Magen um und weit und breit ist kein Ausweg zu erkennen.

Die Schlange vor mir wird immer kürzer, mein Herz rast.

Panik steigt in mir hoch und ich versuche krampfhaft tief ein und aus zu atmen.

Ich bin fest entschlossen, einen klaren Kopf zu bewahren. Auf wackeligen Beinen mache ich einen Schritt nach vorne und scanne die Gesichter des Publikums. Viele von den Anwesenden sind Vampire und einige kenne ich sogar von der Blutbank.

Ich kann nur vermuten, dass der Rest der Menge aus Hexen, Werwölfen und den wenigen stinkreichen Menschen besteht, die mit Meister Lacroix Geschäfte machen.

Einen von ihnen erkenne ich sogar als Mr. Jensen Carter wieder, ein Business-Tycoon, der Meister Lacroix bei seinem Menschenhandelsgeschäft unter die Arme greift.

Ich bin als nächstes an der Reihe und so wird auch mir jetzt unter die Arme gegriffen. Ich werde hochgehoben und auf die Bühne getragen.

Völlig hilflos lasse ich alles über mich ergehen. Ich versuche mit meinen Zehen den Boden zu berühren, aber es hat keinen Sinn.

Meine Augen fangen an zu tränen, und ich blinzle die Tränen schnell weg. Jetzt bloß keine Schwäche zeigen.

"Nun, hier ist unser letztes Mädchen, und glauben Sie mir, wir haben das Beste für den Schluss aufgehoben!", ruft der Ansager durch sein Mikrofon.

Das Publikum brüllt und jubelt, als ich in ihr Blickfeld getragen werde.

"Diese junge Dame hat helle Haut, üppige rubinrote Lippen, smaragdgrüne Augen und Haare so schwarz wie Ebenholz. Sie ist dreiundzwanzig, hat den Körper einer Göttin und eine Haut so glatt wie Seide. Und zu allem Überfluss ist sie auch noch Jungfrau!"

Der Jubel wird noch lauter, sodass der Ansager innehält und abwartet, bevor er wieder spricht.

Jemand bewegt einen großen Holzpfosten in die Mitte der Bühne, an dem ein Metallhaken hängt.

Es dauert einen Augenblick bis ich realisiere was sie vorhaben. Nein!! Ich winde und drehe mich, unermüdlich um mich schlagend.

Die beiden Wachen, die mich herausgebracht haben, packen meine gefesselten Handgelenke und ziehen sie über meinen Kopf hoch.

Sie schaffen es, die Verbindungskette einzuhaken, so dass ich mit den Armen über dem Kopf vor dem Pfosten baumle und meine Zehen gerade noch an der Holzplattform entlang schleifen.

"Wie Sie sehen können, brennt in diesem harmlos scheinenden Mädchen eine Flamme, die es nicht zu unterschätzen gilt. Ich sage es Ihnen gleich, es wird kein Zuckerschlecken sein, diese Schönheit zu kontrollieren! Aber wie jeder wilde Hengst muss sie einfach gezähmt werden!"

"Zehntausend!", ruft jemand.

"Fünfzehntausend!", ruft ein anderer.

"Sie ist auch unglaublich dehnbar!", fügt der Ansager hinzu, bevor er sich mir zuwendet.

Er beugt sich hinunter und greift die Kette zwischen meinen Knöcheln und hebt meine Füße hoch, wobei er näher an mich heranrückt.

Ich versuche, ihn abzuwehren, unsicher, was er vorhat. Es ist nutzlos.

Bald bin ich in der Hälfte gefaltet, meine Beine zwischen meinem und seinem Oberkörper eingeklemmt.

Ich drücke meine Beine gegen seine Brust und versuche, ihn wegzustoßen, aber er rührt sich nicht. Die Kraft der Vampire ist zu viel für mich.

"Fünfundzwanzigtausend Dollar!"

"Dreißigtausend Dollar!"

Es werden unaufhörlich Angebote in den Raum geworfen, wobei die Beträge stetig steigen.

Meine Panik steigt, und ich spüre die Galle, die mir die Kehle hochzusteigen droht.

Der Ansager hat meine Füße wieder nach unten fallen lassen und packt nun den Saum meines durchsichtigen Kleides und fängt langsam an, ihn hochzuziehen, um dem Publikum einen besseren Blick auf meine Beine zu ermöglichen.

"Fünfundsiebzigtausend Dollar!"

"Achtzigtausend Dollar!"

"Eine Million Dollar!"

"Eine Million Dollar! Zum Ersten! Zum Zweiten! Verkauft! Glückwunsch! Sie können Ihre jungfräuliche Sklavin an der Front abholen!", ruft der Ansager.

Ich kann wegen der grellen Lichter, die von oben auf die Bühne strahlen, nichts erkennen. Ich fühle mich plötzlich so klein und schwach und wie betäubt sacke hinunter auf den Boden, als die Wachen meine Ketten von dem Haken heben. Es ist erstaunlich wie wertlos man sich fühlt, wenn man gerade für eine Million Dollar verkauft wurde. Ein erstickendes Gefühl der Leere überkommt mich, ein unkontrolliertes Zittern schütteln meinen Körper und die leise Stimme in meinem Kopf haucht mit letzter Kraft: “Verloren.”

Eine der Wachen verpasst mir einen unsanften Stoß und ich stolpere blind vorwärts.

Alles, was ich sehen kann, ist eine große, muskulöse Gestalt, die in einem dunkelgrauen Anzug die Stadiontreppe hinunter stolziert.

Ich versuche zurückzuweichen, aber sie lassen es nicht zu. Wir erreichen das vordere Ende der Bühne und ich werde in die Knie gezwungen.

Ich lasse meinen Blick langsam nach oben wandern. Er steht direkt vor mir. Seine Haare sind so schwarz wie meine, und seine Augen sind dunkel stahlgrau.

Tattoos lugen unter dem Kragen seines Hemdes hervor. Der Mann ist massiv und einschüchternd.

Man könnte ihn für recht gut aussehend halten, doch seine Augen strahlen eine Kälte aus, die mir einen Schauer über den Rücken jagt. Er grinst mich an, als er meinen Blick auffängt, und ich schaue schnell auf meine Füße hinunter.

Sein Partner, der fast so groß ist wie er und dunkles kastanienbraunes Haar und braune Augen hat, tritt vor und stellt einen silbernen Koffer auf den Bühnenrand. Er öffnet ihn und bringt einen Haufen Bargeld zum Vorschein.

Der Vampir, der die Zahlungen kassiert hat, vergewissert sich, dass alles da ist, und macht dann eine Notiz in seinem Handbuch.

"Ich danke Ihnen vielmals, Sir. Hey, bist du nicht Alpha Damon Mercado vom Blood Fang Rudel?"

"Das bin ich", antwortet mein neuer Meister mit einem süffisanten Lächeln, dem es sichtlich gefällt, dass er selbst in der Vampirgemeinde bekannt ist.

"Wow! Ich kann nicht glauben, dass ich tatsächlich Alpha Damon 'Sensenmann' Mercado kennenlernen durfte. Ich muss sagen, es ist mir eine Ehr", sagt er, während er meinem neuen Herrn die Papiere für meinen Kauf überreicht.

Ich traue mich nicht, ihn erneut anzuschauen, doch meine Augen weiten sich. Alpha... Das bedeutet, er ist ein Werwolf. Nicht nur das, sondern er ist der Anführer eines Rudels.

Ich weiß allerdings nicht wirklich über Werwölfe.

Wir hatten Werwolf-Kunden, aber da sie nur da waren, um dir beim Strippen zuzusehen oder im BDSM-Club „den Wolf rauszulassen”, gab es nicht wirklich einen Grund, über solche Dinge zu reden.

Und dann ist da noch sein Spitzname... "Der Sensenmann". Das ist... beunruhigend. Mein Herz rast.

"Mache ich dir Angst, Sklave?", fragt er amüsiert.

Er macht mir Angst. Diese ganze Situation macht mir Angst. Aber ich habe auf keinen Fall vor, das zuzugeben. Stattdessen atme ich tief durch, sehe ihm direkt in die Augen und sage mit einem Hauch von Trotz in der Stimme: "Nein, Sir."

Sein Gesicht verzerrt sich zu einem verruchten Grinsen, bevor er antwortet: "Dann muss ich das wohl ändern."

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